The Sound of Thunder (Star Trek: Discovery, Folge 2×06)

(dt. Titel: Donnergrollen)

Die Discovery untersucht weiterhin die merkwürdigen Signale, die in Zusammenhang mit dem Auftauchen des Roten Engels stehen. Darüber hinaus sind Captain Pike und Michal Burnham über den Verbleib von Mr. Spock besorgt. Zu Beginn von „The Sound of Thunder“ folgt die Discovery einem weiteren der mysteriösen Signale. Es führt sie nach Kaminar, der Heimatwelt von Sarus Volk, den Kelpians. Die Kelpians werden von den technisch fortgeschritteneren Ba’ul unterdrückt. Die Ba’ul behaupten, dass sie Kelpians ab einem gewissen Entwicklungsstadium töten, um sie vor großen Schmerzen zu schützen. Doch Saru weiß es besser: Er hat die Verwandlung jüngst durchgemacht und weiß, dass nach Schmerzen lediglich ein angstfreier Entwicklungsstatus folgt. Während Pike mehr Informationen über den Roten Engel sammeln möchte, hat Saru Schwierigkeiten, die Unterdrückung seines Volkes zu tolerieren.

„The Sound of Thunder“ greift die Handlungsstränge aus „The Brightest Star“ und „An Obol for Charon“ wieder auf. Der Rote Engel lenkt die Discovery just nach Kaminar als Saru sich der ganzen Tragweite der Ba’ul Unterdrückung seines Volkes bewusst wird. Die Episode verwebt dies in eine Geschichte, die viele überzeugende Elemente hat. Auf der einen Seite ist die Verwurzelung der Kelpians in die Unterdrückungsmythologie der Ba’ul sehr gelungen inszeniert. Sarus Schwester ist eine der Priesterinnen, die die Opfer der Ba’ul auswählen. Sie unterstützt das System und glaubt fest an die große Balance. Der Schmerz, den Saru darüber empfindet, ist sehr gut dargestellt. Genau so überzeugend wirkt auch Sarus Zorn über die Situation. Seit er keine Furcht mehr empfindet, wandelt sich sein Charakter allmählich. Nun hat Saru kaum noch Hemmungen, seinem Captain auf der Brücke die Stirn zu bieten. Nicht weniger gelungen ist, dass Pike Sarus Meinung zwar nicht teilt, ihm aber den Rücken stärkt sobald Saru, eines seiner Besatzungsmitglieder, in Gefahr schwebt.
Im Hintergrund arbeiten Burnham und Tilly daran mithilfe der jüngst aus einer Sphäre gesicherten Daten, die wahren Hintergründe der Ba’ul herauszufinden. Es stellt sich heraus, dass die Ba’ul einst die Gejagten auf Kaminar waren und die Kelpians die Jäger. Nur mithilfe ihres technologischen Vorsprungs konnten die Ba’ul der kompletten Auslöschung entgehen und die Kelpians unterjochen. Doch die Furcht vor den weiter entwickelten, aggressiveren und vor allem nicht verängstigten Kelpians sitzt bei den Ba’ul tief. Als die Discovery kurz davor steht, die Kelpians aus ihrer verängstigten Unterjochung zu befreien, setzen die Ba’ul daher zum Genozid an. Dieser so brutale wie verzweifelter und verblendeter Schritt ist angesichts von Burnham und Tillys Erkenntnissen durchaus verständlich. Insofern gelingt es „The Sound of Thunder“ in bester „Star Trek“-Tradition Verständnis für mehrere Seiten eines Konflikts aufzubauen.

Die sechste Episode der zweiten Staffel weist jedoch mehr schwache Aspekte auf als die vorherigen Folgen. Einige der genannten starken Momente der Folge tragen zwar zur Spannung bei, sind aber nicht besonders authentisch inszeniert. Zunächst einmal wirkt Sarus Zorn und Aggressivität in vielen Momenten fehl am Platz. Natürlich geht ihm das Schicksal seines Volkes nah. Doch in mehreren Situation bringt er nicht nur sich und die Discovery in Gefahr, sondern seine gesamte Familie und letztlich seine komplette Spezies. Hier ist der Wandel von dem abwägenden, verängstigten Kelpian zu dem unreflektierten und impulsiven Haudrauf doch etwas zu rasch. Eine weitere komplizierte Szene ist eine Konfrontation zwischen Burnham und Saru. Saru wurde gerade der Brücke verwiesen und möchte sich nun selbst den Ba’ul ausliefern, um die Discovery zu schützen. Burnahm versucht ihn aufzuhalten, lässt ihn dann jedoch ziehen. Dass Burnham Saru in einer Stresssituation erlaubt, sich selbst in Gefahr zu bringen, ist schon merkwürdig genug. Genau so absurd erscheint es jedoch, dass Brückenoffiziere während einer Gefechtssituation einfach aufgrund ihrer Intuition ihre Station verlassen. Diese Konfrontation wirkt daher arg konstruiert.
Am Unglaubwürdigsten ist jedoch Pikes rascher Wechsel seiner Missionsziele. Mehrfach erinnert er Saru und seine Besatzung daran, dass man lediglich Informationen über den Roten Engel sammeln möchte und ansonsten die General Order One der Sternenflotte über Nichteinmischung in andere Völker beachten möchte. Innerhalb weniger Minuten wandelt sich dies zu einer Situation, in der Pike ohne größeren Widerstand die komplette Gesellschaftsordnung auf Kaminar umstößt. Dies hätte etwas besser in die Handlung eingebettet werden müssen.
Der Abschluss der Folge fällt ebenfalls hinter der gelungenen Erzählidee ab. Die Kelpians werden letztlich nur durch einen überraschenden Eingriff des Roten Engels gerettet. Wieder einmal verhindert dieses Wesen also eine Katastrophe. Dadurch stellt sich die Frage, warum der Engel in „New Eden“ die Katastrophe nicht einfach selbst verhindert hat. Außerdem hätte man in den letzten Minuten wenigsten etwas genauer auf die Ba’ul eingehen können. Sie erscheinen so lediglich in einer kurzen Szene als schwarzes Wassermonster. Angesichts des gelungenen Ansatzes der Episode wäre hier etwas mehr Arbeit an dem Charakter der Ba’ul und vielleicht ein kleiner Erkenntnisschritt, in dem Saru die Ba’ul davon überzeugt, dass nicht alle entwickelten Kelpians brutale Mörder sein müssen, wünschenswert gewesen.
Abgerundet wird dieser zwiegespaltene Eindruck durch eine Unterhaltung zwischen Pike und Ash Tyler, indem Tyler sich als paranoider und ganz auf der Linie der Sektion 31 stehender Offizier herausstellt. Diese Wandlung von einem gespaltenen, vom Krieg gezeichneten, aber letztlich hinter den Idealen der Sternenflotte stehenden Offiziers zu einem Sektion 31 Mitläufer ist äußerst schnell vollzogen. Sie wird hier mit Tylers Traumata aus dem Krieg mit den Klingonen begründet. Noch wirkt das leider nicht sehr überzeugend.

„The Sound of Thunder“ treibt die Handlung um Saru und die Kelpians energisch voran und führt sie zu einem überraschend gelungenen und schnellen Abschluss. Saru befreit dabei nicht nur sein Volk, sondern kann auch noch kleine weitere Details über den Roten Engel herausfinden. Das ist unterhaltsam und spannend. Auf dem Weg dahin gibt es jedoch viele Kleinigkeiten, die nicht wirklich überzeugen können: Von Sarus Wutattacken bis hin zu Pikes raschem Gesinnungswandel geht in „The Sound of Thunder“ vieles zu schnell, ohne dass die Charaktere dabei Zeit haben, die notwendigen Entwicklungsschritte zu absolvieren. Außerdem ist es schade, dass trotz der gelungenen Erklärung für die Unterdrückung der Kelpians durch die Ba’ul kaum ein Gespräch mit den Ba’ul zustande kommt. „The Sound of Thunder“ hinterlässt dadurch ein durchaus unterhaltsames Einzelabenteuer, das jedoch zusammen mit „Point of Light“ zu den schwächeren Episoden der zweiten Staffel zählt.

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