Context is for Kings (Star Trek: Discovery)

Sechs Monate nach ihrer Verurteilung aufgrund einer Meuterei wird Michal Burnham überraschend in ein anderes Gefängnis verlegt. Auf dem Weg wird ihr Gefangenentransport von Antriebsproblemen geplagt und das Shuttle muss von der frisch vom Stapel gelaufenen U.S.S. Discovery geborgen. Burnham wird von dem unkonventionellen Captain Lorca für Arbeiten im Maschinenraum beordert. Als Forschungsschiff experimentiert die Discovery mit neuen, für den Krieg mit den Klingonen entscheidenden Stoffen. Ähnliche Experimente finden auf dem Schwesterschiff, der U.S.S. Glenn statt. Kurz nachdem Burnham mit ihrer Arbeit beginnt, erhält die Discovery einen Notruf der Glenn. Captain Lorca beordert Burnham, Teil einer Rettungsmission zu werden. An Bord der Glenn erwartet die einstige Sternenflottenoffizierin nicht nur der schaurige Anblick toter Besatzungsmitglieder und Klingonen, sondern auch ein überlebendes und hungriges Monster.

„Context is King“ segelt nach dem hektischen Auftakt der Serie in ruhigeren Gewässern. Das hinterlässt einen starken Eindruck. Die ruhige Handlungsführung erzeugt ein deutliches „Star Trek“-Feeling: Die Discovery wird als ein Forschungsschiff eingeführt (wie alle Schiffe in den bisherigen Serien), das an einem wissenschaftlichen Durchbruch arbeitet. Das ist garniert mit starken Charakteren: Neben dem bereits bekannten Commander Saru, stechen vor allem der exzentrische Chefingenieur Starnets und die neurotische Kadettin Tilly hervor. Die klischeehaft unterkühlte Sicherheitschefin Landry ist zwar überzeugend in ihrer Rolle, ihr fehlen bisher jedoch die notwendigen Auftritte für etwas mehr Tiefe hinter der für diesen Posten üblichen Härte. Captain Lorca bleibt bis zum Schluss der Episode mysteriös. Seine unkonventionelle Art, seine demoralisierte Härte überzeugen jedoch von Beginn an und versprechen spannende Handlungsstränge. Alles in allem zeigt sich die Besatzung in „Context is King“ von ihrer besten Seite. Die Träume und Visionen der Sternenflottenmitglieder sind auf der Discovery auch unter Kriegsbedingungen spüren. Das erzeugt Vorfreude auf weitere „Star Trek“ Abenteuer.

Die eigentliche Handlung ist sehr spannend und unterhaltsam inszeniert. Die Untersuchung der U.S.S. Glenn gerät zu einem Horrortrip erster Güte, in dem Burnham die Chance erhält, das Leben ihrer Crewmitglieder zu retten. Doch hinter der – wieder einmal hektischen, diesmal aber mit mehr Witzen garnierten – Unterhaltung steckt nicht viel. Am Ende der Episode wird zwar aufgeklärt, dass die Experimente einen neuen Treibstoff für die Sternenflotte erschaffen sollen. Auch bleibt das Ende der Folge bewusst offen, indem Captain Lorca aus unerfindlichen Gründen die größte Bedrohung de Glenn wissentlich an Bord der Discovery bringt. Doch einige Fragen bleiben unbeantwortet. Warum experimentiert man mit einem neuen Antrieb an der Nähe zur klingonischen Grenze? Wo ist das Schiff, das die Klingonen auf die U.S.S. Glenn gebracht hat? Warum ist ein hungriges Monster an Bord des Schiffes? Es ist kein Fehler der Episode, dass all diese Fragen erst in den folgenden Episoden beantwortet werden. Aber dass kein Protagonist – inklusive Burnham – diese Fragen nicht einmal aufwirft, erscheint gänzlich absurd. Auch auf dem Schiff gibt es Szenen ohne Zweck für die Handlung. Zum Beispiel gibt es einen kurzen Moment, indem Burnham als Gefangene (!) frei (!) in die Kantine für alle Besatzungsmitglieder der Discovery (!) geführt wird, nur um damit sie sich dort mit ihren Mitgefangenen (!), die ebenfalls Bewegungsfreiheit genießen (!) prügeln darf. Anstatt die Situation aufzulösen, wird sie schlicht zum Captain geführt – was sowieso geplant war. In solchen Momenten und in Verbindung mit der nicht vorhandenen Thematisierung offensichtlicher Fragen entsteht der Eindruck „Discovery“ gehe es in erster Linie darum Effekte und Action zu erzeugen, während Hintergründe außen vor gelassen werden.

„Context is for Kings“ ist der eigentliche Beginn der Serie und trotz der fehlenden Hintergründe überzeugt es auf ganzer Linie: Die Charaktere funktionieren, das Schiff ist beeindruckend. Zusammen mit den Forschungsaktivitäten der Discovery entsteht richtiges „Star Trek“-Feeling und das offene Ende, indem deutlich wird, dass Captain Lorca keineswegs nur der begeisterte aber harte Forscher ist, als der er sich gegenüber Burnham verkauft, erhöhen das Interesse an den kommenden Episoden. Angesichts des vielversprechenden neuen Antriebs ist es schade, dass Discovery zehn Jahre vor der Originalserie spielt. Da es dort und später solch einen Antrieb nicht gab, sind die Bemühungen vermutlich zum Scheitern verurteilt. Die Spannung liegt in der Unwissenheit, wie dieses Scheitern aussehen wird. Dasselbe gilt für die Antworten auf die oben beschriebenen, nicht gestellten Fragen. Nach gerade einmal drei Folgen weist „Discovery“ damit alles auf, was eine überzeugende „Star Trek“-Serie ausmacht: ein gutes Schiff, eine überzeugende Besatzung, komplexe Konfliktlinien und interessante Forschungsaspekte. Vor allem gelingt es „Context is for Kings“ wie den Vorgängern, diesen Mix auf unterhaltsame Art zu verbinden, sodass sich am Ende umgehend Vorfreude auf die Fortsetzung am kommenden Montag einstellt.

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