Heliosphere 2265 – Gedanken zum 2. Zyklus
|Ende 2014 endete mit Band 24 „Endspiel – der letzte Schlüssel“ der zweite Zyklus der (elektronischen) Heftromanserie „Heliosphere 2265“. Andreas Suchaneks Serie um das Schicksal des Raumschiffes Hyperion und ihrer Crew beendete damit ihr zweites Jahr und begann das dritte. Nun, beinahe ein Jahr später, ist hier die letzte Rezension zu dem Zyklus erschienen. Bevor die Rezensionen mit dem dritten Zyklus am kommenden Mittwoch weitergehen, soll hier noch ein kleines Fazit zu dem Zyklus gezogen werden.
Der Beginn eines Krieges
Vor dem Ende des ersten Zyklus hat eine Gruppe von Rebellen es geschafft, sich im Almir-System vom jüngst errichteten Solaren Imperium unter Imperator Björn Sjöberg abzuspalten. Der erste Zyklus endete mit der Offenbarung, dass die Ereignisse um die Entstehung des Solaren Imperiums auf der Tätigkeit einiger Zeitreisender beruhen. Diese fanden einst eine unerklärliche Maschine, die ihnen das Reisen durch die Zeit ermöglichte. Einer von ihnen, Richard Meridian, war im Anschluss davon besessen, ein Imperium zu errichten. In seiner Zeitlinie scheiterte er mit seinen Ergebnissen, weswegen er in die Serienzeitlinie überwechselte und dort von Neuem begann. Die übrigen Zeitreisenden versuchen ihn mit ähnlich rabiaten Methoden aufzuhalten. Um mehr über die Hintergründe zu erfahren, wechselt die Hyperion in die erste Zeitlinie und versucht, den dunklen Wandler zu erreichen. Derweil gelangen durch den selben Zeittunnel Rebellen aus der Zukunft in die Serienzeit und machen den Gegenwartsrebellen das Leben und den Kampf gegen das Imperium schwer. Auch der Katerina-Bund, eine Gruppe von skrupellosen Assassinen, scheint es auf die Rebellion abgesehen zu haben und erpresst unter anderem Admiral Pendergast. In der Zukunft findet die Hyperion-Besatzung heraus, dass alle Ereignisse ein Plan der Ash’Gul’Kon sind. Unter der Originalmenschheit, vor Jahrtausenden, bildeten sich einst genetisch verbesserte Wesen heraus, die anschließend einen entsetzlichen Krieg vom Zaun brachen. Nur mit Mühe und Not konnten sie in ein Gefängnis gesperrt werden, das nur mit der Kombination aus genetischen Codes in fünf verschiedenen menschlichen Familien geöffnet werden kann. Richard Meridian sucht diese Genschlüsselträger, um die Ash’Gul’Kon aus ihrem Gefängnis zu befreien. Als es der Hyperion gelingt, in die Seriengegenwart zurückzukehren, ist es bereits zu spät. Das Imperium, die Zukunftsrebellen und die Rebellen in der nun gegründeten Solaren Republik haben sich gegenseitig bekämpft, während Meridian das Fundament für eine Entführung der Genschlüsselträger gelegt hat. Zwar versucht die Hyperion den Wahnsinnigen Meridian noch aufzuhalten, doch in einem Showdown – dem unter anderem Meridian und vermutlich auch Sjöberg zum Opfer fallen – gelingt es den Ash’Gul’Kon aus ihrem Gefängnis zu entkommen. Damit steht der Menschheit, Jahrtausende nachdem ihr erster Zweig quasi vernichtet wurde, ein weiterer Auslöschungskrieg bevor.
Ein Zyklus mit schwachen Charakteren und einem spannenden Ende
Diese Zusammenfassung ist arg knapp und beinhaltet vor allem die Erkenntnisse der letzten vier Bände des Zyklus. Der Hauptteil der Erzählung dreht sich um die Etablierung der Solaren Republik, einige kleine Charakterprobleme sowie die Suche der Hyperion nach dem Dunklen Wandler, wo sie sich die oben skizzierten Antworten erhofft. Dadurch wandert die Handlung immer zwischen zwei Zeitlinien hin und her. Das ist in einigen Punkten durchaus gelungen. Vor allem der Aufbau der Solaren Republik verharrt zwar in einigen Punkten in Klischees, ist aber weitestgehend überzeugend und realistisch dargestellt. Daher tut es dem Leser in der Seele weh, wie Suchanek die Rebellen in vielen Episoden mit immer neuen, tödlicheren Herausforderungen konfrontiert. Dies erhöht den Spannungsfaktor deutlich und kann über die langweilige Reise der Hyperion zum Dunklen Wandler hinwegtäuschen. Außerdem gelingt Suchanek das Ende sehr gut: Am Ende spitzen sich alle Entwicklungen und Enthüllungen tatsächlich zu einem äußerst spannenden Finale zusammen, der das Finale des ersten Zyklus um Längen übertrumpft.
Aber nicht alles ist gelungen. Wie schon erwähnt ist das ständige Wechseln zwischen zwei Zeitlinien äußerst ermüdend – vor allem da die Handlung in der alternativen Zukunftszeit nicht immer zu überzeugen weiß. Darüber hinaus bleiben die Charaktere getrieben. Sie werden von den Ereignissen mitgerissen und können nur in sehr wenigen Momenten die Initiative ergreifen und damit eigene Fähigkeiten zeigen. Stattdessen humpeln sie von einer Überraschung zur nächsten und können dabei froh sein, alles zu überleben. Das sorgt beim Leser nicht gerade dafür, sich mit den Protagonisten zu identifizieren. Darüber hinaus lässt Suchanek seine Figuren in diesem Zyklus häufig im Koma liegen, an sich selbst zerzweifeln oder in kleinen Depressionen zu fallen. Das mag am Anfang noch unterhaltsam sein, erscheint aber nach einigen Heften sehr ermüdend. Zumal alle neuen Wendungen ausschließlich von Externen Wesen, wie zum Beispiel einer alten Wächterin oder der Enthüllung eines weiteren Zeitreisenden eingeführt werden. Hier hätte man den Charakteren und Offizieren auf der Hyperion mehr zutrauen können. Denn diese externen Wendungen wirken – so plausible oder spannend ihre Informationen auch sein mögen – letztlich doch immer arg konstruiert. Am meisten wird das Lesevergnügen aber durch die Darstellung Richard Meridians und Imperator Björn Sjöbergs getrübt. Ersterer wird von einem Ash’Gul’Kon angeleitet. Daher ist es verständlich, dass er über die Jahrtausende einen Machtplan verwirklichte. Sjöbergs Darstellung ist aber unangenehm gewollt primitiv. Suchanek verwendet in Sjöbergs Aussagen ständig vulgäre Phrasen, dessen Verhalten ist absolut soziopathisch und im ganzen Zyklus gelingt ihm keine einzige Aktion, ohne dass sie Meridian in die Hände spielt. Es ist unbegreiflich, wie dieser Mensch sein Imperium zusammenhalten kann. Diesen Beiden Bösewichten nimmt man zu keinem Zeitpunkt ab, dass sie auf Dauer eine Gefahr sind. Dass die Rebellen ihnen trotzdem hinterherhinken liegt ausschließlich an den Plänen der Ash’Gul’Kon. Das ist schade, erfährt man über die doch erst spät und wundert sich zuvor über die Dummheit der Antagonisten. Außerdem würden „Heliosphäre 2265“ ein paar würdige menschliche Gegenspieler gut tun.
Die Zuspitzung der Handlung in den letzten Bänden führt trotzdem zu einem gelungenen Leseerlebnis. Überraschenderweise sticht dabei vor allem eine Nebenhandlung heraus, in der der ehemalige Präsidentschaftskandidat John Kartess dem Ketaria-Bund hinterher spioniert. Erstmals im Zyklus erfährt man hier etwas über die Randwelten der Menschheit in „Heliosphere 2265“. Nach vielen Diskussionen zwischen Raumschiffoffizieren, Admirälen und Politikern kommt dabei erstmals im Zyklus so etwas wie Faszination für die von Suchanek geschaffene Welt auf. Dies macht deutlich, dass die meistens überzeugende Makro-Ebene der Handlung häufiger durch Erzählungen auf der Mikro-Ebene ergänzt werden müsste. Denn das „Heliosphere 2265“-Universum bietet viele beeindruckende und fesselnde Orte und Gesellschaften, von denen man aufgrund der dichten Handlung (und der langatmigen Zukunftshandlung) jedoch nichts erfährt. Dies liegt daran, dass es keine unnötigen Füllromane im negativen Sinne à la Perry Rhodan gibt. Aber es gibt eben auch keine dicht erzählten, spannenden Einzelromane, die mit der Haupthandlung nichts (oder wenig) zu tun haben, wie zum Beispiel in Maddrax.
Fazit: Konstruierte Spannung
Der zweite „Heliosphere 2265“-Zyklus überzeugt mit einem gut konstruierten Aufbau, der zwar in der ersten Hälfte viele unterdurchschnittliche Episoden präsentiert aber am Ende ein spannendes und durchdachtes Finale des Zyklus präsentiert. Das Ende macht mit einer sehr dichten Handlungen und kleinen Einblicken in den „dreckigen“ Alltag einer Gegenden des „Heliosphere 2265“-Universums Lust auf den dritten Zyklus, in dem hoffentlich neben einem galaktischen Krieg auch kleinere Erzählungen, die die vielen Facetten des „Heliosphere 2265“-Universum betonen, ihren Platz finden.