Im Jahr des Affen (ARD-Radiotatort)
|Bei Clausthal verunglückt ein Mountainbiker. Es handelt sich um Feng Li, den Sohn eines einflussreichen Bauinvestors. Die örtliche Polizei geht rasch von einem Unfall aus, doch am Tatort wird ein Seil gefunden. Die Tätergruppe ist schnell identifiziert: Es gab schon häufiger Spannungen zwischen Wanderern und Fahrradfahrern, der Konflikt scheint eskaliert zu sein. Bettina Breuer vom LKA Hamburg, die vor kurzem erst mit Feng Li bei einer Aussage gegen kriminelle Machenschaften in der Baubranche zusammengearbeitet hat, misstraut dieser Erklärung. Sie vermutet stattdessen einen Zusammenhang mit chinesischen Mafia-Banden. Während sie immer neue Facetten des Falls aufdeckt, versucht die örtliche Polizei alles, um die „Gängelung“ durch das LKA zu beenden.
„Im Jahr des Affen“ ist ein Hamburger Tatort ohne den kauzigen verdeckten Ermittler Jac Garthmann. Zuletzt hat Garthmann einen ganzen Fall alleine getragen ohne dass seine Chefin Bettina Breuer vor der Auflösung auftauchte. Jacs kauzige Art, seine schüchternen, naiven und dennoch pfiffigen Versuche aus nichtsahnenden Verdächtigen Indizien herauszupressen, waren ein Alleinstellungsmerkmal des Hamburger Radiotatorts. „Im Jahr des Affen“ zeigt jedoch, dass Bettina Breuer auch ohne ihren verdeckten Ermittler eine gute Figur machen kann.
Der Hauptkonflikt ist diesmal in der Mehrebenenstruktur der Polizei angesiedelt. Die örtlichen Kommissare mögen es gar nicht, dass ihnen eine LKA-Kommissarin auf die Finger guckt. Sie versuchen Bettina Breuer daher so schnell wie möglich wieder los zu werden. Die Zusammenarbeit gestaltet sich daher als äußerst schwierig. Erst eine Ermittlungspanne zeigt den Clausthaler Polizisten, dass sie gemeinsam wohl doch besser voran kämen als alleine. Die anfängliche Überheblichkeit der örtlichen Beamten ist sehr gut in Szene gesetzt und die anschließende Wende zur Zusammenarbeit ist ebenfalls sehr überzeugend.
Die Auflösung des Falls ist eher zufallsgetrieben: Eine „gute Tat“ Breuers – bei der sie der Freundin des Toten erlaubt, die Leiche gegen den Wunsch dessen Vaters noch einmal zu sehen – bringt eine neue, heiße Spur. Während man zunächst die chinesische Mafia oder eine rassistische Tat hinter dem Verbrechen vermutet, deutet sich rasch eine persönlichere Ursache für die Gewalttat an. Dies ist außerordentlich gut dargestellt. Vor allem das Milieu chinesischer Studierender an einer technischen Universität und ihr Leben zwischen europäischen und chinesischen Werten sind sehr gut inszeniert.
„Im Jahr des Affen“ ist somit ein atmosphärisch dichter und spannender Radiotatort, der mit einer komplexen Eifersuchtstat und einem gelungenen Polizeikonflikt unterhält und überzeugt.