Wetterleuchten (ARD-Radiotatort)

Während einer Informationsverantstaltung für ein Pilotprojekt zum Bedingungslosen Grundeinkommen im Saarland wird ein Obdachloser vor dem Veranstaltungssaal ermordet. Die Kommissare Paquet und Gantner ermitteln im Umfeld der Veranstaltung. Ist dem bekennenden BGE-Gegner und Obdachlosen-Hasser Stadtrat Keller eine Sicherung durchgebrannt? Oder versteckt sich hinter dem altruistisch wirkenden und das Pilotprojekt eifrig unterstützenden Aktivisten Daniel vielleicht doch eine dunkle Seite? Und warum verstehen sich eigentlich die Söhne der beiden verfeindeten Männer so gut, dass sie anstat fürs Mathe-Abi zu lernen gemeinsam Besuche rechtsradikaler Konzerte planen?

Der Tatort dreht sich um den Streit zwischen den beiden Männern. Stadtrat Keller und der Gartenunternehmer Daniel scheinen völlig unterschiedlich zu sein. Der eine glaubt harte Arbeit könne man nur durch Wettbewerb und Geld erreichen, der andere glaubt, wenn man Menschen von materiellen Sorgen befreit, würden sie freiwillig viel stärker arbeiten. Hinter dem Konflikt steht allerdings eigentlich ein Streit der in gemeinsame Schulzeiten zurückreicht. Der damals aufgebaute Hass wirkt noch heute nach. Eigentlich haben die beiden aber viel gemeinsam. Beide sind mittelständische Unternehmer. Beiden Unternehmen geht es alles andere als gut. Und beide haben ein miserables Verhältnis zu ihren Söhnen, die zudem beide ziemliche Nieten in der Schule sind. Daher plagt die Väter nicht nur die Sorge um ihre eigene Existenz, sondern auch die Frage, was mal aus ihren Söhnen werden soll. Diese familiären Dynamiken und die politischen Unterschiede, die viele Gemeinsamkeiten verdecken, sind sehr gut inszeniert. Dadurch gewinnt der Fall im Verlauf der einen Stunde Laufzeit deutlich an Sympathie. Es wird rasch deutlich, dass hier eine tragische Familiengeschichte eskaliert ist und in Gewalt nach außen endete. Das macht das Ende nicht weniger tragisch.

Dem Tatort fehlt neben all den politischen Floskeln und den gelungeneren Familienmomenten jedoch etwas Spannung. Der Fall möchte ganz klar ein Familiendrama sein. Doch konzentriert sich dieses zu sehr auf die Väter. Die Söhne, die letztlich die eigentlichen Handlungsträger sind, werden etwas zu oberflächlich dargestellt. So fühlt man eher mit den (miserablen) Vätern mit als mit ihren leicht rechtsradikalen Söhnen. Überzeugender ist stattdessen wie sich die (noch moderate) Polarisierung der Väter auf die Söhne auswirkt. Sie sind zwar stiller, letztlich aber deutlich radikaler. Dadurch stehen sie mit für eine Gesellschaft, die auf der einen Seite wie Daniel beklagt immer kälter gegenüber ihren schwächsten Mitgliedern wird, in der sich auf der anderen Seite aber zusätzlich Individuen zunehmend missverstanden fühlen und sich dadurch nicht nur wie Danile und Keller verbal radikalisieren, sondern zunehmend auch zur Tat schreiten. Das gibt dem Fall einen erschreckenden Realismus, schafft aber nicht genug Spannung um über die etwas gemächliche Kammerspielinszenierung hinwegzusehen.

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