The Vulcan Hello / Battle at the Binary Star (Star Trek: Discovery)

Ungefähr 10 Jahre bevor Captain Kirk in der Originalserie mit der Enterprise zur letzten Grenze aufbrach, erforschte die U.S.S. Shenzhou unter Captain Georgieu diese bereits. Zu Beginn der Auftaktfolge „The Vulcan Hello“ versucht die Crew der Shenzhou herauszufinden, was mit einem Kommunikationssatelliten der Föderationen an der Grenze zum Klingonischen Imperium geschehen ist. Seit 100 Jahren hat die Föderation keinen direkten Kontakt mit den Klingonen mehr gehabt, daher wird zunächst von einem Defekt ausgegangen. Bald stellt sich jedoch heraus, dass der Satellit mutwillig zerstört wurde. Der erste Offizier der Shenzhou, Michael Burnham, geht einem unidentifizierten Signal nach und entdeckt einen riesigen klingonischen Raumkreuzer.   Von ihrem Ziehvater Sarek erfährt sie, dass Klingonen in erster Linie Zeichen der Stärker verstehen. Also versucht sie Captain Georgieu dazu zu überreden, auf die Klingonen zu feuern. Doch Sternenflottenprotokolle verbieten es, als Erste das Feuer zu eröffnen. Auf dem klingonischen Schiff schmiedet der fanatische T’Kuvma derweil einen Plan, wie ein Angriff auf die Sternenflotte das Imperium wieder vereinen könnte.

„Star Trek: Discovery“ überzeugt in den ersten zwei Episoden. Die Designs sehen gut aus und die Charaktere sind vielversprechend. Während die erste Szene zwischen Burnham und Georgieu noch ausgesprochen gestellt wirkt und in einer unnötig-kitschigen Situation endet, wirkt die Brückenbesatzung der U.S.S. Shenzhou tatsächlich wie ein seit Jahren gemeinsam operierendes Team. Auch in dem folgenden Konflikt zwischen der Sternenflotte und T’Kuvmas Klingonen agiert die Besatzung der U.S.S. Shenzhou überzeugend – sodass es beinahe schade ist, dass die Handlung ab der kommenden Episode auf die titelgebende U.S.S. Discovery schwenken wird. Letztlich liegt der Fokus neben der in der Serie keine Rolle mehr spielenden Georgieu nämlich lediglich auf zwei weiteren Charakteren, Burnham und dem Kelpien Saru. Das heißt, dass erst die kommenden Folgen Schlüsse über die Qualität der Serien-Besetzung zulassen werden.

Die ersten zwei Episoden bieten beeindruckende Kampfszenen. Die Weltraumaufnahmen sehen fantastisch aus, das dunkle Design der Shenzhou-Brücke gelingt es, Modernität mit Elementen der Originalserie zu verbinden. Wie in den Reboot-Kinofilmen ist der Mix verschiedener Stilelemente sehr überzeugend. Mehr als in der letztlich gescheiterten Serie „Enterprise“ gelingt es dem Design in „Discovery“ den Forschungsanspruch der Föderation zu spiegeln. Selbiges gilt für die Weltraumszenen: Alles sieht so überragend aus, dass man den Charakteren ihre Faszination für die Entdeckung des Unbekannten tatsächlich abnimmt. Insofern enthält „Discovery“ trotz der kriegerischen Handlung von Beginn an „Entdeckungselemente“.

Im Mittelpunkt der Handlung steht der beginnende Konflikt mit den Klingonen. Sie sehen wieder einmal anders aus als in den vorherigen Serien. Der Hauptantagonist ist der Anführer einer religiösen Sekte, die das Imperium wieder zu alter Ehre zurückführen und vereinen Möchte. Die Auseinandersetzung mit der Föderation ist dabei in erster Linie Mittel zum Zweck. Auffällig ist, dass Ehre in dieser Klingoneninterpretation ausschließlich Klingonen zusteht. Zwar gab es auch in vorherigen Serien Klingonen, die sich heimtückischer Angriffe bedient haben. Doch die Art wie T’Kuvma einen Admiral der Sternenflotte hier besiegt, würde den Klingonen der „The Next Generation“-Ära erschaudern lassen. Trotz allem: die neue Klingoneninterpretation bietet einen spannenden Antagonisten, der mit etwas Glück in den kommenden Episoden noch eine tiefgründigere Hintergrunderzählung erhält.

Für den weiteren Verlauf der Serie hängt genauso viel von den Hintergrunderzählungen der Charaktere wie von der kommenden Handlung ab. Während der Pilotfilm actionreich, spannend und durchweg unterhaltsam den Krieg mit den Klingonen einläutet, misslingt ihm jeder Versuch seine Protagonisten eine überzeugende Geschichte anzudichten. Vor allem Burnhams Verlust ihrer Eltern durch ein Bombardement der Klingonen, das nicht nur Abneigung gegenüber Klingonen auslöste, sondern sie auch in die Obhut ihres Ziehvaters Sarek brachte, weiß nicht zu überzeugen. Weder ist Sareks Rolle in den zwei Episoden besonders stark, noch wird dieses Trauma zu mehr benutzt als einem plötzlichen Meutereiversuchs Burnhams. Hier hätte man sich ein paar Minuten mehr Zeit nehmen können um grundlegende Verständnisschwierigkeiten (Klingonen seit 100 Jahren nicht gesehen, aber ein Bombardement ca. 25 Jahre zuvor) auszuräumen und Burnhams inneren Konflikt besser darzustellen.

Die Zeit gönnen sich die Episoden nicht: Für einen „Star Trek“-Pilotfilm legen sie ein hohes Tempo an den Tag, dessen Dialoge in der Regel auf flotte Sprüche reduziert sind. Das ist deutlich dynamischer als die meiste langwierigen Pilotfilme. Doch die setzten meist bereits das „Thema“ der Serie, von der Verteidigung humanistischer Werte im Angesicht des Unbekannten in „The Next Generation“ über die Versöhnungsarbeit und Entdeckungsdrang nach einem Bürgerkrieg in „Deep Space Nine“ bis hin zu der Entscheidung fern ab der Heimat die Erkundungsmission der Sternenflotte fortzuführen in „Voyager“. Lediglich „Enterprise“ wies neben der Originalserie keinen Piloten mit explizitem Thema auf (wenn man den später kaum ernsthaft verfolgten „Temporalen Kalten Krieg“ mal außen vor lässt). Und genau an diesem fehlenden Leitmotiv ist die Serie in den folgenden vier Staffeln dann gescheitert. Insofern bleibt zu hoffen, dass „Discovery“ in den kommenden Episoden ein Thema erhält, dass nicht nur dem Titel gerecht wird, sondern der Serie das noch notwendige Leitmotiv gibt.

Am Ende der Pilotepisoden ist Burnham dazu gezwungen, einen Märtyrer zu schaffen, den sie vorher unbedingt verhindern wollte. Im Anschluss ist ihre Zukunft angesichts ihrer Meuterei offen. Dieses offene Ende lässt den hohen Spannungsbogen der Episode nicht abreißen und bietet in Verbindung mit klingonischer Mythologie eine Reihe interessanter Entwicklungsmöglichkeiten für die Serie. Nach der dynamischen Erzählung eines spannenden Kriegsbeginn mit zwei starken Charakteren und einer Reihe möglicherweise interessanter Themen schaffen „The Vulcan Hello“ und „Battle at the Binary Star“ große Vorfreude auf mehr „Star Trek“ – in Verbindung mit der Hoffnung, dass das Potenzial für mehr Tiefgang nach diesem actionreichen Start stärker genutzt wird.

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