Endlich wieder in der Milchstraße (Perry Rhodan Bände 3055-58)

Die Erde ist vor 500 Jahren verschwunden. Eine merkwürdige Strahlung sorgte umgehend dafür, dass die Milchstraßenbewohner zudem ungern darüber sprechen. Außerdem macht diese Strahlung alle elektronisch gespeicherten Daten unbrauchbar. In dieser Zeit tauchten auch die Cairaner auf, die sich als Friedenshüter insznieren, denen es aber um die absolute Kontrolle der Milchstraße geht. Nun sind Perry Rhodan und Atlan in die Milchstraße zurückgekehrt und versuchen Licht in die dunkle Situation zu bringen. Während Perry Rhodan in der Vecuia einen Weg in die mysteriöse Zerozone, eine parallele Dimension, gefunden und dort die Erde wiedergefunden hat, verblieb sein Raumschiff, die RAS TSCHUBAI, in der Vecuia und befreite die einstige Superintelligenz der Raumballung, die VECU. In der Milchstraße ist Atlan hingegen in einen Bruderkrieg seines Volker, der Arkonen geschlittert. Er kämpft für die herrschenden Sternenbaronien gegen eine Strömung, die das alte Imperium wieder errichten möchte.

Band 3055: Die VECU (von Michael Marcus Thurner) Kaum auf der RAS TSCHUBAI angekommen, übernimmt die Superintelligenz VECU das Schiff und nutzt es für die ersten Nadelstiche gegen die die Kandidatin der Chaotarchen Phaatom. Der Besatzung schmeckt diese Fremdbeherrschung verständlicherweise gar nicht. Um sich aus den Klauen der VECU zu befreien, arbeitet die Führungsebene mit den Posbis des Schiffes zusammen. Gemeinsam wollen sie auf eine Art Reservecomputerintelligenz zurückgreifen, um die von der VECU kontrollierte Schiffsintelligenz zu ersetzen. In einem entscheidenden Moment unterstützen sie die VECU dabei im Kampf gegen ihre Gegner dennoch und erhalten ihre Freiheit als Dank zurück. Die VECU sammelt derweil von einem ihrer Dienervölker neue Energie. „Die VECU“ ist nach dem Vorgänger „Die letzte Welt der Vecuia“ ein weiterer spannender, gut aufgebauter Heftroman. Die RAS TSCHUBAI wird nicht (wie sonst in der Serie üblich) schlicht entführt, sondern durch einen komplexeren Prozess übernommen. Nun infiltriert sich die Besatzung sozusagen zurück in den Kommandosessel. Auch „Die VECU“ arbeitet mit einer etwas unnötigen Rückblende, die viel Spannung verspielt. Schwerer wiegt allerdings, das man das Potential der Folge für die weitere Handlung noch stärker verspielt. Anstatt dass die RAS TSCHUBAI im Anschluss mit der VECU zusammen daran arbeitet sowohl die Vecuia als auch die Milchstraße vor den Kosmokraten zu schützen, fliegt das Schiff schlicht wieder in die Milchstraße zurück. Dadurch ist die Kandidatin Phaatom potentiell auf die Liga in der Milchstraße aufmerksam geworden, ohne dass die Gefahr zuvor ausgeschaltet wurde. Das wirkt genau so wenig durchdacht wie die VECU überhaupt auf die RAS TSCHUBAI zu lassen. Das Heft ist also eine starke, spannende Geschichte, fügt sich aber ausgesprochen unbefriedigend in die Gesamthandlung ein.

Band 3056: Transmitter-Hasardeure (von Uwe Anton) Die Akonen (nicht die Arkoniden!) weihen einen neuen Transmitter ein. Dabei kommt es zu Unregelmäßigkeiten, die zu einem dramatischen Unfall führen. Gleich darauf wird der Transmitter von Hasardeuren angegriffen. Mithilfe des vorgewarnten Nachrichtendienstes der Liga können einige Besatzungsmitglieder die Hasardeure kurzfristig zurückschlagen. Die anwesenden Cairaner nutzen die Situation, um den Transmitterhof zu beschlagnahmen. Es stellt sich heraus, dass der Angriff und auch der Unfall von den Cairanern inszeniert wurde, da sie die Transmitter für ihre (natürlich unbekannten) Zwecke brauchen. „Transmitter-Hasardeure“ ist das dritte gelungene Heft in Folge, die bisher beste Heftserie dieses Zyklus. Der größte Schwachpunkt des Hefts ist, dass die Akteure kaum Handlungsspielräume haben. Es ist relativ schnell erkennbar, dass die gesamte Situation ein abgekartertes Spiel der Cairaner ist. Dennoch ist der Widerstand gegen die Hasardeure spannend und die Beschreibung der Auseinandersetzung innerhalb der akonischen Besatzung übezeugend. Einmal mehr wird hier gezeigt, dass es sich auszahlt, ab und zu auch mal auf Untergebene zu hören. Das Heft ist spannend und unterhaltsam, auch wenn die Protagonisten sich mal wieder in einer determinierten Rolle wiederfinden. Darüber hinaus ist das Heft auch ein relevanter und interessanter Schritt für die Haupthandlung: Irgendetwas haben die Cairaner an der Bleisphäre mit den Transmittern vor. Warum sie damit 500 Jahre gewartet haben erfährt man natürlich nicht, spannend ist die Entwicklung dennoch. Und so ist der negativste Punkt dieses Hefts wohl, dass man zum Schluss die Vorahnung hat, mal wieder zwei Monate warten zu müssen, bevor die Autoren aus dieser überzeugenden Erzählung mal wieder eine Fortsetzung stricken, also zu einem Zeitpunkt. Es bleibt zu hoffen, dass diese Vermutung trügt, denn bis dahin wäre das dann doch geringe Maß an Spannung über die (bisher unbekannten) Transmitter längst abgeflaut.

Band 3057: Thantur-Lok brennt (von Verena Themsen) Ein gutes Beispiel, wie man nach einem sehr überzeugenden Heft Interesse verspielen kann ist die Handlung in „Thantur-Lok“. Der Leser wurde hier zuletzt mit einer Konfrontation zwischen Atlans arkonidischer Flotte der Sternenbaronien auf der einen und einigen Rebellen, den Ladhonen und den Naat auf der anderen Seite zurückgelassen. Ein Krieg schien unvermeidbar, da die Rebellen einen Systemumsturz und die Ladhonen Atlans Auslieferung forderten. Nach einer spannenden Handlung dürstete man nach einer Fortsetzung – und musste vier Monate warten. Verena Themsen versucht daher erst gar nicht den spannenden Faden wieder aufzunehmen: Die Konfrontation ist zu diesem Zeitpunkt längst beendet und ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Das ist ein intelligenter Schachzug. Denn dadurch kann Themsen eine noch spannendere und vor allem pfiffig konstruierte Kabale inszeniert, mit der Atlan seinen Gegnern einen propagandistisch tödlichen Schlag zufügt. „Thantur-Lok brennt“ ist damit die vierte überzeugende Episode in einer Reihe! Am Ende hat Atlan sogar die Kapazität sich auf die cairanischen und ladhonischen Aktivitäten um die Bleisphäre zu konzentrieren und erlebt wie die Cairaner den im vorherigen Heft erbeuteten Transmitter zur Bleisphäre bringen. Dieses Heft ist für sich überzeugend und bringt damit die Haupthandlung noch ein Stück voran. Daran gibt es nichts auszusetzen, „Thantur-Lok brennt“ ist eines der, wenn nicht das beste Heft des bisherigen Zyklus.

Band 3058: Für Galaktiker verboten! (von Wim Vandemaan) Bevor Atlan den Aktivitäten der Ladhonen nachgehen kann, trifft er auf Ganud, einen Mitarbeiter des tefronischen Tamaron Vetris-Molaud und auf das Zain-Konstrukt Bonthem. Ganud erzählt ihm, wie er knapp vierhundert Jahre zuvor mit Vetris-Molaud nach Andromeda vorstieß, nur um von der dort unter trefronischer Führung herrschenden Allianz zurückgewiesen zu werden. Mit dem Verschwinden der Erde wurde auch im Kern der Milchstraße etwas verändert, so als wäre die gesamte Galaxis ebenfalls ausgetauscht. Um von dieser Veränderung nicht ebenfalls betroffen zu werden, setzte Andromeda die Milchstraße unter Quarantäne und schottet sich von ihr ab. Dieser Hintergrund ist eigentlich spannend. Erst einmal ist das Thema in Zeiten der Corona-Quarantäne natürlich hochaktuell. Aber auch davon abgesehen ist es ein ausgesprochen großer Zufall, dass einer der stärksten Machtblöcke neben der Milchstraße kurz vor dem Auftauchen der Cairaner aus dem Spiel genommen wird. Man nimmt den Andromeda-Völkern ihren Fokus auf Stabilität und ihre Angst vor einer weiteren Invasion zwar ab, ihre Abneigung gegenüber Terranern, die sie (so entnehme ich es der Handlung) von der Vorherrschaft der Meister der Inseln befreit haben, wirkt hingegen nicht überzeugend. Die Bemühungen Vetris-Molauds und seines Teams, die Beweggründe der Allianz zu verstehen, sind jedoch nur bedingt unterhaltsam. Eskommt leider kaum Spannung auf, da alles wieder einmal in einer Rückblende erzählt wird. Das Ende ist dementsprechend bereits bekannt. Und während Rückblenden manchmal zumindest inhaltlich funktionieren, sind sie an dieser Stelle doppelt ärgerlich. Die Zyklushandlung wurde gerade spannend, da muss einmal mehr Tempo durch diese Rückblende herausgelassen werden. Noch schlimmer ist jedoch, dass die Handlung leicht auch in der Gegenwart hätte spielen können. Irgendjemand in der Liga hätte sich nach Jahrhunderten zum Beispiel durchrringen können, in der Andromeda-Galaxis um Hilfe zu bitten. Und dabei hätte man ja meinetwegen erfahren können, dass die Tefroder es schon Jahrhunderte zuvor probiert haben, jedoch gescheitert sind. Die hier erzählte Geschichte mag dank einer Auseinandersetzung innerhalb der Andromeda-Tefroder solide sein. Auch kommuniziert das Heft die Informationen für das Einreisverbot in die Andromeda für alle Milchstraßenbewohner zu kommunizieren gradlinig. Sie wäre aber durch ihren fehlenden Inhalt kein Heft wert und ist gerade an diesem Punkt in der Handlung ärgerlich. „Für Galaktiker verboten!“ ist also ein durchschnittliches Heft ohne richtigen Handlungskern, das zwar eine Reihe Informationen enthüllt, sich aber nicht überzeugend in die Gesamthandlung einfügt.

Alles in allem sind die Märzhefte ausgesprochen überzeugend. In keiner meiner Besprechungen dieses Zyklus waren drei von vier Heften richtig gut. Die Handlung fällt mit „Für Galaktiker verboten!“ zwar deutlich ab, das ist aber angesichts der vorherigen drei starken Bände nichts Besonderes. „Die VECU“, „Transmitter-Hasardeure“ und „Thantur-Lok brennt“ sind überzeugende Erzählungen, die im Rahmen ihrer Handlung einen Spannungsbogen aufbauen, zu einem gewissen Grad überraschen und gleichzeitig den Zyklus ein klein wenig Voran bringen. Die Entwicklungen sind, wie z.B. die Rückkehr der RAS TSCHUBAI in die Milchstraße, nicht immer überzeugend, aber es sind Entwicklungen. Vielleicht zieht nun da die Halbzeit des Zyklus deutlich überschritten ist, die Handlung ja endlich an und die Autoren erhalten die Freiheit, endlich in einzelnen Heften Geschichten zu erzählen. Nach diesem gelungene Monat steigt aber erstmals die Spannung, ob es in den kommenden vier Heften so überzeugend weitergeht.

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