Der neue Phantomias im Nebel (LTB Premium Band 20)
|Die Rezension des ersten „neuen Phantomias“ Bandes bietet generelle Informationen zu der Reihe. „Der neue Phantomias – Mit vereinten Kräften“ enthält die Kapitel 41-45 der italienischen Phantomias-Serie sowie acht kleine Extra-Episoden.
Der neunte Sammelband mit Geschichten der italienischen Serie über den „neuen Phantomis“ beginnt mit dem 41. Kapitel, dem titelgebenden „Im Nebel“. Während Entenhausen im Nebel versinkt, muss Donald die Gargoyles auf dem Ducklair-Tower reinigen. Gleichzeitig taucht ein mysteriöser, aber populärer Magier im Fernsehen auf, der die Entfernung der Gargoyles fordert. Es stellt sich heraus, dass Everett Ducklair sie einst als Wächter errichtet hat, um Entenhausen vor brutalen Wesen aus einer anderen Dimension abzuschirmen. Während der Magier ganz Entenhausen so hypnotisiert, dass alle gegen die Gargoyles angehen, muss sich Phantomias etwas einfallen lassen, um unsere Welt zu schützen, ohne bei der Verteidigung der Gargoyles zu viele Entenhausener zu verletzen. Die Episode ist auf der einen Seite magisch. Der Nebel sorgt für düstere und unklare Atmosphäre, der Magier ist etwas gruselig und die Bedrohung sowie am Ende auch der Kampf dagegen übersinnlich. Verbunden wird dies jedoch mit einer überraschend feinsinnigen Geschichte über die Motive des Magiers. Er wurde einst von seiner Dorfgemeinschaft zum Magiernovize gewählt und musste während seiner Lehrzeit erleben, wie die westliche Kultur die Traditionen seiner Heimat völlig aufweichte. Phantomias kommt hier daher beinahe als Verteidiger einer kolonialen Ordnung daher. Glücklicherweise wird dies noch dadurch verhindert, indem Phantomias betont, dass jeglicher Widerstand gegen Verdrängung nicht auf Gewalt zurückgreifen kann und der Magier letztlich von Ducklair und seiner Gemeinschaft sehr traditionsbewusster Mönche in seine Schranken gewiesen wird. Die schöne Botschaft ist, dass Tradition immer so stark ist, wie sie Menschen Gründ gibt, zum eigenen Wohl an ihnen festzuhalten, dass sie aber immer schwächer wird, solange sie Menschen in erster Linie einengt. Das ist ein schöner Schluss.
Nach diesem düsteren Auftakt wird der Band deutlich heiterer mit der 42. Folge „Zeitschiffbruch“. Ein Zeitschiff hat Schiffbruch erlitten und Phantomias, Klara sowie ein reichlich arroganter Zeitagent müssen es finden, bevor skrupellose Unternehmer die Technologie ausbeuten und unsere Zeitlinie verändern. Im Hintergrund arbeitet jedoch eine Familie, deren Mitglieder bei der Armee, der Luftwaffe und verschiedenen Geheimdiensten angestellt sind, daran, Phantomias Versteck und Waffentechniken zu ergattern. Die Familienmitglieder wollen dies für ihre jeweilige Armeeuntergliederung ergattern und stehen sich daher hauptsächlich selbst im Weg. Gleichzeitig behindert dies Phantomias Suche nach dem Raumschiff. Diese Episode lebt vor allem von ihren Witzen und davon, dass sich die Bedrohung und vor allem die Sorgen der Zeitagenten letztlich als völlig nichtig herausstellen. Die Folge ist dadurch überraschend und vor allem sehr witzig.
Danach wird es in der 43. Folge „Atem“ wieder deutlich ernster. Eine weitere Geheimdienststelle arbeitet offenbar zu autonom. Sie experimentieren an Menschen und züchten ihnen übersinnliche Fähigkeiten an. Jana erfährt, dass dahinter nicht nur altruistische Zwecke dient und entkommt, auch danke der telepathischen Fähigkeiten, die sie hat. Sie wird umgehend von dem Geheimdienst verfolgt, stößt aber auf Ziggy, den Bruder von Mary Ann, einer PBI-Agentin und Freundin von Phantomias. Dadurch geraten auch Mary Ann und Phantomias rasch in die Verfolgungsjagd. Im Rahmen eines Entenhausen-Comics thematisiert dieser Band nicht nur ausgesprochen eindringlich die Konsequenzen unkontrollierter Militärapparate, sondern erzählt zudem auch noch eine ergreifende Liebesgeschichte und wartet mit überraschend facettenreichenden und am Ende beinahe herzzerreißenden Bösewichtern. Das ist fesselnd und bewegend. „Atem“ ist dadurch vielleicht die stärkste Episode des Bandes.
Unkontrollierte Militärs bestimmen auch die 44. Folge „Der Agdy“. Hier geht es allerdings um eine private Waffenfirma, die daran arbeitet ein unvorstellbar mächtiges Material aus einem abgestürzten Meteoriten in Sibirien zu gewinnen. Mit dem Material kann man fast alle menschlichen Waffen neutralisieren und möglicherweise leicht die Weltherrschaft errlangen. Phantomias setzt dem natürlich ein Ende. Das geschieht mal wieder in Reibereien mit dem Journalisten Konrad Kiwi, vor allem aber in Zusammenarbeit mit sibirischen Stämmen. Hier wird mal wieder aufgegriffen, dass traditionelles Wissen, kapitalistischer Profitgier leicht überlegen sein kann. Im Hintergrund läuft zudem eine Börsennebengeschichte um einen Trader, der sich mit dem Börsenkurs der Waffenfirma auseinandersetzen muss. Der Comic stellt daher auch die Verbindung zwischen Börsenhandel und Waffenindustrie her. Alles in allem ist „Der Agdy“ dadurch eine komplexe und spannende Geschichte, die streckenweise jedoch thematisch etwas zu überladen ist.
Zum Abschluss entführt „Das Odysseus-Syndrom“, die 45. Folge, in die bisher atmosphärischste „Phantomias“-Geschichte. Donald wird von einem Fischkutter auf hoher See gefangen. Er hat keine Erinnerung und wird in das Fischerdorf der Fischer gebracht. Dort erinnert er sich nur daran, dass ihn Davy Jones, das legendäre Monster angegriffen hat. Diese Enthüllung sorgt für reichlich Unruhe, den die Fischbestände sind seitdem einer der Inselbwohner nach Davy Jones Schatz sucht, komplett versiegt. Das Abenteuer hat ein paar wunderschöne Zeichnungen, sehr emotionale Unterhaltungen und vor allem eine stimmungsvolle Dorfgemeinschaft. Von dieser Basis aus entwickelt es sich aber rasch in einen Unterwasserthriller mit fremden Mächten, Haien und Walen. All dies ist trotz seines phantastischen Naturells inhaltlich höchst überzeugend. „Das Odysseus-Syndrom“ ist etwas weniger spannend, aber deutlich nachdenklicher als „Atem“ und verbindet seine Themen um Naturschutz, Fischertradition und die Gefahren des Meeres zu einer eindringlichen Geschichte. Damit ist der Comic der zweite Anwärter auf die beste Folge dieses Sammelbands.
Auch die kleinen Extraepisoden können diesmal überzeugen. Sie zeigen witzige Szenen aus dem Alltag der Redaktion des Kanal Doppelnull und aus einer Shoppingmall, in der Donald einen Nebenjob ausführt. Sie sind deutlich angenehmer gezeichnet als andere Nebenserien. Zwar ist ihr Inhalt weitgehend belanglos. Nach den ernsteren Kapiteln dieses Bandes sorgen sie aber für angenehmes Schmunzeln.
Nach dem starken Vorgänger „Der neue Phantomias mit vereinten Kräften“ ist auch „Der neue Phantomias im Nebel“ ein sehr starker Sammelband. Nachdem der Vorgänger aus zwei Mehrteilern bestand, konzentriert sich dieser Band ganz auf seine Einzelgeschichten. Jede der Geschichten in diesem nunmehr neunten Band der Reihe ist auch ohne Einbettung in die größere Rahmenhandlung der Serie sehr gut. Und aus diesem starken Feld stechen „Atem“ und „Das Odysseus-Syndrom“ als ganz besonders überzeugende Beiträge hervor. Wieder einmal präsentiert die Serie einen überzeugenden Mix aus Witz („Zeitschiffbruch“), Militärthriller („Zeitschiffbruch“, „Atem“, „Der Agdy“) und Mystery („Im Nebel“, „Das Odysseus-Syndrom“). Durch diese Vielfalt wird jedes Kapitel in „Der neue Phantomias im Nebel“ zu einem aufregenden, unerwarteten und mitreißenden Abenteuer.