Hinter feindlichen Linien (von Ian Rolf Hill / Maddrax Band 531)

Colonel Kormak wurde zusammen mit seinem Heißluftballon von seiner eigenen Waffe auf Miniaturgröße während seiner Flucht vor seinen meuternden Anhängern geschrumpft. Mit Mühe und Not gelingt es ihm, seinen Ballon kontrolliert zum Absturz zu bringen. Dabei gerät er unentdeckt in den Hort des Wissens, also genau den Ort seines misslungenen Eroberungsvesuches, der zur Meuterei seiner Anhänger führte. Umgehend beginnt Kormak einen neuen Plan zu schmieden, wie er die Bewohner des Horts auch als Miniaturversion seiner selbst töten und dabei gleichzeitig die technologischen Schätze des Horts für sich erobern kann.

Es ist ein großer Zufall, dass es Kormak ausgerechnet in den Hort des Wissens verschlägt. Es kommt ihm dabei zudem gelegen, dass er ausgerechnet in dem Labor Frenk Carpolas landet, der innerhalb des Horts seine eigene Agenda verfolgt. Er möchte sein Leben und das seiner Familie nach einem dramatischen Verlust mithilfe des Zeitstrahls, dessen Aufenthaltsort nur der Leiter des Horts kennt, verlängern. Dieses Eigeninteresse kann Kormak indirekt ausnutzen. Das Labor ist also ein für die Handlung überaus praktischer Landeort. Kormak scheint zudem kaum davon beeindruckt zu sein, dass sich seine Superwaffe keineswegs als tödlich, sondern als schrumpfend herausstellt. Als trainierter Soldat und erfahrener Anführer und Möchtegerndiktator ist Kormak es natürlich gewöhnt, schnell umzuschalten. Dennoch ist es verwirrend, dass Kormak zuerst Pläne schmiedet, wie er die Waffen des Hortes erobern und sich an dessen Bewohnern rächen kann. In seiner ersten ruhigen Minute wäre ein Gedanke daran, wie eine Rückkehr zu normaler Größe aussehen könnte, wahrscheinlicher gewesen. Stattdessen beginnt der angeblich so strategisch bewandte Colonel damit, seinen irrationalen Rachegefühlen zu folgen anstatt zunächst für sich selbst zu sorgen.

Bei seinem Rachefeldzug nutzt er gezielt den jungen Mirosch aus, der von seiner Flucht aus Paris und den damit verbundenen Verlusten ebenfalls noch immer traumatisiert ist. Das erweist sich als kluger Schachzug für die Episode. Hill gelingt es sehr gut, die beiden traumatisierten Familien Frenks und Miroschs zu beschreiben. Beide verarbeiten schreckliche Erlebnisse auf unterschiedliche Art. Mirosch sucht nach einer stabilen Bezugsperson und findet sie angesichts der zunehmenden Schizophrenie seiner Mutter in seinem sprechenden Teddybären (in dem sich Kormak versteckt hält). Frenk verarbeitet seine Unsicherheit, indem er fanatisch an der relativen Unsterblichkeit für seine Familie arbeitet. Beide Figuren sind berührend, ihre Familienbeziehungen überzeugend und zusammen trotz ihrer Fehler durchaus sympathisch. Dadurch geben sie dem Hort, auf dessen Vernichtung Kormak abzielt, ein Gesicht und der Episode Herz und Spannung.

Hill nutzt dieses Sympathiepotential in dem Finale der Folge zur Gänze aus, um Spannung zu erzeugen. Bis zum Schluss ist das Schicksal des Horts für den Leser nicht absehbar. In dem spannenden Höhepunkt kann das Schlimmste zwar verhindert werden, doch der Blutzoll an bekannten Personen ist selbst für einen „Maddrax“-Roman ungewöhnlich hoch. Kormak gelingt es zwar nicht, sich Waffen oder den Hort anzueignen. Er schafft es aber, die Traumata der beiden Familien zu verschärfen und wieder einmal eine Schneise der Verwüstung zurückzulassen. Anders als jüngere Kormak-Geschichten sorgt das angesichts seiner gelungenen, detailliert gezeichneten Instrumente für ein sehr gelungenes und fesselndes Heft.

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