Sale temps pour les moches (von Delaf und Dubuc / Les Nombrils Band 2)
|„Pour qui tu te prends“ führt die Leser der Reihe in den Schulalltag der gutmütigen Karine und ihrer beiden egozentrischen Freundinnen Vicky und Jenny ein. Am Ende erkannten Vicky und Jenny, dass sie auf Karine als Freundin angewiesen waren, und Karine gelang es ihre Schüchternheit zu überwinden und eine Beziehung mit dem ähnlich gestrickten Dan zu beginnen. Der zweite Teil der Reihe, „Sale temps pour les moches“ (grob übersetzt: „Schwere Zeiten für Hässliche“) setzt die Handlung nun fort. Karine und Dan sind ein Paar, doch Vicky und Jenny lassen nichts unversucht, um die beiden wieder auseinanderzubringen. Ihr gesamter Schulalltag konzentriert sich nur noch darauf, potentielle Dates der beiden zu unterlaufen und gleichzeitig Jon Jon, dem coolsten Mopedbesitzer der Schule, näher zu kommen.
Den beiden Autoren gelingt es auch im zweiten Teil wieder eine atemberaubende Mischung aus detailliert gezeichnetem Schulalltag, urkomischen und überdramatisierten Alltagssituation sowie einer berührenden und streckenweise brutalen Rahmengeschichte zu erzählen. All das lebt von der Unsicherheit der Akteure. Karine ist ständig von Selbstzweifeln geplagt, sieht in Dan in erster Linie den perfekten Partner. Tatsächlich ist die größte Schwäche des Comics, dass Dan ohne erkennbare Schwächen gezeichnet ist. Allerdings sehen die Mädchen ihn in erster Linie als Projektionsfläche, Vicky und Jenny nehmen sich nicht die Zeit, Dan näher kennenzulernen, Karine hat aufgrund dre permanenten Unterbrechungen durch Vicky und Jenny kaum die Möglichkeit dazu. Trotzdem wäre ein differenzierteres Bild in den folgenden Bänden wünschenswert. Dass Dan nicht mit grenzenloser Geduld ausgestattet ist, zeigt sich am Ende des Bandes: Obwohl er Vicky und Jennys Stunts zunächst durchblickt, frustriert es ihn mit der Zeit, dass Karine bedingungslos zu ihren Freundinnen hält. Der besonnene Eindruck versteckt also einen doch ungeduldigeren und unnachsichtigeren Jungen als zunächst erwartet.
Karine meint es weiterhin zu gut mit ihrem Umfeld. Das nutzen Vicky und Jenny aus und setzen dem Schulversager Murphy den Floh ins Ohr, Karine stehe auf ihn. Da Murphy – in der typisch, jugendlichen Melodramatik – bereits damit abgeschlossen hat, jemals eine Partnerin zu finden, gibt er sich mit der „hässlichen“ Karine „zufrieden“. Karine wiederum versucht den Jungen aufzubauen und wird zu einer Freundin, die die ständig von Vicky und Jenny inszenierten Selbstmordversuche verhindert. Delaf und Dubuc schaffen es dadurch viele kleine Szenen zu basteln, in denen auf dynamische und unterhaltsame Art die permanente und unglaubliche moralische Erpressung, unter der Karine durch ihre Güte selbstverschuldet leidet, thematisiert wird.
Vicky und Jenny agieren in ihrem Tun immer selbstbezogen und egoistisch. Sie brauchen Karine, da sie sich als Duo selbst verletzen würden. Das wird beim Kampf um die Gunst desselben Jungen deutlich. Waren die beiden im ersten Teil noch blass, so erhalten sie in dieser Fortsetzung einen überzeugenden Hintergrund. Die aus reichem Hause stammende Vicky wird von ihren Eltern und ihrer älteren Schwester für etwas dumm gehalten, ständig aufgezogen und steht unter einem enormen Leistungsdruck bei permanentem Liebesentzug. Jenny wiederum kommt aus einem armen Elternhaus, muss sich ständig um ihre vielen (Halb)Geschwister kümmern, während ihre Mutter wieder mit einem neuen Typen anbandelt. Auch sie erfährt daher zu Hause keinerlei Zuneigung und lernt durch das Verhalten ihrer gleichzeitig überforderten wie eigennützigen Mutter, dass sie in erster Linie für sich selbst sorgen muss. Auch schimmern bei den beiden Mädchen noch stärker als im ersten Teil Unsicherheiten durch. Vor allem diese Entwicklungen, die nicht nur Karine, sondern allen Hauptfiguren einen interessanten Hintergrund anschreiben, machen „Sale temps pour les moches“ zu einem noch stärkeren Band als den Vorgänger.
„Sale temps pour les moches“ bietet dabei wieder eine rundum gelungene Mischung aus pffifigem Humor, tragischen Momenten und vielen, vielen Intrigen. Am Ende können Karine und Dan ihre Differenzen im letzten Moment beilegen bevor Vicky und Jennys letzte und größte Intrige einen durchschlagenden Erfolg hat. Anders als im sehr gelungenen Vorgänger gelingt es dem noch besseren „Sale temps pour les moches“ damit nicht nur kompliziertere Geschichten und Charaktermomente zu schaffen, sondern auch noch ein hohes Maß an Spannung aufzubauen.