Shield of the Gods (von Christopher L. Bennett)
|Inhalt: Die mysteriöse Daiyar hat ein Zeitreisegerät aus dem Hochsicherheitstrakt des Department for Temporal Investigations (DTI) entwendet. Die Agenten Teresa Garcia und Ranjea verfolgen die Dame, um sie daran zu hindern, die Zeitlinie zu verändern. Doch bei der Konfrontation geht einiges schief, Daiyar nimmt den Deltan Ranjea als Geisel gefangen. Auf der Flucht findet sie heraus, dass einer ihrer Ex-Liebhaber mit Ranjea bekannt war und Ranjea dessen Charakter mit sich trägt. Durch diese Verbindung gelingt es Ranjea herauszufinden, worum es Daiyar geht. Sie arbeitete einst für die Aegis, die aufstrebende Zivilisationen in der Nuklearphase davon abhält, sich selbst zu vernichten und damit mithilft, diese Zivilisationen weltraumfähig zu machen. Eine ihrer Missionen ging jedoch schrecklich schief, als ein von den Aegis gerettetes Volk, die Fethetrit, den Planeten vernichtet. Daiyar schließt daraus, dass es ein Fehler ist, Zivilisationen an ihrer Selbstzerstörung zu hindern. Als logischen nächsten Schritt plant sie, die Aegis davon abzuhalten, besagte Fethetrit zu retten.
Kritik: Bennetts DTI–Novellen waren bisher ausgesprochen gelungen. Sie verbanden interessante Überlegungen mit viel Action und starken Charakteren. Diesmal stehen wieder einmal zwei interessante Themen im Mittelpunkt der Handlung. Daiyars Rachefeldzug stellt die Frage in den Raum, inwiefern eine Einmischung in die Belange anderer Völker gerechtfertigt ist. Mit der obersten Direktive hat die Föderation eine ganz klare Richtlinie, die Eingriffe in nicht-Warp Zivilisationen verbietet. Die Aegis sehen das anders. Sie nutzen sogar Zeitreisen, um einst vernichtete Völker vor ihren Fehlern zu bewahren. Als Nebenhandlung diskutiert „Shield of the Gods“ persönlichen Wandel. Das einst erfolgreiche Agentenpaar Dulmur und Lucsly arbeitet seit Dulmurs Beförderung nicht mehr zusammen. Nun steht auch Garcia und Ranjea ein beruflicher Wechsel bevor. Wenn man jahrelang, permanent miteinander zusammenarbeitet, kann dies eine große Veränderung sein. Dass „Shield of the Gods“ auch die emotionalen Reaktionen seiner Protagonisten auf diese Veränderung aufgreift, macht die Novelle zu einer sehr introvertierten, emotionalen Geschichte.
Letztlich soll damit die Liebe im Mittelpunkt dieser Zeitreisegeschichte stehen. Daiyars Rachewunsch beginnt als ihr Liebhaber im Feuer der Fethetrit stirbt. Garcia und Ranjea sind gerade dabei die Schwierigkeiten ihrer sich anbahnenden Liebesbeziehung – die Pheromone der Deltaner können für Menschen gefährliche Auswirkungen haben – zu überwinden, da werden sie durch Daiyar getrennt. Tatsächlich werden diese Emotionen jedoch nicht richtig ausgearbeitet. Daiyar und Ranjea trösten sich am Ende in einem etwas überstürzt wirkenden Abschluss der Geschichte gegenseitig. Garcia ist zwar gerührt, wird de facto jedoch von Ranjea für Daiyar, die Liebhaberin eines seiner verstorbenen Liebhaber, verlassen. An einigen Stellen ist das berührend, leider ist die Motivation der Protagonisten jedoch nicht immer verständlich.
Gelungen ist der langsame Wandel Daiyars von einer Räuberin zu einem vielschichtigen Charakter, der aus richtiger Motivation die falschen Entscheidungen trifft. Dass Ranjea durch seine Vergangenheit so schnell ihr Vertrauen erwirbt, erscheint wiederum etwas überstürzt. Natürlich ist der Raum in einer 100-Seiten Novelle für solch eine Entwicklung begrenzt. Vielleicht hätte man sich aber eher eine andere Wendung der Erzählung überlegen müssen, als ein Prozess des Vertrauens (der gar in einem gemeinsamen Lebensabend Daiyars und Ranjeas endet).
Der überzeugendste Teil der Novelle ist dadurch Garcias zunehmend panische Suche nach ihrem Arbeitskollegen. Zusammen mit Dulmur und Lucsly muss sie mit den verschwiegenen Aegis-Agenten zusammenarbeiten. Das gestaltet sich nicht nur als kompliziert, sondern angesichts ihrer Gefühle auch als nervenaufreibend. Obwohl hier keine Charakterentwicklung stattfindet, ist dieser Teil spannender und teilweise unterhaltsamer als die Unterhaltungen zwischen Daiyar und Ranjea.
Angesichts all dieser Emotionen kommt der eigentliche Erzählkern der Handlung zu kurz. Die Aegis haben schließlich auch die Menschheit vor ihrer Selbstzerstörung bewahrt. Das hat sich ausgezahlt, denn die Menschen waren elementar für die Gründung der Föderation und tragen mittlerweile zu der Allianz der Aegis, die an der Stabilität der Zeitlinie arbeitet, bei. Gerade dadurch wird die Frage, ob Eingriffe von der Tragweite der Aegis gerechtfertigt sind, spannend. Mit dieser Überlegung lässt Bennett den Leser allein. Das ist gut, da man dadurch noch länger über die Novelle nachdenkt. Schöner wäre es aber gewesen, wenn die Eingriffe der Aegis etwas intensiver in der Novelle thematisiert worden wären.
Zurück bleibt so von der Kurzgeschichte vor allem das starke Bild, dass ein von den Aegis gerettetes Volk andere Völker vernichtet. Dieses moralische Dilemma, in dem Hilfe im Besten Interesse zu extremen Leid führt, ist von Bennett gut herausgearbeitet und bleibt auch nach der Lektüre eindringlich in Erinnerung.
Fazit: „Shield of the Gods“ ist emotionaler, introvertierter und bietet auch weniger Zeitreisen als seine Vorgänge. Die Novelle lädt den Leser ein, über die Folgen von Zeitreisen und Eingriffen in die Belange anderer Völker nachzudenken. Das ist sehr interessant, leidet aber unter dem nicht immer gelungenen Fokus auf die Liebesbeziehungen der Handlungsträger/innen.
(Trekzone-)Bewertung: 3,5 / 5 Punkten