Don Carlos (am Thalia Theater in Hamburg)
|Don Carlos ist der einzige Sohn König Philip II. und ist in seine Stiefmutter verliebt. Die war ursprünglich ihm zugesprochen, doch der König nahm sie sich lieber selbst zur Frau. Carlos ist außer sich und kann sich kaum noch beherrschen. Da trifft ein altere Freund von ihm, der Marquis von Posa ein und verspricht ihm zu helfen. Dem Humanisten Posa geht es aber eigentlich um die Befreiung Flanderns. Unglücklicherweise ist die Prinzessin von Eboli in Carlos verliebt und reagiert auf dessen Zurückweisung außerordentlich zornig. Da Philip II. ein eifersüchtiger Ehemann ist, ist es Carlos Gegnern am Hofe ein Leichtes, eine Intrige gegen den Thronfolger zu planen. Posa verheddert sich in einer Gegenintrige, die Carlos auch nicht mehr retten kann.
„Don Carlos“ ist Schillers umfangreichstes Drama und somit dauert es auch lange, es über die Bühne zu bringen. Dreieinhalb Stunden dauert das Stück am Thalia Theater in Hamburg und es ist eine Leistung, das das Stück dennoch nicht langweilt.
Natürlich wurde am Stück einiges gekürzt. Das Ende ist etwas abrupt und im Mittelteil fehlen historische Ungenauigkeiten wie Schillers Erwähnung der Niederlage der spanischen Armada. Das sind zumindest die beiden Stellen aus der Lektüre, an die ich mich noch erinnern konnte und die in der Inszenierung gefehlt haben. Große Abstriche muss man aber nicht machen.
Die Inszenierung nutzt eine Drehbühne, die vier verschiedene Räume zulässt, die je nach Szene größer oder kleiner werden können. Das wird dadurch erreicht, dass die Bühne aus drei ineinander verschachtelten Drehelementen besteht, sodass Wände sowohl zusammenstehend als auch versetzt präsentiert werden können. Die Installation ist beeindruckend und sorgt für viel Dynamik im Stück.
Das Stück bindet eine Reihe von Medien mit ein. Gleich zu Beginn wird eine Szene durch eine Kamera übertragen. Auch zwischendurch werden Bilder an die Wand geworfen. Zwei Mal ist das etwas misslungen. Ein Brief, mit dem sich der Maquis von Posa als vermeintlicher Verräter ausgibt, um Carlos zu retten, ist durch die versetzte Lage der Wände, auf die er geworfen wird, für einen Teil des Publikums jeweils nur zur Hälfte lesbar. Zu Beginn wird ein regierungskritischer Text von Julian Assange projiziert, der entfernt zur Aussage des Stückes passt. Dennoch fragt man sich, ob Julian Assange in einem Schiller Drama auftauchen muss.
Leider strotzt das Stück auch vor sexuellen Themen und Andeutungen, die man sich hätte sparen können. Natürlich ist das Grundthema auch in Schillers Stück das Verlangen Don Carlos‘ nach seiner Stiefmutter. Die Inszenierung baut eine Vergewaltigung Ebolis durch Posa ein, die zwar vielleicht dessen Abkehr von „reinen, tugendhaften“ Motien verdeutlicht, aber nicht notwendig ist. Außerdem lässt man Elisabeth und Eboli noch kurz vorm Schluss eine homosexuelle Szene durchleben, auch das bringt dem Stück kaum etwas. Ob der Regisseur durch diese zwei Szenen und zahlreiche weitere Andeutungen die unterdrückten Verlange der Charaktere andeuten möchte, wird nicht ganz klär. Wäre aber auch irgendwie unnötig.
Gelungen ist der merkwürdig, lockere Umgangston zwischen Posa und Carlos. Posa ist weitaus harscher und unfreundlicher zu Carlos, als es beim Lesen des Stückes wirkte. Das macht dafür deutlich, wie sehr Posa an der Situation in Flandern leidet. Dass Carlos dabei hauptsächlich an seine Stiefmutter denkt, gefällt ihm nicht. Außerdem schwankt die Unterhaltung immer mal wieder ins authentisch, umgangspraliche ab, was sich von den sonstigen Dialogen, die sich an Schillers Text orientieren, unterscheidet.
Posa sorgt zudem dafür, dass die eigentlich erdrückend tragische Handlung etwas aufgelockert wird. Sein Schauspieler hat einen schnoddrigen Ton, der ein wenig an den SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach erinnert und der viel Ironie und Sarkasmus bedient. Das ist ein guter Einfall, schließlich muss ein Mensch, mit den Ideen eines Posas, sich in solchen Verhältnissen in Sarkasmus flüchten. Dadurch wird auch die zentrale Szene, in der Posa Philip seine Weltanschauung vorträgt und die bei weitem die längste Szene im Stück ist, relativ locker, obwohl Posa lange Zeit am Stück redet.
Herzog Alba und Domingo, der Beichtvater des Königs, wirken im Stück zwar böse, aber etwas schwach. Zu keinem Zeitpunkt haben sie die Lage wirklich unter Kontrolle, immer wieder geraten sie in Panik. Sie geben zwar den Anstoß für die dramatischen Ereignisse, ohne Eboli wären sie aber aufgeschmissen gewesen. Gelungen ist jedoch, dass Domingo immer wieder beim Lauschen gezeigt wird. Dabei sieht man meist nur einen Finger und seine Kette, was deutlich macht, mit welchen Methoden die Kirche vorgeht.
Das Ende ist -wie schon erwähnt – etwas knapper als im Text. Das hat den Nachtteil, das eine Schwäche des Stückes noch deutlicher wird. Zum Schluss ist Philip kurz davor Carlos gehen zu lassen, weil Posa so freimütig für ihn gestorben ist. Auf einmal taucht der Großinquisitor auf, beschuldigt Philip der Schwäche, weil er an die Menschlichkeit glaubt, und wirft ihm vor, dass der die Inquisition von Anfang an hätte mit einbeziehen müssen. Philip gibt nach, der Inquisitor erschießt Carlos und Elisabeth. Im Dramentext werden die beiden nach einem Gespräch lediglich erst einmal ausgeliefert. Das Schiller den Einfluss der Inquisition zum Schluss noch einmal deutlich macht, ist eine interessante Kritik an den damaligen Verhältnissen in Spanien. Dennoch wirkt das Ende wie eine Art klassische Verschwörungstheorie, da es etwas plötzlich kommt. Das wird durch das knappere Ende noch verstärkt.
„Don Carlos“ ist ein langes, aber bewegendes Stück, das im Thalia-Theater gut inszeniert ist und nur mit den zur Zeit ja im Trend liegenden überbordenden sexuellen Anspielungen nervt. Ansonsten zeigt es, wie Liebe, Kommunikationsdefizite und ein Hauch von Größenwahn an einem spanischen Hof (und nicht nur dort) für viel Verderben sorgen können.
Den Verfasser der „Gedankenecke“ will ich erreichen, nicht zu einem bestimmten Text, sondern allgemein als blogger. Ich bin neu auf diesem Gebiet und versuche mich zu orientieren. In der Gedankenecke sehe ich jemanden, dem es nicht um Dialog geht, sondern darum, sich selbst mitzuteilen, ohne Antwort auf seine Mitteilungen zu erwarten. Sehe ich das richtig? Sind alle blogger so? Wo findet mann da Dialog?
Freundliche Grüsse!
Es heißt, am Bloggen sind die Kommentare, also der Dialog das wichtigste.
Ich blogge seit beinahe drei Jahren, seit Februar diesen Jahres habe ich einen Blog. Und zwar nicht, weil mir mein alter (der übrigens weiter läuft) nicht mehr gefällt, sondern weil hier jeder Kommentare schreiben kann, ohne sich registrieren zu müssen.
Das hat mich schon seit langem gestört, ich schob es auf die Registrierungspflicht. Insofern würde ich mich über Dialog über meine Artikel sehr freuen.
Dementsprechend sehe ich mich nicht, als jemand, dem es in erster Linie darum geht, sich selbst mitzuteilen. Allerdings habe ich etwas mitzuteilen, deswegen schreibe ich den Blog auch. Darüber diskutieren schadet aber nicht.
Einige meiner Artikel erscheinen ja auch auf anderen Seiten. Dort entwickeln sich zum Teil richtige Diskussionen. Ich greife immer dann ein, wenn ich etwas hinzuzufügen hat.
Du sagst ja, Du bist neu im Bloggen: In meinem Sinn bietet ein gutes Blog auch gute Texte, aber ein richtig gutes Blog sorgt für Diskussionen. Ich hoffe, den ersten Teil schaffe ich, für den zweiten habe ich entweder zu wenig Leser oder aber nicht die richtigen Artikel.
Mir ist aber das wichtigste, dass ich Spaß am Schreiben habe. Auf meinem alten Blog kommentierte ein Blogger mal: „solange der schwachsinn glücklich macht, nur weiter, immer weiter“.
Es sind also keinesfalls alle Blogger nur daran interessiert „sich selbst mitzuteilen, ohne Antwort auf seine Mitteilungen zu erwarten“ und ich hoffe, ich bin es auch nicht, obwohld er Eindruck zumindest bei Dir so scheint. Bei mir ist das Problem einfach, dass ich keine Antworten bekomme.
Es gibt zudem einen gewissen Unterschied zwischen „Themen-Blogs“ und „Personal-Blogs“. Zweiteres bedeutet, dass man einfach aus seinem Leben bloggt. Das empfinde ich als weitaus selbstmitteiliger, als das, was ich mache, wobei – wie gesagt – vermutlich niemand Blogger ohne Selbstmitteilungsdrang wird.
Dialog findet man meist auf größeren, vielbesuchten Blogs. Für Netzpolitik ist zum Beispiel netzpolitik.org eine Anlaufstelle, bei der jeder Beitrag eigentlich mindestens sieben Mal kommentiert wird. So wie den gibt es eigentlich in jedem Themengebiet einen „großen“ Blog auf dem viel diskutiert wird und mehrere kleine auf denen es dann halt leider meist anders aussieht.
Du bist neu auf dem Feld des bloggens? Was interessiert Dich denn? Nur zu lesen (dann hättest Du den Kommentar ja nicht geschrieben), selbst zu schreiben oder zu kommentieren?
Übrigens: Zumindest auf den Blogs, auf denen ich mich herumtreibe, wird sich meist gedutzt. Sollte das stören, kann ich das gerne ändern.