Piraten, Piraten und Cairanische Diplomatie (Perry Rhodan 3021-24)
|Die Galaxis hat sich verändert und Perry Rhodan vergessen. Doch nun ist er nach 500 Jahren Abwesenheit zurückgekehrt und muss feststellen, dass die Erde verschwunden ist und die mysteriösen Cairaner die Völker der Milchstraße mit brutalen Methoden zum Frieden zwingen. Während sein Freund Atlan die RAS TSCHUBAI repariert, versucht Rhodan zu ergründen, was in der Milchstraße geschehen ist. Dafür ist er mit der Hilfe von Bull – dem Residenten der Reste der einst so mächtigen Liga Freier Terraner – in das Sonnensystem vorgestoßen. Wo sich einst die Erde befand, ist nun eine täuschend echte, von den Ayee bevölkerte und von den Cairanern bewachte Welt Iya.
Band 3021: Eyshus Geschenk (von Leo Lukas) Rhodan und seine Begleiter sind ganz knapp vor den Cairanern beim Orakel der Ayee angekommen. Rhodan hat in der vorherigen Episode erfahren, dass sich NATHANS Tochter YLA hinter dem Orakel verbirgt. Die künstliche Intelligenz wird jedoch von irgendeiner unbekannten Kraft kontrolliert. Bevor die Cairaner ankommen, muss Rhodan dies aufklären. Dies gelingt in durchaus spannender Manier, denn Rhodan muss sich dabei mit patroullierenden Cairanern sowie einer Intrige im Gefolge der Anführerin der Ayee auseinandersetzen. Das ist temporeich geschrieben und sehr spannend zu lesen. Zum Ende der Folge erhalten Rhodan und seine Begleiter einen Teil eines Thesanit-Gehirns. Mit etwas Glück, kann sich Zemina Path, ebenfals Thesanitin, das Fragment einsetzen und dadurch ihre geraubten Erinnerungen wiedererlangen. Da die Thesanit irgendwie mit dem Verschwinden der Erde zu tun haben, könnte dies wichtige Hinweise liefern. Für die Gesamthandlung liefert der Abschluss der Handlung auf Iya also keine bahnbrechenden Informationen. Das ist angesichts eines der temporeichsten und unterhaltsamsten Romane aber verzeihlich.
Band 3022: Bulls großes Spiel (von Michael Marcu Thurner) Während Perry Iya erkundet, muss Resident Bull die Cairaner hinhalten. Da die Cairaner eine Falle wittern, gestaltet sich dies als schwierig. Bull gelingt es jedoch den Stolz seines diplomatischen Gegenübers Zunurudses zu verletzen, sodass er zu einem cairanischen Äquivalent zu Schach herausgefordert wird. Beide Seiten setzen einen hohen Einsatz ein. Während Bull die Erfahrung seines tausende Jahre währenden Lebens einsetzt, um das komplexe Strategiespiel mit immer neuen Regierungsszenarien Stück für Stück zu meistern, versucht einer seiner Agenten die Computerkerne der Cairaner zu infiltrieren. Wie der Vorgänger erlangt „Bulls großes Spiel“ dadurch einen klitzekleinen Handlungsfortschritt: Die Terraner erfahren, aus welcher Galaxis die Cairaner stammen. Das ist erst einmal recht belanglos. Bulls geschicktes Vorgehen, seine Stärken in Spielpunkte zu verwandeln, ist jedoch recht unterhaltsam und die verschiedenen Szenarien des Spiels wissen zu überzeugen. Wenn man die Vorstellung, dass sich Diplomaten so unprofessionell verhalten, akzeptieren kann, ist „Bulls großes Spiel“ dadurch zumindest eine kurzweilige Lektüre.
Band 3023: Der On-Pirat (von Michael Marcus Thurner) In der Zwischenzeit haben Atlan, Gucky und die Besatzung der RAS TSCHUBAI das Schiff reparieren lassen. Auf dem Weg zu dem gemeinsamen Treffpunkt mit Rhodan und der BJO BREISKOLL werden sie jedoch von On-Piraten überfallen. Durch einen On-Legat wird ein Großteil der Besatzung paralysiert. Die On-Piraten bieten auf zynische Art ihre Hilfe an, im Austausch gegen wertvolle Gegenstände. Atlan und Gucky entscheiden sich dafür, dass eine gute Offensive die beste Verteidigung ist und bringen Chaos in die Kolonie der On-Piraten, was am Ende zu einer gütlichen Einigung führt. Die Konzentration an Piraten in dem „Mythos“-Zyklus ist ausgesprochen hoch. Die Idee, dass eines der terranischen Schiffe mal wieder an- bzw. aufgegriffen wird, wirkt bereits zu diesem frühen Zeitpunkt abgenutzt. Und dennoch gelingt es Thurner in „Der On-Pirat“ einen der stärkeren Bände dieses Zyklus vorzulegen. Das liegt daran, dass er die Stärken von „Eyshus Geschenk“ (temporeiche und spannende Handlung) sowie von „Bulls großes Spiel“ (kurzweilige und lockere Handlung) miteinander verbindet: Während die Infiltration der On-Piraten-Basis höchstspannend ist, macht die aufgesetzte Art der On-Piraten den Band recht amüsant. Darüber vergisst man, dass hier handlungsmäßig weder bahnbrechendes passiert, noch neue Informationen geliefert werden.
Band 3024: Der Geist von Hellgate (von Verena Themsen) Im Orbit von Hellgate treffen Atlan und Rhodan wieder aufeinander. Gemeinsam planen sie eine Mission in die Heimatgalaxis der Cairaner. Da diese sehr weit entfernt ist, muss die RAS TSCHUBAI aufgerüstet werden. Dies soll eine mobile Werft der Liga Freier Galaktiker mit dem Namen HEPHAISTOS vollbringen. Doch im Umfeld der Liga gibt es zunehmend Tendenzen, dass sich galaktische Völker lieber selbst organisieren möchten bzw. unter den Friedensschirm der Cairaner schlüpfen wollen. Darunter sind auch die einst im Schatten der Arkoniden stehenden Naat, von denen ein Teil unter dem Namen Naatsche Freischaren und unter dem Vorwand einer Unabhängigkeitsbewegung der Piraterie verfallen ist. Sie haben einige Besatzungsmitglieder der HEPHAISTOS davon überzeugt, bei einer Meuterei mitzumachen, mit deren Hilfe die Werft unblutig in die Hände der Freiheitsbewegungen fallen soll. Dabei haben die Piraten ihre Rechnung jedoch ohne Rhodan, Atlan und Gucky gemacht, die die Pläne energisch durchkreutzen. Diese Episode wirft mehrere Fragen auf. Zunächst erscheint es einmal mehr als habe der Zyklus kein durchgeplantes Konzept oder als fehle die Kommunikation zwischen den Autoren. Warum gibt es zwei Piratengeschichten in Folge? Und wie kann es sein, dass Rhodan in dem Parlament der Liga öffentlich (!) eine Rede gehalten hat, dies aber auf wichtigen Schiffen der Liga nicht rezipiert wurde und Rhodan somit unerkannt bleiben kann? Das wirkt alles undurchdacht. Interessanter sind hingegen die politischen Hintergründ, die in dieser Folge thematisiert werden. Scheinbar sind die Cairaner für einige Völker, vor allem solche, die erst jüngst interstellare Raumfahrt entwickelt haben, durchaus interessant. Zwar wird jede Gewalttat mit Verbannung und Folter bestraft, doch gleichzeitig stärkt diese Politik unterentwickelte und kleine Reiche gegenüber großen und mächtigen. Ironischerweise macht dies die Milchstraße zu einem Ort mit mehr anstatt weniger Konflikten. Dieser interessante Gegensatz bleibt jedoch im Raum stehen, während man sich wünschen würde, mehr über die verschiedenen Fraktionen zu erfahren, bleibt hier nur eine recht oberflächliche Piratengeschichte zusammen mit einer mehr oder weniger heroischen Selbstopferung eines der Verschwörers zurück. Nun wird sich die Handlung wohl darauf konzentrieren, dass die RAS TSCHUBAI in die Heimatgalaxis der Cairaner reist, dabei zeigt der Hintergrund dieser Episode, dass die Milchstraße durchaus noch spannendere Facetten zu bieten hätte, als der „Mythos“-Zyklus bisher gezeigt hat.
Trotz des schwächelnden Endes dieses Viererblocks sind die Bände 3021 bis 24 eine weitere Qualitätssteigerung. Die Handlung des Zyklus wird zwar nicht besser, auch bleiben die Ereignisse relativ belanglos. Aber die einzelnen Geschichten sind stärker: Mal fesseln sie wie der Abschluss der Iya-Handlung, mal unterhalten sie wie Bulls Geplänkel mit Zunurudse. Am Überraschendsten ist es aber, dass eine eigentlich abgenutzte Piraten-Handlung in „Der On-Pirat“ spannend, kurzweilig und unterhaltsam inszeniert wird. Da der Leser dadurch in drei von vier Bänden recht anständig unterhalten wird, fällt es kaum auf, dass auf Iya kaum etwas Nennenswertes gefunden wurde. Die einzige Erkenntnis, die Heimatgalaxis der Cairaner wird wohl für eine Weile einen radikalen Ortswechsel mit sich bringen. Das könnte die Chance bieten, etwas Schwung in die langsame und langatmige Handlung des Zyklus zu bringen. Gleichzeitig fühlt es sich aber an, als hätten die Ereignisse in der Milchstraße gerade ein wenig Fahrt aufgenommen – nur um nun mit den Vorbereitungen für einen Flug in eine andere Galaxis gleich wieder abgewürgt zu werden. Die nächsten Bände werden zeigen, welche Perspektive von den Expokraten der Serie realisiert wird.