Wer sich umdreht oder lacht…

Quelle: ARD

Ein alte Frau stürzt die Treppe hinunter und stirbt. Ein mysteriöser Anrufer weist die Polizei darauf hin. Der Unfall wird zur Kenntnis genommen, alles scheint ein Routinefall zu sein. Doch dann meldet sich eine junge Jura-Studentin bei Staatsanwalt Gröninger. Sie ist die Tochter der Toten und behauptet, ihr Bruder hätte ihre Mutter getötet. Und nun sei er hinter ihr her…

Der Juni-Radiotatort wirkt weitaus realistischer als der Tatort aus dem Mai. Das liegt in erster Linie daran, dass der Tatort außerhalb von Opergebäuden spielt und eher bodenständige Settings hat, die sich auch in einem Hörspiel gut darstellen lassen.

Auffallend ist in erster Linie der schüchterne und verunsicherte Staatsanwalt Gröninger. Er scheint Aufmerksamkeit nicht gewohnt zu sein. Katharina Pleve, die Tochter der Toten, kann ihn leicht um den Finger wickeln. Er stößt die Ermittlungen erst wirklich an, obwohl das nicht in seinem Kompetenzbereich liegt. Dabei deutet zunächst alles auf den Bruder als Mörder, was in Krimis in der Regel ja ein Zeichen dafür ist, dass der Bruder unschuldig ist.

Tatsächlich wartet der Radiotatort mit einer beinahe unvorhergesehenen Wendung auf. Doch das Gelungenste an dem Hörspiel ist, dass man die Position der drei Hauptakteure Gröninger und der Geschwister Pleve nie genau einschätzen kann. Zunächst wirkt alles klar, werden Gröninger und Katharina Pleve doch als intelligente, gebildete Menschen dagestellt, die über Rechtsfälle diskutieren. Im Verlauf des Hörspiels werden jedoch für beide Charaktere Zweifel an ihrer Integrität aufgebaut. Katharina Pleve entwickelt sich zur eifersüchtigen und rachsüchtigen Stalkerin, während es zuletzt gar so aussieht, als hätte der brave Gröninger Katharina Pleve etwas angetan.

Gerade das ungeschickte Verhalten des eigentlich so integren Staatsanwalt Gröninger macht das Hörspiel etwas spannend. Dabei ist die Betroffenheit, die Kommissarin Evernich befällt, als Gröninger ins Visier der Ermittlungen gerät, sehr gut inszeniert. Sie scheint an seine Unschuld zu glauben, muss aber Fakten veröffentlichen, die ihn belasten. Das macht ihr zu schaffen und das wird in dem Stück gut vermittelt.

Die Auflösung ist sowohl gut als auch schlecht. Gut, weil die Motive Katharina Pleves aufgeklärt werden. Das geschieht sogar auf etwas überraschende Art und Weise. Schlecht ist das Ende, weil nicht genau geklärt wird, ob es sich bei dem „Grundfall“ nun um Mord handelte oder nicht. Dafür fehlte dem Hörspiel vermutlich einfach die Zeit. Es ist zwar schön, dass man zum Schluss noch etwas spekulieren kann, schöner wäre es aber, dass Hörspiel wäre zu einem kompletten Ende gebracht worden.

Noch kann man sich den Juni-Radiotatort auf der ARD-Seite herunterladen.

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