This is How You Lose the Time War (von Amal El-Mohtar und Max Gladstone)

Red und Blue kämpfen auf zwei unterschiedlichen Seiten in einem Zeitkrieg. Red dient der „Agency“, einem technokratischen Reich der Zukunft, während Blue auf der Seite „Gardens“, eine biotechnischen Zivilisation, kämpft. Beide Agentinnen reisen durch die Zeit, immer darauf bedacht die Zeitlinie im Sinne ihrer Fraktion zu manipulieren. Eines Tages findet Red einen Brief von Blue, mit der Aufforderung diesen vor dem Lesen zu zerstören. Obwohl sie erwarten muss, dass Blue ihr eine Falle stellt, liest sie den Text nicht nur, sondern antwortet Blue sogar. Während die beiden Agentinnen zunächst nur über die jeweils andere frotzeln, entwickelt sich bald eine innige Beziehung zwischen ihnen. Je mehr sie miteinander verstrickt sind, desto größer ist jedoch die Gefahr, dass ihre Vorgesetzten von ihrer Beziehung erfahren und ihr ein Ende setzen.

„This is How You Lose the Time War“ ist vor allem in seiner Form interessant. Die Liebesgeschichte zwischen Red und Blue ist weitgehend in Briefen erzählt. Erst ganz am Ende der Novelle treffen sich die beiden Frauen direkt, bis dahin verstecken sie Briefe in den verschiedensten Gegenständen für die jeweils andere. Durch ihre technischen und bionetischen Geräte können sie selbst aus Gegenständen Briefe entschlüsseln. Dabei reisen beide durch die Zeit, was der Leser in Abschnitten zwischen den Briefen erlebt. Die Form verlangt dem Leser einiges ab. Man muss sich auf ständig ändernde Epochen einstellen, winzige Informationshappen über den Kriegsverlauf verarbeiten und die graduellen Anzeichen der wachsenden Liebe zwischen Red und Blue entdecken. Das regt das Vorstellungsvermögen an und ist ein interessanter Ansatz.

Außer den groben Ausrichtungen der Agency und Gardens erfährt man wenig bis nichts über die Gesellschaften, für die Red und Blue kämpfen. Man weiß weder, wofür sie stehen, noch was sie ihren Bürgern bieten. Außerdem erfährt man nichts über das Leid, das der Zeitkrieg auslöst. Beide Agentinnen gehen davon aus, im loyalen Dienst für ihre Sache zu fallen. Doch die tatsächlichen Auswirkungen des Krieges werden kaum thematisiert. Dadurch fehlen sowohl die emotionalen Auswirkungen Krieges als auch die Motive der Kriegsparteien. Dadurch ist die Novelle zu distanziert, um Emotionen in dem parallel zu der Briefromanze zwischen Red und Blue stattfindenden Krieg zu erzeugen.

Doch auch die Unterhaltungen zwischen Red und Blue bleiben über zu lange Zeit zu distanziert. Beide Agentinnen scheinen wenig Freundschaften und Beziehungen innerhalb der Agency und Gardens zu unterhalten. Weite Teile ihrer Briefe handeln davon, wie sie das Format des Briefes erkennen und erstmals zum Beispiel über Kindheitserfahrungen reflektieren. Es wirkt als könnten sie diese Gespräche auch leicht innerhalb ihrer Einheiten führen – wenn sie keine Einzelgänger wären. Daher wirkt die entstehende Zuneigung trotz der innigen Worte nicht ganz überzeugend. Viel mehr hat man das Gefühl hier Agentinnen zu beobachten, die das erste Mal jemandem vertrauen und von diesem Gefühl überwältigt. Und paradoxerweise ist das ausgerechnet ein Feind, den sie für ihre Vorgesetzten töten sollen.

Dem interessanten Setting und der komplexen Form fehlen daher vor allem stärkere Emotionen, um wirklich spannend und bewegend zu werden. Das könnte durch eine stärkere Handlung in den Abschnitten außerhalb der Briefe erreicht werden (die immerhin ca. die Hälfte der Novelle einnehmen). Interessanter wäre es aber gewesen, die Novelle nur in der Briefform zu schreiben. Die Zwischensequenzen lenken eigentlich nur ab und lenken von dem eigentlichen Thema, dem unwahrscheinlichen Vertrauen zwischen Feinden, ab. So ist „This is How to Lose the Time War“ eine formal interessante und inhaltlich komplexe, aber leider auch distanzierte und aufgrund ihres emotionalen Anliegens letztlich enttäuschende Lektüre.

Die Novelle „This is How to Lose the Time War“ von Amal El-Mohtar und Max Gladstone ist für den Hugo Award 2020 in der Kategorie „Best Novella“ nominiert.

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