Der dunkle Kongress (ARD Radiotatort)

Kommissär Anliker reist im Jahr 1891 nach Meiringen. Dort soll seine Schwester ihre neuen Geräte auf einem Hirnforscher-Kongress vorführen, mit denen sie Tonaufnahmen speichern und anschließend abspielen kann. Doch bei seiner Ankunft erwartet den Kommissär die Leiche einer bekannten italienischen Opernsängerin. Zu allem Überfluss ist auch noch seine Schwester verschwunden. Und so muss sich Anliker allein mit den vielen exzentrischen Wissenschaftlern herumschlagen und gleichzeitig sowohl seinen Fall lösen als auch seine Schwester finden.

„Der dunkle Kongress“ ist die erste „Radiotatort“-Episode aus der Schweiz. Das bringt viel Dialekt mit sich. Aber die ungewöhnliche Handlung aus der Vergangenheit bringt noch eine Reihe weiterer Besonderheiten mit sich. Die Folge spielt mit dem Fortschrittsoptimismus des fin de siècle. Anlikers Schwester arbeitet an den ersten Schallplatten, doch die Hirnforscher des Kongress planen bereits wie man das „Böse“ aus Menschen operativ entfernen kann. Genie und Wahnsinn liegen in dieser skurrilen Situation sehr nah beieinander. Außerdem werden ständig Aufnahmen Anlikers Schwester eingeblendet, die scheinbar in der Zukunft restauriert wurden. Und auch die Ankündigung der Episode deutet darauf hin, dass „Der dunkle Kongress“ nur der Beginn einer Trilogie ist, die über mehrere Zeitebenen hinweg angesiedelt ist. Dabei lässt die Episode bis zum (bitteren) Schluss angenehm offen, wer eigentlich die Guten und wer die Bösen sind. Stattdessen trifft Anliker auf eine skurrile Gestalt nach der anderen, was der Folge einen hohen Unterhaltungswert beschert.

Dennoch lässt „Der dunkle Kongress“ den Hörer etwas ratlos zurück. Das Ende der Folge scheint auch das Ende des Geschwisterpaares Anliker zu sein. Der Auftakt der Schweizer Radiotatortbeiträge scheint damit dem Bremer-Tatort zu ähneln, wo zuletzt neue Kommissare ebenfalls nur für eine Folge ermittelnt durften. Das ist schade, denn zu zweiten Mal geht es dabei letztlich nicht um den Fall, sondern allein um die Kommissare.  „Der dunkle Kongress“ unterhält durchaus mit seiner Andersartigkeit und grenzt sich klar von vorherigen Folgen ab. Gleichzeitig ist der Fall, der diesem Ausflug in die Vergangenheit zugrunde liegt, aber nichts spektakuläres. Er ähnelt eher einem rustikalen Kombinationskrimi, deren Anleihen mit vielen Sherlock-Holmes Verweisen aber reichlich bemüht wirken. Der „Radiotatort“-Serie würden eher Fälle gut tun, die für sich selbst sprechen, als vermeintlich unterhaltsame Figuren- und Kommissarskonstellationen, bei denen die Ermittler die eigentliche Geschichte sind. Immerhin gelingt es in „Der dunkle Kongress“ eine schaurige und ungewöhnliche Atmosphäre zu schaffen, die über die Schwächen der Handlung hinwegtröstet.

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