Exxus, Botan, Aquus, Messis & Mars (Maddrax Bände 425-449)

Die Bände 425 bis 449 bilden das zweite Viertel des Friedenswahrer-Zyklus. Für die Helden der Heftromanserie „Maddrax“ waren bereits die ersten 25 Bände des Zyklus eine lange Reise: Zunächst wurden Matt und Aruula auf der Suche nach ihrer Freundin Xaana von den Friedenswahrern in die exotische Stadt Toxx verschleppt. Von dort konnten sie mit viel Mühe und ohne Erinnerung an ihr vorheriges Leben auf der Erde auf den Wassermond Aquus fliehen. Hier lernten sie Hydriten-Vorfahren kennen und konnten sich nach Binaar durchschlagen. Auf diesem Robotermond trafen sie nicht nur den Smythe-Roboter wieder, sondern mussten sich mit vielen weiteren elektronischen Kollegen rumschlagen. In einer atemberaubenden Aktion, in der eine Gruppe von Rebellen einen Teil des Mondes in ein Raumschiff verwandelte, entkamen sie auch diesem Mond. Diese rasante Vorgeschichte – für Toxx (400-410), Aquus (411-416) und Binaar (417-424) hier bereits bewertet – bildet die Grundlage für die hier besprochenen 25 Bände 425-449.

Während die eben zusammengefasste Handlung des ersten Viertels spannend und unterhaltsam war, bot sie doch wenige Antworten: Warum testen die Friedensfahrer unterschiedliche Völker? Warum gibt es unter ihnen eine Kontra-Oppositionsfraktion, die das Tun ihres eigenes Volkes aufhalten möchte? Ersteres ist mysteriös, zweiteres ließ nichts Gutes erwarten. In allen Meta-Fragen blieben die ersten 25 Bände sehr vage. Die Bände 425-449 schwiegen zu diesen Themen zunächst ebenfalls. Erst in den letzten zwei Bänden erfährt der Leser Antworten auf die drängenden Fragen des Zyklus. Dennoch handelt es sich auch hier, um enorm unterhaltsame 25 Bände, die aufgrund vieler Handlungswechsel an atmosphärisch überzeugende Orte den Leser in ihren Bann ziehen.

Bevor dieser Rückblick die einzelnen Handlungsabschnitt kurz beurteilt, ist daher noch eine persönliche Note angebracht: Obwohl ich mich seit 2006 mehrfach in Maddrax eingelesen habe, hat mich doch keine Handlung 50 Bände lang in ihren Bann gezogen. Das ist ein gutes Anzeichen dafür, dass ich mich von dem  Friedenswahrer-Zyklus sehr gut unterhalten fühle.

Die Exxus Katastrophe

Die vorherige Zyklushälfte endete mit einem Cliffhanger: Auf Binaar gelang es einer geheimen Robotergruppe, einen Stadtteil ein in Raumschiff zu verwandeln. Die große Hoffnung: Gemeinsam ins All aufzubrechen und dort irgendwann nach Jahrhunderten in ein System vorstoßen, indem die Friedenswahrer nicht regieren. Doch die Roboter-Version von Professor Smythe verhindert diese Hoffnung. In seinem Hass auf Matt gelingt es Smythe in einer fulminanten Trilogie, Exxus aus reiner Selbstsucht gegen die Friedenswahrer auszurichten.

Dieser Handlungsstrang (Bände 427-429) ist eine spannende, für eine Roboter-Handlung überraschend dramatische und insgesamt sehr gelungene Auflösung des Cliffhangers aus „Menschenjagd“ (Band 424)

Die Botan-Heilung

Ursprünglich sind Matt und Aruula durch das Wurmloch in das System der Friedenswahrer aufgebrochen, um ihre Freundin Xaana wiederzufinden. Das gelingt den beiden auf der vierten Station im Friedenswahrer-System: Xaana hat den Test auf Aquus bestanden und wurde nach Botan weitergeschickt.

Dieser Waldplanet ist atmosphärisch genau so beeindruckend wie Toxx, Aquus und Binaar: Der Planet lebt, Gefahren lauern an jeder Ecke und gleichzeitig scheint es mit einem weit verbreiteten Pflanzensterben ein dunkles Geheimnis zu geben. Die Kontrolle der Friedenswahrer über den Planeten mithilfe der Polatai ist sehr gut dargestellt.

Mit Xaana wird die Gruppe um Matt, Aruula und Mi-Rut noch etwas dynamischer. Außerdem gelingt es den Gefährten zu der Genesung von Botans Geist beizutragen. Auf der einen Seite hat man mit dem krankenden Waldsystem mitgelitten. Auf der anderen Seite verwundert es, dass die angeblich auf der Seite der von den Friedenswahrern versklavten Kontras durchaus ein Interesse an dem Ausfall Botans gehabt hätten. Botan bietet daher eine Reihe spannender Abenteuer (der traurige und teilweise unnötige Höhepunkt ist eine dramatische und verstörende Rückkehr der Saven in Band 433), aber lässt den Leser weiterhin mit vielen Fragen zurück. Mit Ausnahme von Band 433, ist  der Ausflug nach Botan von Band 430 bis 434 kurz, intensiv und äußerst spannend.

Die Rückkehr: Aquus

Um Xaana ihre Erinnerungen zurückzugeben, kehren die Gefährten nach Aquus zurück. Hier treffen sie alte Bekannte wieder und arbeiten wieder einmal mit den Hydree zusammen. Dabei zeigt sich einmal mehr, was für ein faszinierendes Setting Aquus ist. Die Rückkehr dauert gerade einmal drei Bände (435-437). Und obwohl dabei keine Frage der Haupthandlung beantwortet wird, wünscht man sich nach dem kurzen, intensiven Ausflug dennoch, mehr Zeit auf Aquus verbringen zu können.

Intermezzo: Starnpazz auf Erde und Mars

Der Zyklus wird zu Beginn und Ende von kleinen Intermezzi unterbrochen. Zunächst reist der Kontra-Friedenswahrer Starnpazz in den ersten zwei Heften auf die Erde. Dort kundschaftet er die Situation aus, erfährt über die drohende Apokalypse durch den herabstürzenden Mond und sucht nach Möglichkeiten, die Menschheit zu retten, ohne sie in die komplette Abhängigkeit von den Friedenswahrern zu stürzen. Dies ist die erste Erzählung aus der Sicht eines Friedenswahrers. Während es zwar spannend ist, wieder einmal die Erde zu erleben, enttäuscht die Doppelfolge.

Das liegt daran, dass man gar nichts über die Pläne der Friedenswahrer erfährt. Außerdem wirken die Episoden hektisch, da Starnpazz mithilfe ständig von einem Ort zum anderen springt. Dadurch erlebt man zwar viele bekannte Orte auf der post-apokalyptischen Erde, doch die Handlung wirkt erzwungen und streckenweise ziellos. Hieraus hätte man viel mehr machen können.

Diese Schwächen gleicht ein zweites Intermezzo auf dem Mars aus: In den Folgen 441, 445 und 446 erfährt man mehr über die derzeitigen politischen Verhältnisse auf dem Mars, sowie die Mission Nachtstimmes auf der Erde. Er benötigt einen Hydriten, um das Nahrungsmittelproblem auf dem Mars zu lösen. Gleichzeitig kommt er dabei in Kontakt mit Starnpazz, der eine Chance für die Rettung der Menschheit ohne Diktatur der Friedenswahrer sieht. Sowohl der Handlungsstrang auf dem Mars als auch auf der Erde sind sehr klug in Szene gesetzt, bieten viele brisante Anleihen an unsere derzeitige politische Situation und sind zudem spannend geschrieben.

Der Mars rückt dabei tatsächlich als letzter Hoffnungsschimmer für die Menschheit in den Fokus. Dieses zweite Intermezzo bietet zudem implizit einige Antworten auf lange gehegte Fragen: Starnpazz setzt alle Energie darauf, die Menschheit nicht in das System der Friedenswahrer ziehen zu lassen. Das deutet – anders als die Botan Handlung – bereits darauf hin, dass dort nichts Gutes zu erwarten ist. Was das sein mag, erfährt der Leser auf der letzten Station in Matt und Aruulas langer Odysee: Messis.

Messis: Die Verbrechen der Friedenswahrer

Messis ist ein düsterer Mond, der sich im ständigen Halbschatten befindet. Das ist ideal für seine Bewohner: Die Messianer können kein Sonnenlicht vertragen. Gleichzeitig erschafft dies aber eine permanent gedrückte Stimmung in den auf Messis spielenden Bänden 439 und 440, 442 bis 444 und 447 bis 449. Die Messianer wurden zwar formal von den Friedenswahrern gerettet als ihr Planet wie die Erde kurz vor der Vernichtung stand. Doch nun befindet sich ihre Zivilisation eindeutig im Stillstand und im Niedergang.

Messis ist daher viel weniger faszinierend als andere Monde: Die gedrückte Stimmung schlägt sich auf die Qualität der Planetenbeschreibungen wieder. Matt, Xaana und Aruula geraten hier in eine Falle nach der nächsten und erleben einen von Erweckungsbewegungen und Drogenjunkies überzogenen Planeten. Das wirkt zunächst etwas langatmig, deutet aber bereits auf die grausame Enthüllung am Schluss hin.

In Band 447 wird dann endlich enthüllt, was die Friedenswahrer mit ihren Subjekten vor haben: Sie benötigen die kompatible Gehirne, um selbst zu überleben (vermutlich zur Energieerzeugung). Was wie ein schlechter Horrorfilm klingt, wirkt nach sieben Bänden auf dem deprimierenden Messis erschreckend: Dieses Schicksal droht auch der Menschheit, wenn Matt und seine Gefährtinnen es nicht verhindern können.

Das Finale und das Ende der Ideen

Angesichts der sehr unterhaltsamen und spannenden Einzelromane fällt die Qualität des Finales deutlich ab. Nach der Enthüllung über den wahren Zweck der Messianer, erfährt der Leser nichts Neues. Stattdessen werden die Erinnerungen von Matt und Aruula gelöscht und die Kontras, die bisher in der Handlung trotz einflussreicher Positionen kaum eine Rolle spielten, aufgrund sinnloser Fehler entdeckt und ausgeschaltet. Der Leser ist sich nun der existenziellen Bedrohung der Versklavung der Menschheit bewusst, die Protagonisten der Serie nicht. Diese Situation ist enorm unbefriedigend und verspricht eher langweilige Folgebände (in denen die Leser immer einen Informationsvorsprung haben).

Da Matt und Aruula nach der Erinnerungslöschung keine direkte Gefahr mehr droht, sind die beiden Finalbände auch nicht mehr besonders spannend. Die Friedenswahrer verlieren über diese überstürzte Enthüllung und das amateurhafte Verhalten der Kontras viel von ihrer Faszination. Hieraus hätte man viel mehr machen können und nach fünfzig Episoden auch machen müssen.

So sind an dem zweiten Viertel des Friedenswahrer-Zyklus also ausgerechnet die ersten beiden Bände (425 und 426) und die letzten beiden (448 und 449) eher misslungen. Dazwischen verstecken sich weiterhin aber alle Zutaten, die den Zyklus bisher so gelungen machen: Faszinierende Monde, fremde Völker und viele spannende Einzelhandlungen. Daher bleibt zu hoffen, dass der Informationsvorsprung der Leser im nächsten Viertel der Handlung rasch abgebaut wird und die Serie sich weiterhin darauf konzentriert, die Handlung mit überzeugenden Einzelromanen voranzutreiben.

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