As the Last I May Know (von S. L. Huang)

Ein Land verfügt über Atomwaffen und steht unter großer Bedrängnis durch einen äußeren Feind. Der Präsident des Landes, Otto Han, steht kurz davor, die verheerende Waffe einzusetzen. Der Orden aus Wissenschaftlern, der die Technologie entwickelt hat, ist sich der besonderen Wirkung der Bomben bewusst. Daher haben sie die Zugangscodes in die junge Nyma eingepflanzt. Der Code kann nur extrahiert werden, indem man Nyma umbringt. Dabei ist der Orden davon ausgegangen, dass es nie zu einem Einsatz kommen wird. Der Präsident hält diese Praxis für barbarisch, Nymas ältester Lehrer Tej findet den Einsatz der Bombe barbarisch. So streiten die beiden Männer, während Nyma im Angesicht ihres Todes Gedichte schreibt. Als diese an die Öffentlichkeit gelangen, wendet sich die Meinung der Bevölkerung gegen einen möglichen Einsatz der Waffe. Doch die Lage spitzt sich immer weiter zu, immer mehr Stützpunkte des Landes fallen. Han sieht sich jedoch nicht in der Lage, Nyma, die ihn seit Wochen begleitet, umzubringen. Selbst Taj bekommt Angst vor den anrückenden Invasoren und findet daher einen Weg, neue Codes zu kreieren, die nicht in einem Neugeborenen Kind auftauchen. Nyma lehnt diesen Weg jedoch ab: Sie möchte zwar weiterleben, aber sie findet das Prinzip, dass der Einsatz einer so verheerenden Bombe mit Kosten verbunden ist, richtig.

Zu Beginn der Kurzgeschichte wirkt es, als sei dies eine Trump-Analogie. Ein moralisch einwandfreier, pazifistischer Orden aus Wissenschaftlern hütet die Zugangscodes zu atomwaffenähnlichen Bomben und wird vom Präsidenten angesichts des Kriegsverlauf gebeten, diese herauszurücken. Der Präsident wirkt daher wie der Antagonist. Dieses Bild verschwimmt rasch. Man merkt, dass Han es wirklich barbarisch findet, mit dem Leben einer Codeträgerin zu spielen. Er macht sich den Einsatz der Bombe zudem nicht leicht. Dadurch wird „As the Last I May Know“ eine Geschichte zu einem moralischen Dilemma, in dem man beide Seiten verstehen kann. Dabei verändern sowohl Han als auch Taj ihre Positionen. Han kommt zu dem Entschluss, dass eine Niederlage nur durch den Einsatz der Bombe verhindert werden kann. Doch er ist nicht in der Lage, Nyma umzubringen. Taj wiederum fürchtet eine Invasion und unterstützt den Einsatz der Bombe, in dem er nach einem Weg sucht, diese ohne Nymas Tod einzusetzen. Dieses moralische Dilemma, indem beide Seiten miteinander ringen und gleichzeitig die Konsequenzen ihres Tuns abschätzen ist sehr spannend und gelungen. Denn während die beiden um Nymas Leben ringen, sterben auf dem Schlachtfeld Tausende. Die schwierige Frage in einem Krieg, was barbarisch ist und wo man für den Sieg flexibel sein muss, wird hier eindringlich dargestellt.

Die Geschichte ist weitgehend aus Nymas Perspektive erzählt. Nur in kurzen Szenen erhält man Einblicke in Hans und Tajs Denkweise. Stattdessen erlebt man einige Hahnenkämpfe zwischen Han und Taj aus der Perspektive Nymas. Sie stört sich bald daran, dass nur über sie aber nicht mit ihr gesprochen wird. Tatsächlich obliegt es Han die Entscheidung über ihren „Einsatz“ zu treffen. Allerdings stellen beide Seiten viele Annahmen über Nymas Wünsche an. Die eigentliche Stärke der Geschichte ist daher ihre Hauptprotagonistin. Han und Taj ändern zwar ihre Einstellungen, erfüllen letztlich aber lediglich Funktionen in der Geschichte. Nyma drückt ihre Gefühle in Poesie aus und reflektiert verständlicher Weise permanent über Sinn und Unsinn ihrer Rolle nach. Sie kommt am Ende zu dem Entschluss, dass große Hürden beim Einsatz der Bombe richting sind. Es soll Entscheidungsträgern eben gerade nicht leicht gemacht werden, sie einzusetzen. Dieser Entwicklungsprozess der jungen Frau ist überzeugend beschrieben und faszinierend.

Gleichzeitig lässt die Geschichte offen, wie sinnvoll der Einsatz der Bombe eigentlich ist. Der Feind der Nation verfügt zwar nicht über Atomwaffen, die Verbündete der Feinde aber scheinbar schon. Es kann daher gut sein, dass der Einsatz der Waffe lediglich zu einer Gewaltspirale führt. Diese Unsicherheit sorgt dafür, dass die Öffentlichkeit einem Einsatz skeptisch gegenübersteht und Nyma sich nicht sicher ist, ob ihr Opfer überhaupt sinnvoll ist. Diese Nebengedanken über den Sinn militärischer Aufrüstung und der Gefahr gegenseitiger, vollständiger Zerstörung runden die charakterstarke Reflexion so überzeugend ab, dass man „As the Last I May Know“ mit vielen anregenden Gedanken verlässt.

Die Kurzgeschichte „As the Last I May Know“ von S. L. Huang ist 2019 auf tor.com erschienen. Sie ist auf der Seite des Magazins online verfügbar. Sie ist für den Hugo Award 2020 in der Kategorie „Best Short Story“ nominiert.

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