New Eden (Star Trek: Discovery, Episode 2:02)

Die „Discovery“ greift ein weiteres der mysteriösen Signale auf. Es ist viele Lichtjahre entfernt und nur mit dem Sporenantrieb erreichbar. Zu ihrer Überraschung finden Captain Pike und die Crew der Discovery in dem System einen von Menschen besiedelten Planeten. Es scheint als habe ein mysteriöser Engel während des dritten Weltkrieges eine kleine Gruppe Menschen, die in einer Kirche Unterschlupf suchten, gerettet und auf diesen Planeten gebracht. Die Geschichte klingt fantastisch, doch in der Nähe des in der ersten Folge der Staffel besuchten Signals hat Burnham ebenfalls solch einen Engel gesehen. Zu allem Überfluss misst die Discovery kurz nachdem Captain Pike mit einem Außenteam den Planeten besucht Auflösungserscheinungen im Asteroidenring des Planeten: Ein nukleares Armageddon steht kurz bevor.

Die Folge beginnt mit einem weiteren Einsatz des Sporenantriebs. Es ist etwas unbefriedigend wie Captain Pike darauf reagiert: Auf der einen Seite ist er sehr gut auf die Discovery vorbereitet gewesen, hat vieles mit dem Oberkommando bereits im Vorfeld besprochen. Auf der anderen Seite hat er keine Ahnung von dem Sporenantrieb. Das erscheint unwahrscheinlich. Genau so merkwürdig ist es, dass die Sternenflotte den Antrieb zunächst ausmustert, nur um ihn in der nächsten brenzligen Situation bereits wieder zu verwenden. Unter welchen Umständen wird die Sternenflotte sich wohl binnen kürzester Zeit dazu entscheiden, den Antrieb für immer auf Eis zu legen? (Der Sporenantrieb kommt in der wenige Jahre später spielenden, originalen „Star Trek“-Serie nicht vor.) Und wird der Sporenantrieb nun bis zum Ende der Serie als ad-hoc Lösung für jedwede Entfernungsprobleme genutzt?

Die Haupthandlung auf „New Eden“ ist ein interessantes Szenario, das es so bei „Star Trek“ bereits gab. Allerdings ist die hier gefundene Gesellschaftsform recht interessant. Die Menschen wurden während des dritten Weltkriegs aus einer Kirche gerettet. Da sie jedoch alle unterschiedlichen Glaubensrichtungen angehörten, schafften sie sich letztlich eine Religion, die aus allen großen menschlichen Religionen Ideen aufnimmt. Dieser Aspekt wird in „New Eden“ leider nur wenig beleuchtet. Stattdessen steht vor allem eine Familie im Mittelpunkt, die seit 200 Jahren versucht, eine wissenschaftliche statt einer religiösen Erklärung für den Transport zu finden. Dem derzeitigen Familienvorstand fällt sofort auf, dass das Außenteam der Discovery vermutlich auf den von ihm ausgesandten Notruf reagiert hat. Burnham ist davon überzeugt, dass die Menschen auf „New Eden“ ein Recht darauf haben, mit dem Rest der menschlichen Zivilisation in Kontakt zu kommen. Captain Pike ist streng dagegen. Für ihn fällt „New Eden“ in die Kategorie einer Prä-Warp-Zivilisation und damit unter die Oberste Direktive, die jedwede Einmischung verbietet. Pike ist sogar bereit, sein eigenes Leben zu opfern, nur um das Geheimnis der Discovery zu wahren. Das erscheint etwas radikal. Außerdem wird diese Prinzipientreue dadurch verwässert, dass Pike am Ende bereit ist, den Bewohnern „New Edens“ eine fortschrittliche Energiezelle zu überlassen, nur um mehr Informationen zu erhalten. Abgesehen davon ist die Handlung auf „New Eden“ zwar nicht kreativ, aber durchaus stimmungsvoll. Das Erkunden und Rätseln darüber, wie diese menschliche Gesellschaft funktioniert, steht einer „Star Trek“-Episode gut zu Gesicht.

Auf der „Discovery“ erhält Ensign Tilly eine skurrile Nebenhandlung. Zunächst verletzt sie sich im Übereifer bei einem Experiment mit dem in der ersten Folge der Staffel eingesammelten Asteroiden selbst. Es wirkt von Tilly fahrlässig, dieses Experiment alleine durchzuführen. Gleichzeitig wirkt es sehr unwahrscheinlich, dass ein Ensign einfach so dieses Experiment durchführen kann. In der Folge hat Tilly in Visionen Gespräche mit einem „Discovery“-Mitglied, das sich letztlich als ihre verstorbene Schulfreundin herausstellt. Diese Einstellungen sind etwas skurril, es steht zu befürchten, dass sie noch eine Bedeutung für die größere Handlung der Staffel haben. Bisher ist das nicht überzeugend. Gelungener sind hingegen Stamets Probleme, mit dem Verlust seines Partners in der ersten Staffel abzuschließen. Er entscheidet sich daher, die Discovey zu verlassen, was wiederum Tilly dazu antreibt, ihre Experimente alleine durchzuführen. Die Dynamik zwischen den beiden ist sehr überzeugend.

Die Discovery benutzt letztlich den Asteroiden, um „New Eden“ vor der nuklearen Verwüstung durch einen Asteroidenhagel zu retten. Dabei kommt es zu einer in „Star Trek: Discovery“ so bisher noch nicht gesehen, sehr „Star Trek“-typischen technischen Lösung. Dieser Abschnitt der Folge ist sehr gelungen. Genau so interessant ist, dass Saru der Meinung ist, das Signal habe die Discovery nach „New Eden“ gelockt, um die Bewohner des Planeten zu retten.

Denn dieser Gedanke schafft den Übergang zu der wieder einmal angenehm dezent im Hintergrund vertretenen Rahmenhandlung. Spock hat auf unbekannte Weise bereits vor einigen Monaten die Orte der Signale vorhergesehen. Burnham enthüllt auch in dieser Episode nicht, warum sie und Spock nicht mehr miteinander in Kontakt stehen. Die Handlungskniff, dass sich Spock selbst in eine psychiatrische Anstalt hat einweisen lassen, ist ebenfalls etwas irritierend. Abgesehen von dieser Tatsache ist die dezente Rahmenhandlung aber sehr überzeugend. Sowohl Burnham als auch die Bewohner „New Edens“ haben mit dem Signal einen merkwürdigen Engel gesehen, den Captain Pike am Ende selbst auf einer Videoaufzeichnung erkennen kann. Die Befürchtung der Sternenflotte, die Signale könnten kein Zufall sein, scheinen sich dadurch zu bestätigen. Es steht allerdings noch aus, ob dahinter eine gute oder eine böse Macht steht.

„New Eden“ präsentiert wie der Staffelauftakt eine solide, in sich abgeschlossene Erzählung, die zwar nicht besonders kreativ ist, aber die besten „Star Trek“-Elemente miteinander verbindet und den Protagonisten viel Raum bleibt. Gleichzeitig wird die Handlung um die Signale ein kleines Stück weit vorangetrieben. Diese Mischung unterhält kurzweilig mit der richtigen Mischung aus Spannung, Forscherfreude und kleinen Informationsstücken. Damit setzt „New Eden“ den guten Eindruck des Staffelauftakts fort.

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