Die Kathedrale des Meeres (von Ildefonso Falcones)
|„Die Kathedrale des Meeres“ unterscheidet sich von anderen historischen Romanen in erster Linie dadurch, dass der Hauptcharakter so viel erreichen kann. Im Laufe des Romans ist Arnau Steineschlepper, Soldat, Geldwechsler, Händler, Seekonsul, Kriegsheld, Baron und Gefangener der Inqusition. Bei anderen historischen Romanen bleiben die Charaktere meist in einem Stand haften, während es Arnau in Falcones Werk gelingt, zwischen den Ständen hin- und herzuspringen, dass einem schwindlig wird.
Ildefonso Falcones ist Jurist und hat sich wohl ausführlicher mit der Rechtsgeschichte Kataloniens und vor allem Barcelonas beschäftigt. Das merkt man dem Roman durchaus an. Denn an vielen Stellen wird viel wert darauf gelegt, dass Rechtsvorschriften erklärt werden. Da der Autor als Jurist ausgegeben wird, haben diese wohl auch Hand und Fuß. Das macht das Buch zu einer Abwechslung zu „gewöhnlichen“ historischen Romanen, da hier doch überraschende Rechtsgrundsätze an den Tag kommen.
Die Charaktere bleiben aber leider ziemlich farblos. Es gibt entweder extrem gute Charaktere (Arnau, Juden, Steinträger und einfaches Volk) oder extrem böse Charaktere (Inquisition, Adlige, machthungrige Händler). Die einzige Schattierung bringt Arnaus Adoptivbruder Joan in den Roman, das war es aber auch. Selbstverständlich kann man sich mit Arnau trotz seiner wenigen Fehlentscheidungen ganz gut identifizieren, aber im Verlauf des Romanes fällt noch stärker als bei den mitreißenden Gablé-Romanen auf, wie einseitig viele Charaktere sind.
Dazu kommt noch, dass der Roman nur wenig Spannung aufbaut. Er lässt sich gut lesen und ein vernünftiger Lesefluss ist vorhanden. Aber man ist nie wirklich besorgt um die Charaktere. Das liegt daran, dass Arnau von Anfang an zu viele Freunde und Unterstützer hat und vor allem daran dass brenzlige Situationen viel zu schnell entschärft werden. So kommt es auf den 600 Seiten zu sehr vielen brenzligen Situationen und das zieht nach einer Weile einfach nicht mehr richtig. Daher kann man sich bei dem „dramatischen Höhepunkt“ des Romans auch relativ schnell erschließen, wie Arnau aus dieser Situation herauskommt.
Der Titel des Romans bezieht sich auf den Bau einer Marienkirche in Barcelona. Auf sie wird immer wieder zurückgegriffen, aber sie spielt bei weitem keine so große Rolle wie die Kathedrale in „Die Säulen der Erde“.
„Die Kathedrale des Meeres“ schafft ein lebendiges Barcelona, mit guten und bösen Menschen und stellt die damalige Rechtssituation unterhaltsam dar. Dafür mangelt es an realistischen Charakteren und an Spannung.