The Kite Maker (von Brenda Peynado)

Die „Dragonfly“, eine käferartige Spezies, sind vor einigen Jahren auf der Erde gelandet. Vor einer Supernova flüchtend, sind alle ihre Schiffe gleichzeitig angekommen. Die Menschheit reagierte verschreckt und griff die wehrlosen Flüchtlinge an. Heute leben die wenigen überlebenden Dragonfly unter den Menschen in bitterer Armut. Die Erzählerin besitzt einen (Wind)Drachenladen. Sie beobachtet wie xenophobe Gruppen ihre außerirdischen Kunden verfolgen und angreifen. Bei der Landung hat sie sich ebenfalls an den Massakern an den wehrlosen Außerirdischen beteiligt. Heute plagen sie Schuldgefühle. Als sie an dem Nachmittag nach dem Angriff auf einen ihrer Kunden ihre Kinder dabei beobachtet, wie sie mit Dragonfly-Kindern spielerisch die Massaker nachstellen, greift sie ein und bringt die Dragonfly-Kinder nach Hause. Am nächsten Tag brennt eine xenophobe Gruppe ihren Laden nieder. Die Erzählerin bringt alle ihre Drachen zu den Dragonfly, deren Kinder fasziniert von dem menschlichen Spielzeug sind.

Was soll man aus „The Kite Maker“ lernen? Das wird nicht ganz klar. Eindeutig ist aber, dass man aus dieser Kurzgeschichte etwas lernen soll. Denn die Aliens wie auch ihre xenophoben Peiniger sind ausgesprochen parabelhaft dargstellt. Während die Dragonfly ausgesprochen rein auftreten, Gewalt aus logischen Gründen zurückweisen, begegnet die Erzählerin nur dumpfen und fanatischen Xenophoben. Die Dragonfly sind nicht nur pazifistisch, sie wehren sich zudem deswegen nicht, da sie sonst befürchten, komplett ausgelöscht zu werden. Durch diese Erkenntnis vermehren sich die Schuldgefühle der Erzählerin, die eint wehrlose Dragonfly massakriert hat, um ein Vielfaches. Schließlich ist ihr nun bewusst, dass ihre Opfer den Tod vor allem in Kauf genommen haben, um einen wenigen anderen Dragonfly das Überleben zu ermöglichen. Dies ist eine rührige Geschichte, mit einer wichtigen, flüchtlingsfreundlichen Botschaft. Dieser Geschichte fehlt jedoch die Atmosphäre, um besagte Botschaft wirklich erfahrbar zu machen. Die menschliche Reaktion wirkt zwar ausgesprochen plausibel. Die Dragonfly sind jedoch sehr menschlich geschildert. Es stellt sich dadurch die Frage, warum man diese Geschichte nicht in einem gegenwärtigen Kontext erzählt.

Die eigentliche Handlung ist ebenfalls verwirrend. Die Erzählerin leidet unter ihren Schuldgefühlen. Daher schützt sie ihre außerirdischen Kunden. Daher macht sie den Dragonfly nach dem Anschlag auf ihren Laden mit ihren Produkten eine ungewohnte, kostenlose Freude, die diese sich sonst nicht leisten könnten. Sie hält aber auch ihre Kinder davon ab, mit einem Dragonfly-Kind zu spielen. Das ist einerseits verständlich. Das Nachstellen des Massakers ist erniedrigend. Außerdem haben Nachbarn bereits die Polizei gerufen: Sie möchten kein Dragonfly-Kind in ihrem Viertel. Und natürlich erinnert die Szene die Erzählerin an ihre schlimmste Tat. Dnenoch liegt doch gerade in dem gemeinsamen Spiel, in der Durchmischung menschlichem und außerirdischem Leben ein möglicher Schlüssel für eine gemeinsame Zukunft. Das Eingreifen ist daher eher ein Zeichen der Unbeholfenheit. Und so stellt sich am Ende dieser nicht gerade packenden Geschichte doch die Frage, wie man ein in der Vergangenheit geschehenes Unrecht in der Gegenwart wieder gut machen könnte. Angesichts vieler vergangener Ereignisse dieser Art, ist das ein brandaktuelles Thema. Die Kurzgeschichte gibt mit ihrem fehlenden Handlungskern und ihrem Fokus auf die lernunfähigen Xenophoben jedoch wenig Material, das bei der Auseinandersetzung mit dieser Frage hilft.

Die Kurzgeschichte „The Kite Maker“ von Brenda Peynado ist 2018 auf tor.com erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2019“, herausgegeben von Carmen Maria Machado und John Joseph Adam.

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