The Lady Astronaut of Mars (von Mary Robinette Kowal)

Elma York war die erste Astronautin, die in den 1960er Jahren an der Mars-Mission beteiligt war. Nach einem Meteoriteneinschlag auf der Erde in den frühen 1950er Jahren, war die Menschheit gezwungen aufgrund ökologischer Veränderungen deutlich schneller ins Weltall aufzubrechen als in unserer Zeitlinie. Nun sind einige Jahrzehnte vergangen und Elma lebt mit ihrem todkranken Mann Nathaniel auf dem Mars. Elma sehnt sich danach, wieder ins All aufzubrechen. Diese Chance bietet sich bei der ersten menschlichen Mission zu einem Planeten außerhalb des Sonnensystems. Die Reise wird jedoch entbehrungsreich und lang sein. Elma ist dennoch die beste Kandidatin, da sie als Heldin der Menschheit vermutlich die notwendigen Mittel für die kostspielige Mission erstreiten könnte. Doch bei ihrer Rückkehr wäre Nathaniel vermutlich bereits tot. Elma schließt eine Teilnahme an der Mission zunächst aus. In der Reflexion mit Nathaniel erkennt sie jedoch, dass die beiden ihr Leben an ihrer jeweiligen Berufung ausgerichtet haben und bricht schließlich ins All auf.

Die Kurzgeschichte lebt vor allem von ihrer futuristischen und gleichzeitig rustikalen Atmosphäre. Die Menschheit ist früher als in unserer Zeitlinie ins Weltall aufgebrochen. Aus der Konfrontation mit einer sterbenden Erde wurde großes erreicht und eine permanente Siedlung auf dem Mars gegründet. Dabei haben sich zwangsweise auch Geschlechterrollen verändert, denn für eine Kolonie braucht es eben auch Astronautinnen. Elma ist eine Heldin, da sie der ersten Marsmission angehört. Darüber erfährt man viel aus der Perspektive ihrer Ärztin Dorothy, der Elma als Vorbild und Anreiz diente, ebenfalls ins All aufzubrechen. Die Kurzgeschichte präsentiert ein realistisches und gleichzeitig spannendes Bild einer Menschheit, die in vielen Dingen weiter ist als wir und dabei aber aufgrund des notwendigen hohen Tempos in einigen Bereichen trotz größerer Errungenschaften weniger fortschrittlich ist. Diese Entkopplung von Technik und Fortschritt (die hier in alle möglichen Richtungen erfolgt) ist sehr spannend.

Für die Handlung ist das Verhältnis zwischen Elma und Nathaniel zentral. Anhand der anstehenden Entscheidung noch einmal ins All aufzubrechen, wiederholen sich Entscheidungen der Vergangenheit. Als Astronautin hat Elma auf Kinder verzichtet, obwohl sie sich eben diese sehr gewünscht hätte. Das Paar hat also schon einmal für die Karriereplanung den eigenen Lebensentwurf beschnitten. Die Liebe zwischen den Eheleuten ist in der Geschichte spürbar. Die Geschichte ist aus Elmas Augen erzählt, daher spürt man ihren Schmerz über Nathaniels gesundheitlichen Zerfall. Man merkt durch Nathaniels Reaktion aber auch, wie stolz er auf seine Frau ist, die die Technik, die er mit entwickelt hat, ins All getragen hat. Durch ihren erneuten Aufbruch erlebt er sie noch einmal in der Rolle, in der sie ihre Berufung findet – was ihn in seiner Liebe zu ihr ebenfalls glücklich macht. Diese Auseinandersetzung mit der Zerreißprobe zwischen Familie und Beruf, beziehungsweise wäre in diesem Fall Berufung tatsächlich treffender, ist einfühlsam und bewegend.

Die Kurzgeschichte, die 2014 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, ist der Hintergrund vor dem Kowal eine Prequel-Romanreihe verfasst hat, deren erster Teil in diesem Jahr mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde. Im Vergleich zu dem umfangreichen Buch, das in Details Elmas Entwicklung von einer zurückhaltenden Mathematikerin zur offensiven Verfechterin von Frauenrechten und vor allem Astronautin nachzeichnet, wirkt die Kurzgeschichte etwas oberflächlich. Während die Gefühle überzeugend transportiert werden und die Handlung fesselnd ist, bleibt wie für eine Kurzgeschichte typisch vieles offen. Mit dem Wissen, dass hinter den gerade einmal knapp 30 Seiten dieser Kurzgeschichte mehre Romane als Hintergrund entstehen, macht diese gefühlsbetonte Geschichte noch stärker.

Die Kurzgeschichte „The Lady Astronaut of Mars“ ist auf tor.com erschienen.

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