Dune (von Frank Herbert)

Das Haus Atrides hat vom Imperator ein neues Lehen erhalten. Leo Atrides soll der neue Duke von Arrakis, einer Wüstenwelt, die umgangssprachlich auch Dune genannt wird, werden. Die Atrides sind sich im Klaren darüber, dass das Lehen eine Falle ist. Arrakis ist der einzige Produzent der Melange, einer Droge, die es Menschen ermöglicht komplexe Berechnungen durchzuführen. Seit einem Dschihad gegen Menschen unterdrückende künstliche Intelligenzen sind Computer verpönt. Raumfahrt ist nur mit dieser Droge möglich. Arrakis ist also ein wichtiges Lehen. Es ist aber auch in schwer beherrschbares Lehen, da der Planet sehr unwirtlich, noch nicht ganz kartographiert ist und jeder Fall in der Melange-Produktion automatisch dem Herrscher angelastet wird. Es ist zudem das einstige Lehen des Hauses Harkonnen, den Erzfeinden der Atrides. Leo Atrides weiß, dass die Harkonnen sich vermutlich mit dem Imperator verschworen haben, um sein Haus unauffällig und ohne Vergeltungsschläge der anderen Häuser auszulöschen. Dennoch ist er aufgrund seines Eides dazu gezwungen, mit seiner Familie, d.h. seiner Mätresse Lady Jessica und dem gemeinsamen Sohn Paul nach Dune überzusiedeln. Die einzige Hoffnung liegt darin, die örtliche Bevölkerung darin zu überzeugen, die Atrides zu unterstützen. Gemeinsam hätte man vielleicht gegen die Harkonnen und imperialen Truppen eine Chance. Doch der Anschlag der Harkonnen auf das Leben des Dukes ist bereits geplant und die Zukunft des Hauses liegt womöglich auf den Schultern des jungen Paul.

„Dune“ ist ein Spektakel, das ausgesprochen ruhig und gemächlich startet. Das Universum dieses Romans ist eine Feudalwelt der Zukunft. Computer werden seit einer Diktatur künstlicher Intelligenzen nicht mehr genutzt. Der Imperator vergibt Lehen und die großen Häuser schwören ihm die Treue. Raumfahrt ist nur durch eine Gilde von Raumfahrern möglich, die die Droge Melange von Dune benötigen aber auf die gleichzeitig alle Häuser angewiesen sind. Diese komplexe Machtgefüge lebt von ständiger Konkurrenz, in der kleine Machtverschiebungen alles verändern können. Daher ist dem Imperator das beliebte Haus Atrides ein Dorn im Auge und er leiht den Harkonnen seine gefürchteten Spezialtruppen, um auf Dune gegen die Atrides vorzugehen. Im Hintergrund gibt es verschiedene religiöse Orden, wobei Paul Atrides Mutter zu dem einflussreichsten gehört. Hinter den Religionen, so stellt sich mit der Zeit heraus steht ein komplexes Züchtungsprogramm, dass Menschen in die Lage versetzen soll, wie Computer viele Berechnungen über die Zukunft anzustellen.

Herbert gelingt es, nichts von alldem direkt erklären zu müssen. Stattdessen gibt es für jedes dieser vielen politischen, gesellschaftlichen und religiösen Elemente eine einschlägige Szene, deren Handlung die Hintergründ der Welt Dunes verdeutlicht. Das ist gemächlich, aber ausgesprochen faszinierend. Das erste Drittel des Romans wirkt daher wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Leo Atrides versucht alles in seiner Macht stehende zu tun, um den drohenden Anschlag abzuwehren und am Ende gelingt es dem von unerwarteter Seite zuschlagenden Verräter doch, das Haus Atrides zu überwinden. Auf dem Weg dorthin hat man viel gezittert, viel erfahren und vor allem viel über Dune erfahren.

Denn der eigentliche Held des Romans ist der Planet selbst. Dune ist von Wüsten durchzogen. In diesen Wüsten leben todbringende Würmer, die von Technik angelockt werden. Die Droge Melange muss daher unter großer Gefahr gewonnen werden. Gleichzeitig ist Wasser so knapp, dass es die wertvollste Ressource ist. Die Fremen, die Bewohner des Planeten, wiederum sind mysteriös, weitgehend unerforscht und folgen einer fanatischen Religion. Dune ist dabei gleichzeitig ein Sinnbild für die fatalen Folgen der Kolonisierung, der maßlosen Arroganz und Selbstüberschätzung der Kolonisatoren sowie die fatalen Konsequenzen (menschlich verursachten) ökologischen Gleichgewichts. Nicht nur für einen Roman der 60er-Jahre ist das ausgesprochen visionär, „Dune“ ist dadurch noch immer höchst aktuell.

Paul und seiner Mutter gelingt es dank unerwarteter Hilfe dem Anschlag der Harkonnen zu entkommen. Im zweiten Drittel des Romans schwingt sich Paul dank seiner bis dahin nicht ausgeschöpften Fähigkeiten zum religiösen Führer der Fremen auf. Im letzten Drittel befreit er mithilfe der zu unglaublich starken Kämpfern trainierten Fremen Dune von den Harkonnen und sorgt für weitgehende Umwerfungen im Imperium. Dieser Aufstieg ist in wohl überlegten kleinen Schritten dargestellt und ausgesprochen spannend. Besonders stark ist die Wandlung Pauls vom gutmütigen, vielleicht gar etwas naiven Hauserben zum harten, unbeugsamen und weitsichtigen religiösen und politischen Führer. Auf dem Weg dorthin erwarten ihn Kämpfe, schwer zu lösende Dilemma und einige Verluste. Gleichzeitig verschwindet der Paul, der Schwierigkeiten hatte, einen Menschen zu töten und macht Platz für einen Anführer, der auch vor Grausamkeiten nicht zurückschreckt. Herbert bewahrt dabei die Sympathien des Lesers für seinen Helden, ohne dessen Schwächen und moralisch schwierigen Entscheidungen zu verstecken.

Die Besondere Stärke dabei ist, dass in Pauls Umfeld viele Vorhersehungen existieren. Auch mit seiner Voraussicht steht er unter dem Einfluss der Zukunft. Gleichzeitig weigert sich Paul die erwartete Zukunft als gegeben zu akzeptieren. Dieser Kampf um das eigene Schicksal ist der eigentliche Kern des Romans: Nichts, keine religiösen Regeln, keine ökologischen Katastrophen und keine politischen und gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten sind für die Ewigkeit gegeben. Stattdessen sind sie durch organisierte Menschen veränderbar, wenn auch wie hier unter großen persönlichen, moralischen und materiellen Kosten. Neben den politischen, ökologischen und religiösen Themen, die Dune auch heute noch aktuell machen, ist diese zentrale Erinnerung an die Verantwortung, die Menschen in ihrem Streben sowie ihrem Nicht-Streben nach Veränderungen tragen, das beeindruckendste Element dieses spannenden Romans.

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