Liebesinsel (ARD Radiotatort)
|Maria Berendt wird erforen auf der Berliner Liebesinsel gefunden. Die 85-jährige demente Frau ist aus ihrem Pflegeheim entflohen und kann unmöglich allein auf die Insel gelangt sein. Christian Wonder ermittelt und stößt auf einen komplizierten Fall. Wurde die alte Frau von ihrem mittellosen Sohn, einem naiven Pfleger oder ihrer raffgierigen Vermögensverwalterin auf der Insel zurück gelassen? Gleichzeitig kämpft Wonder mit seinen chronischen Krankheiten die laut seiner Psychologin von einem alten Trauma rühren.
Der Fall selbst lebt von seinem tragischen Milieu. Maria Berendt hat ihr Leben lang sparsam gelebt. Doch mit ihrem geistigen Verfall ist es ihr nach einem reichen Erbe nicht mehr möglich, die verschiedenen Erwartungen, die an sie gestellt werden, zu bewerten. Dadurch wird sie von einer ruchlosen Verwalterin ausgenommen, während sie ihrem Sohn nicht mehr helfen kann. Die beklemmende Atmosphäre in dem Pflegeheim ist sehr gut dargestellt. Besonders gelungen ist dabei ein naiver Pfleger, der behauptet gelegentlich Vorschriften zu brechen, um etwas Menschlichkeit in das Heim zu bringen. Gleichzeitig wird überdeutlich, dass er dabei immer wieder Grenzen überschreitet. Auf der einen Seite mag es sein, dass er tatsächlich die Wünsche seiner dementen Klienten erfüllt. Auf der anderen Seite grenzt sein Verhalten immer wieder an Missbrauch. Diese doppelseitige Figur ist vor allem deswegen gelungen, weil der Rest des Falls schrecklich vorhersehbar sind. Der mittellose Sohn und die habsüchtige Kapitalistin bleiben Stereotype und überraschen zu keinem Zeitpunkt. Am Ende ist es zwar interessant, dass der Täter behauptet, Maria Berendt habe sich selbst den Tod gewünscht. Doch der Fall ist viel zu simpel gestrickt und versucht gar nicht erst, die Hintergründe über diesen Todeswunsch aufzuklären.
Das liegt auch daran, dass Wonders Trauma viel Platz in dem Hörspiel einnimmt. Ihm wurde erzählt, dass seine Eltern kurz nach seiner Geburt bei einem Zugunglück umkamen. Nach dem Tod seiner Großmutter hat er jedoch ein Foto gefunden, auf dem er mit seinen Eltern bereits nach dem Zugunglück aufgenommen wurde. Haben seine Eltern ihn etwa verlassen? Die Unsicherheit greift seine Psyche an und lässt ihn permanent krank werden. Wie in der vorherigen Folge ist hier vor allem seine alkoholsüchtige Kollegin überzeugend. Wonders Handlung wiederum ist zwar stimmungsvoll, führt aber wieder einmal zu keinen wirklichen Erkenntnissen. Am Ende stellt sich heraus, dass seine Eltern im Bereich der Atomforschung gearbeitet haben. Was aus ihnen wurde, bleibt aber ungeklärt. Der Platz für die psychologischen Sitzungen Wonders wäre besser in dem eigentlichen Fall investiert.
Der Berliner Tatort bleibt stimmungsstark und trumpft vor allem mit überzeugenden Nebenfiguren auf. Der Fall selbst ist jedoch vorhersehbar und wenig innovativ. Wonders Therapiesitzungen wiederum sind ein interessantes Handlungselement, die diesmal jedoch viel zu wenig zu dem Fall beitragen.