Mehr Spannung als Verstand – die zweite Staffel „Star Trek: Discovery“

Vor dem Rückblick auf die zweite Staffel „Star Trek: Discovery“ bedarf es eines kleinen Rückblicks auf die erste Staffel. Die Serie startete vielversprechend, mit überzeugenden Charakteren, einer erstmalig nicht auf den Captain zentrierten Handlung und einem interessanten Konflikt mit den Klingonen. Leider verstrickte sich die Serie jedoch rasch in Probleme. Als Prequel konzipiert, führte sie Technologien ein, die auch in späteren „Star Trek“-Serien unmöglich waren. Außerdem verlor sich die Staffel in einem überbordenden, letztlich aber inhaltslosen Ausflug in das Spiegeluniversum, der außer beeindruckenden Bildern lediglich den Captain aus der Handlung schrieb. Was an Charakterarbeit geleistet wurde, machten die Autoren der Serie durch einen verfehlten Angriff auf den Hauptplaneten der Klingonen wieder zunichte. Obwohl es immer wieder gute Momente, vor allem zwischen den Charakteren gab, schien es, als wüsste die Serie nicht wirklich, in welche Richtung sie steuern soll.

Auf den ersten Blick vertiefte die zweite Staffel diese Problem. Die Handlung wurde noch ein Stück phantastischer. An die Seite des übermächtigen Sporenantrieb gesellte sich eine Handlung, die sich über Jahrhunderte zog: Die Computerintelligenz „Control“ versucht die Kontrolle über die Galaxis an sich zu reißen. Dabei baut sie auf den jahrhundertalten Daten einer sterbenden Sphäre auf, während die „Discovery“-Besatzung Unterstützung von Burnhams Mutter erhält, die Jahrhunderte in der Zukunft lebt. Kurzum: Es geht hier um die Zukunft allen organischen Lebens in der Galaxis und eine jahrhunderteumspannende Handlung. Das ist natürlich etwas unelegant, schließlich ist aufgrund der folgenden Serien längst klar, dass die Discovery-Besatzung erfolgreich sein wird. Das ist ein klassisches Prequel-Problem, das nicht besser wird, wenn die Handlung gigantischer wird. Außerdem bewegte sich gerade das Finale der Staffel streckenweise etwas langsam voran.

Dennoch ist die zweite Staffel ausgesprochen unterhaltsam und viel stärker als die erste Staffel der Serie. Das liegt zunächst einmal daran, dass die Serie dieses Mal weiß, wohin die Reise geht. In den ersten Episoden vermittelt sie klassisches „Star Trek“-Feeling. Die Discovery untersucht mysteriöse Signale (2×01), trifft dabei auf schrullige menschliche Kolonien (2×02), ist mit Captain Pike von der Enterprise auf der Suche nach Burnhams Halbbruder Spock (2×03) oder rettet nebenbei Sarus Volk aus der Sklaverei (2×06). Die Charakterhandlungen werden dadurch spürbar stärker, Pike macht eine ausgesprochen gute Figure und die Folgen erzählen in sich abgeschlossene, spannende Geschichten, während gleichzeitig ein Puzzleteil nach dem anderen aufgedeckt wird. Dabei erkundet die „Discovery“-Besatzung so viel sie kannt und hält die Werte der Föderation hoch, wann immer sie es kann. Das sorgt für einen sehr gelungenen Start.

Zentral ist in diesem ersten Abschnitt letztlich die Entdeckung einer Sphäre, die kurz vor der Zerstörung steht (2×04). Die „Disocvery“ erlangt dadurch einen großen Fundus an Daten, auf deren Grundlage „Control“ die Herrschaft über die Galaxis erlangen könnte. Das ist zunächst abre noch nicht klar. Der zweiten Staffel gelingt es sehr gut, dies langsam und behutsam einzuführen. Erst einmal wird – in einer inhaltlich zugegebenermaßen abstrusen Folge – Dr. Culber mithilfe des Sporennetzwerkes wieder unter die Lebenden zurückgeholt (2×05) und wie bereits erwähnt Sarus Volk aus der Sklaverei befreit (2×06). Außerdem muss Burnham ihre Beziehung zu ihrem Halbbruder Spock richten, der als Mörder gesucht wird. Das geschieht in einem schönen Rückgriff auf Episoden der Originalserie (2×08). Dabei steht der „Discovery“ die Geheimorganisation Sektion 31 im Weg, die Spock für sich haben möchte (2×07). In diesem Zusammenhang verdichten sich die Hinweise darauf, dass mit Sektion 31 etwas gar nicht stimmt. Diese Handlungen sind nicht alle überzeugend. Gerade die Verstimmungen zwicshen Spock und Burnham sind ausgesprochen lächerlich und haben sich in früher Kindheit abgespielt. Dass der Groll so lange tief sitzt, erscheint etwas albern. Ähnlich unsinnig erscheint es, den verstorbenen Dr. Culber wieder zurückzuholen. Hier hätte man sich eher trauen sollen, noch mehr Protagonisten in gefährliche Situationen zu bringen. Dennoch sind die Episoden alle unterhaltsam und in sich stimmig. Das liegt vor allem daran, dass sie abgeschlossene Geschichten erzählen und gleichzeitig kleine, interessante Puzzleteile präsentieren, die die Haupthandlung gelungen voranbringen. Außerdem bringen die Autoren die Serie in dieser Staffel Stück für Stück mit der Technik und der Handlung der im Anschluss spielenden Originalserie in Einklang.

In der neunten Folge entdeckt die Crew, dass die Sektion 31 von „Control“ unterworfen wurde und man letztlich seit Wochen nur mit Hologrammen kommuniziert hat (2×09). Dies leitet das Finale ein. Zunächst wird Burnhams Mutter, die die Hinweise auf „Control“ gelegt hat, aus der Zukunft in die Gegenwart geholt und die Hintergründe der Verschwörung aufgeklärt (2×10/11). Dabei verliert Burnhams Mutter jedoch auch ihre Fähigkeit, durch die Zeit zu reisen. Die einzige Lösung bleibt nun, die Discovery selbst in die Lage zu versetzen, die wichtigen Daten aus der Sphäre in die Zukunft zu versetzen, um sie vor Controls Zugriff zu schützen. Dies gelingt in einem spektakulären Dreiteiler (2×12-14). Diesen Handlungsabschluss muss man inhaltlich nicht mögen. Der Versuch, Burnhams Mutter zu kontaktieren ist ausgesprochen fahrlässig, es ist absehbar, dass Control die Möglichkeit nutzt, um einen wichtigen Verbündeten auszuschalten. Im Finale scheint es (mal wieder) so als sei die komplette Sternenflotte aufgerieben. Dennoch können die Enterprise und die Discovery gegen eine Übermacht aus Schiffen unrealistisch lange standhalten. Und man könnte noch mehr Probleme aufzählen. Allerdings ist dieses Finale immerhin konsequenz, verfolgt ein Ziel und präsentiert eine spannende und gleichzeitig interessante Handlung. Es steht einer „Star Trek“-Serie gut zu Gesicht, dass die Lösung nicht ist, den Gegner direkt zu vernichten, sondern über einen (vergleichsweise friedlichen) Trick außer Gefecht zu setzen. Außerdem gelingt es der Serie in diesem Finale besser, ihren Protagonisten gerecht zu werden. Am Ende gelingt sogar die Burnhams und Spocks Geschwisterdarstellung.

Alles in allem kann man über die Schwächen der Staffel leicht hinwegsehen und sich sowohl über die gelungene „klassische“ erste Hälfte als auch über die spannendere, actionreichere zweite Hälfte der Staffel freuen. „Star Trek: Discovery“ hat in ihrer zweiten Staffel gelernt, konsequent kleinere als auch größere Geschichten zu erzählen, ohne sich in den Wirren ihrer Rahmenhandlung zu verlieren. Anders als zuvor scheint dabei zwischen der Haupthandlung immer wieder auch der „Geist“ der Originalserie durch, sei es, wenn es darum geht das Sporennetzwerk vor Umweltschäden zu retten oder Sarus Volk aus der Sklavereiz zu befreien. Mit dieser gelungene Kombination schafft „Discovery“ viel Vorfreude auf die dritte Staffel, die nach einem spektakulären Finale in eine Epoche vorstoßen wird, die noch keine „Star Trek“-Serie zuvor betreten hat.

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