Mörder und Gespenster (ARD Radiotatort)

Ein neues Team ermittelt im bayrischen Radiotatort. Jacqueline Hosnicz hat im Dienst einen Unschuldigen erschossen. Jakob Rosenberg hängen Korruptionsvorwürfe nach. Gemeinsam sollen die beiden teamunfähigen Beamten Mordfälle aufklären, an denen die Polizei pro forma weiter arbeiten muss, bei denen es aber eigentlich keine Hoffnung auf weitere Erkenntnisse gibt. Ihr erster Fall ist der Mord an Albert Auerberg im Münchener Bahnhofsviertel. Der alt-68er besaß ein wenig frequentiertes Antiquariat. Die Ermittler gingen bisher von einem Zufallsmord aus. Hosnicz ist jedoch rasch davon überzeugt, dass der Mord geplant war. Zu Rosenbergs Horror versteift sie sich in die These, dass der Mord etwas mit Auerbergs Engagement in der Studentenbewegung der 60er-Jahre zu tun haben muss.

Das neue BR-Team macht in seinem ersten Fall einen interessanten Eindruck. Die Charaktere sind prägnant und haben beide ihr Päckchen mit sich zu tragen. Und obwohl sie sich beide für Einzelkämpfe halten, harmonieren sie bereits in dieser ersten Folge recht gut miteinander. Interessant wird der Fall vor allem durch die Verbissenheit Hosniczs die Täter zu finden. Ans Aufgeben denkt sie nicht einmal und gibt so auch mehrere Jahrzehnte alten Postkarten viel Aufmerksamkeit. Das wirkt zunächst wie der perfekte Weg zu einer polizeilichen Verschwörungsstrategie.

Doch tatsächlich stoßen die beiden Ermittler durch die Postkarte auf die Besitzerin des Hauses von Auerbergs Buchalden. Sie wurde von den vorherigen Kollegen als Täterin gar nicht erst in Erwägung gezogen, war aber ebenfalls in der Studentenbewegung aktiv. Im Laufe des Krimis mehren sich die Indizien, dass die Lokalpolitikerin und Geschäftsfrau in jüngeren Jahren auch im gewaltbereiten Teil der linken Szene aktiv war. Auerberg schien ihr nach einer angedrohten Kündigung seines Mietvertrags damit zu drohen, ihre Vergangenheit zu veröffentlichen. In Verbindung mit einem äußerst nervösen Sohn der Politikerin sowie einem guten Zusammenspiel zwischen der impulsiven Hosnicz und dem berechnenderen Rosenberg sorgt dies für einen sehr guten Spannungsbogen. Außerdem verknüpft der Krimi den Mord mit einem  antisemitischen Anschlag auf ein jüdisches Altenheim in München im Jahr 1970, der bis heute nicht aufgeklärt ist.

Das gibt dem Fall einen spannenden Hintergrund, sorgt aber auch dafür, dass er kein richtiges Ende bekommt. Gerade wegen der Hartnäckigkeit der Kommissarin würde man sich wünschen, dass der langjährige Trend der Reihe, Verbrechen nicht gänzlich aufzuklären, hier gebrochen wird. Das ist nicht ganz der Fall. Der einzige Zeuge für den Mord ist geistig verwirrt und wird von den Ermittlern auf etwas fragwürdige Weise als Lockvogel ge- bzw. missbraucht. Dieser Aspekt der dürftigen Zeugenlage gibt dem Fall weitere Tiefe. Es führt aber lediglich weiteren Indizien jedoch zu keinen stichfesten Beweisen. Am Ende ist der Zuhörer von Hosnicz zunächst wild klingender Theorie überzeugt, für eine Festnahme reicht es jedoch nicht. Dieser Fall mit einem skurrilen Zeugen, einem komplexen Fall und zwei interessanten neuen Ermittlern hätte ein runderes Ende verdient.

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