Im Rausch der Sinne (von Stefan Hensch)

In den 1960er-Jahren in einer Parallelwelt steht Thomas Learys Karriere vor dem Abgrund. Die Forschung des Psychologen versucht, die geistigen Kräfte des Menschen durch LSD zu erweitern. Doch die Regierung hat LSD verboten und Leary seiner Lebensgrundlage beraubt.  Während Leary in Lethargie versinkt, sucht seine Lebensgefährtin Maxine in Mexiko nach einer Alternative – und wird in dem Wirkstoff MDT fündig. Die Droge beschleunigt den menschlichen Denkprozess enorm. Doch scheinen auf Phasen der Produktivitätssteigerung lange Phasen des Ausgebranntseins zu folgen. Kann Leary es vertreten, die Droge im Umlauf zu lassen? Die Frage wird um so drängender als Smythe Senior die Droge für sich erkennt und nutzbar machen möchte und Learys Arbeitsort das Opfer einer der plötzlich auftretenden Dimensionsverschiebungen wird. Auf diese Weise müssen sich Matt und seine Gefährten nicht nur mit Drogenopfern, sondern auch mit dem Vater seines Erzfeindes auseinandersetzen.

„Im Rausch der Sinne“ greift mit der Drogensucht ein ernstes Thema auf. Das Heft verdeutlicht, die Euphorie zu Beginn eines neuen Wirkstoffes und die Tragödie, die von allen Drogen langfristig ausgeht. Die Geschichte geht dabei zu keinem Zeitpunkt auf Menschen ein, die aus Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit der Drogensucht verfallen. Stattdessen erlebt der Leser hier zunächst einmal übereifrige Forscher, denen der menschliche Körper und seine Fähigkeiten nicht genug sind. Der Drang der Selbstoptimierung führt sie zu immer weiteren Drogenexperimenten, ohne dass sie die Folgen richtig abschätzen können. Diese Idealisten glauben zum Wohl der gesamten Menschheit zu handeln, auch wenn sie langfristig vor allem Schaden anrichten. Daneben treten bald Egozentriker wie Symthe auf den Plan. Sie suchen ebenfalls nach Selbstoptimierung. Die Menschheit haben sie dabei jedoch nicht im Sinn, sondern vor allem ihre eigene Karriere. Und zuletzt tauchen zwischen den Idealisten und Egozentrikern ahnungslose, naive junge Menschen auf, die sich von beiden Seiten beeinflussen lassen und nicht einmal ohne Drogen die Kraft haben, sich kritisch mit ihrem Tun auseinanderzusetzen. Dadurch verfallen sie den Drogen relativ rasch. „Im Rausch der Sinne“ bringt dieses Spannungsfeld spannend zum Leben.

Der überschwinglich optimistische Elan Thomas und Maxines trägt das Heft. Maxine wird bereits in Mexiko davor gewarnt, dass der Wirkstoff gefährliche Nebenwirkungen hat. Daher ist das Risiko durchgängig bekannt. Ein Großteil der Spannung entsteht dadurch, dass nie klar ist, wie verantwortlich Thomas in seiner Forschung handelt. Sein Drang, die Menschheit voran und zu anderen Planeten zu bringen, ist so groß, dass er Nebenwirkungen gerne ignoriert und wegdiskutiert. Ab einem gewissne Punkt ist das mit MDT jedoch nicht mehr möglich, die Nutzer der Droge werden zu lebenden Zombies. Die Frage, ob Thomas das rechtzeitig erkennt, erzeugt dank dem erfolgreichen Sympathieaufbau für die Forschung ein gutes Maß an Spannung. Gleichzeitig tritt Smythes Vater auf das Spielfeld und stellt sich als genau so großer Unmensch wie sein Sohn heraus. Es ist absehbar, dass es zu einem Showdown zwischen Matt und Smythe Senior kommen muss. Unklar ist aber natürlich immer, ob Smythe Senior es dauerhaft in die post-apokalyptische Welt schaffen wird. Hensch spielt überzeugend mit der Möglichkeit, dass Smythe sich dauerhaft in unserer Dimension etablieren kann und sorgt für einen actionreichen Höhepunkt.

„Im Rausch der Sinne“ präsentiert ein weiteres in sich abgeschlossenes Abenteuer in einer Parallelwelt. Die vorherigen Begegnungen mit anderen Dimensionen lebten vor allem von der Andersartigkeit der Parallelgesellschaften. Dieses Heft wiederum lebt vor allem davon, wie ähnlich die Bewegungn Thomas Learys freiheitsbewegten Gruppen der 1960er unserer Zeit ist, aber auch wissenschaftlichen Diskursen, die tatsächlich glaubten, den Menschen möglichst bald an die Anforderungen des Weltraums anpassen zu müssen. Dadurch wirkt diese Welt, deren einziger Unterschied in einem Wirktstoff besteht, den es bei uns nicht gibt, ganz besonders eindringlich. Das führt zu einem spannenden und kurzweiligen Heft, das eine angenehme Atempause bietet, bevor es in zwei Wochen wieder auf die Jagd nach den „Kriegern des Lichts“ geht.

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