Bruder (Star Trek: Discovery, Episode 02:01)

Die Discovery stößt auf dem Weg nach Vulkan auf die im All treibende, einen Notruf aussendende U.S.S. Enterprise. Kurz darauf kommt Captain Pike, mit zwei Offizieren aber ohne Spock, an Bord der Discovery und überrascht die Besatzung: Er übernimmt das Kommando über das Schiff. Kurz zuvor wurden an mehreren Stellen, Lichtjahre voneinander entfernt, dieselben Signale gemessen. Die Enterprise ist noch bewegungsunfähig, doch da das Phänomen kein Zufall sein kann, muss es untersucht werden. Die Discovery macht sich unter Pike auf den Weg zu dem einzigen Ort, an dem das Signal noch ausgestrahlt wird. Die Besatzung trifft dort auf ein enorm instabiles Asteroidenfeld in deren Mitte der größte Asteroid bald zu zerbrechen droht. Zum Entsetzen der Besatzung finden sie dort ein während des Krieges mit den Klingonen abgestürztes Sternenflottenschiff. Gegen alle Wahrscheinlichkeiten befiehlt Pike, eine Rettungsmission zu entsenden.

Die Ausgangslage der Episode erscheint erst einmal abstrus konstruiert. Auf dem Weg nach Vulkan entdeckt die Discovery ausgerechnet die Enterprise. Dieses Finale der ersten Staffel wirkte wie eine weitere halbgare Entscheidung der teilweise guten, teilweise aber eben auch ausgesprochen halbgaren ersten Staffel der Serie. Dieses Ereignis wirkt auch in der ersten Folge äußerst mysteriös und zufällig. Der wirkliche Grund, warum die Enterprise so stark beschädigt wurde, mit Ausnahme der Möglichkeit, dass sie in eines der Signale geraten sein könnte, wird nicht genannt. Der Enterprise gelang es zudem nur einen Notruf an die Discovery zu senden, Captain Pike konnte aber mal eben mit dem Oberkommando der Sternenflotte sprechen. Das alles ist merkwürdig.

Dieser Auftakt bestimmt in „Bruder“ glücklicherweise nicht den Rest der Episode. Die Haupthandlung ist ausgesprochen gelungen. Es handelt sich um eine klassische Rettungsmission, in der ein kleines Außenteam – das fahrlässiger Weise natürlich den Captain beinhaltet – vor eine große technische Herausforderung stellt, auf der man skurrile Charaktere kennenlernt, am Ende etwas Gutes tut und auch noch etwas Zeit für Action übrig bleibt. Natürlich stören dabei einige doch recht abstrus wirkende Ein-Mann-Kapseln, die in ungewöhnlicher Form aus der Discovery abgeschossen werden – ein Shuttle hätte es nicht getan und bisher lagen diese Dinger in anderen „Star Trek“-Serien wahrscheinlich einfach nur rum. Doch abgesehen von dieser Tatsache, staunt, wundert und fiebert man mit den Charakteren mit. Vor allem die Dynamik zwischen Pike und Burnham ist sehr überzeugend: Burnham bleibt stark in ihrer Rolle und Pike findet umgehend in die Rolle des Captains hinein. Einzig das Bauernopfer eines arroganten Wissenschaftsoffiziers, dem man bereits an der Nase absehen kann, dass er nicht lange überleben wird, ist hier etwas überflüssig.

Nicht ganz so rund erscheint die Nebenhandlung, in der Burnhams Verhältnis zu ihrem Ziehbruder Spock beleuchtet wird. Sareks Überlegungen, durch Burnhams Präsenz könnte Spock mehr Empathie lernen, erscheinen etwas albern, die Rückblenden Burnhams etwas zu steril. Außerdem ist es ärgerlich, dass Burnham drei Mal andeutet, dass sie etwas getan hat, um das Verhältnis zu Spock zu zerstören, aber in der gesamten Folge nicht damit herausrückt. Das erinnert an die erste Staffel, die zu gewollt auf Cliffhanger-Schnitzeljagd gegangen ist. Immerhin gibt es einen Vorteil zur ersten Staffel: Diesmal ist das Geheimnis nicht völlig vorhersehbar. Es gibt also durchaus Potenzial für eine positive Entwicklung dieses Handlungsstrangs.

In den anderen Nebenrollen versucht „Discovery“ nun einen etwas leichteren Ton anzustimmen. Hier folgt ein lockerer Spruch dem nächsten. Das ist ganz gelungen, vor allem Tilly und Saru überzeugen. Außerdem wird der Brückenbesatzung mehr Zeit zugestanden. Das ist gut, denn gerade dadurch fällt man auf, dass man die meisten Charaktere nie wirklich beim Namen kennen gelernt hat, sich kaum an sie erinnert und somit auch kaum mit ihnen mitfiebert. Insofern erscheinen vor allem die Szenen mit dem nicht Kerncast etwas künstlich. Aber diese sorgen hoffentlich dafür, dass man auf Dauer auch den Rest der „Discovery“-Brücke wertschätzen lernt.

Der Auftakt der zweiten Staffel „Star Trek: Discovery“ geht mit „Bruder“ in die richtige Richtung: Hier wird kein großes, neues Fass aufgemacht, kein neuer Krieg gestartet. Hier wird wieder der Weltraum erforscht, ein Abenteuer wird bestanden, bei dem man die Crew kennen und lieben lernt und nebenbei gibt es ein größeres Puzzle, das sowohl eine Bedrohung als auch ein Segen sein könnte. Dieser Start schafft Vorfreude auf die weiteren Folgen.

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