Deutschland hat keine Pferde mehr (ARD Radiotatort)

In Hamm wird ein Obdachloser ermordet. Es ist bereits der vierte Obdachlose in kurzer Zeit, der ums Leben kommt. Diesmal hat es jedoch die stattbekannte Legende „Deutschland“ getroffen. Mit seinem Alkoholproblem schrie „Deutschland“ hauptsächlich in der Einkaufsstraße herum, sein Klassiker war „Deutschland hat keine Pferde mehr“. Um dem Verdacht, es handele sich um einen Serientäter auf die Spur zu kommen, setzt die Polizei Vorderbäumen als Lockvogel ein. Der Einsatz geht fürchterlich schief und die Beamte sind bald durch eine interne Kontrolle abgelenkt. Werden die sowieso bereits straversetzten Polizisten den Täter finden können, bevor sie wegen des misslungenen Einsatzes zur Verantwortung gezogen werden?

Wie immer ist der Hammer Tatort ausgesprochen komödiantisch angelegt. Der Hintergrund ist ernst, der Mord an dem Obdachlosen brutal. Auch gelingt es dem Tatort die Belustigung über das Opfer eine tragische Note abzugewinnen. Dabei sticht besonders Latotzkes Schilderung seiner ersten Kindheitserinnerung mit den Obdachlosen hervor. So komisch die „Deutschland hat keine Pferde mehr“-Nummer auch ist, die tragischen Biographien dahinter werden nicht verschwiegen. Das sorgt für eine gelungene Atmosphäre und einen interessanten Fall.

Interessant ist aber auch der Aufbau des Tatorts. Den Hintergrund des Falls erfährt man durch das Interview, das eine LKA-Beamtin mit allen Hammer Beteiligten führt. Dabei versucht sie herauszufinden, wie die dämliche Lockvogelidee zustande kam. Diese Gespräche sind gelungen inszeniert und weisen ebenfalls den richtigen Mix aus spannenden und witzigen Elementen aus. Die eigentlichen Ermittlungen beginnen daher zwar erst nach der Hälfte des Falls. Doch die zeitlich verschachtelten Rückblenden sind unterhaltsam, informativ und ereignisreich. „Deutschland hat keine Pferde mehr“ wartet dabei mit einer richtigen Überraschung auf: Einer der zentralen Protagonisten dieses nun bereits seit mehreren Jahren laufenden Teams wird aus der Handlung heraus geschrieben. Das geschieht zunächst auf „typisch“ Hammer-Art im ruhigen Chaos Am schluss gelingt es der Folge zudem, im ebenfalls Hammer-Still Witze über den tragischen Unfall zu präsentieren, die nicht einmal pietätslos wirken. Im Gegenzug tritt eine Polizistin auf den Plan, die den Hammer Männerverein etwas durcheinander bringt, unter anderem weil sie einst selbst als Mann Teil des Clubs war.

Wie immer wird die „Task Force Hamm“ unterschätzt: Die LKA-Beamtin verlässt den Ort, ohne auch nur eine Sekunde daran zu glauben, dass das Team den Fall aufklären kann. Doch am Ende führen die Hammer den tatsächlichen Täter in komischster Manier vor. Die dabei herausgelassene Arroganz ist angesichts des Ermittlungsstils wie immer (unfreiwillig) komisch. Alles in allem ist „Deutschland hat keine Pferde mehr“ angesichts der zuletzt entweder zu experimentelle oder zu sehr auf konstruierte Gegensätze zwischen den Kommissaren achtenden Folgen eine ausgezeichnet funktionierende Episode: Sie präsentiert etwas Spannung, viel Witz, sehr sympathische Figuren und bietet alles in allem große Unterhaltung.

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