Trügerische Welten (von Pierre Christin & Jean-Claude Mézières / Valérian et Laureline Band 7)
|(Die Besprechung beruht auf dem Comic „Sur les Terres Truquées“ im dritten Band der französischen Gesamtausgabe.)
Valérian ist Teil eines britischen Angriffs auf eine indische Siedlung. Überraschend schert Valérian aus der Reihe der Angreifer aus, stürmt selbst in die Siedlung, wo die verdutzten Verteidiger darauf verweisen, dass dies nicht Teil des Programms sei. Bevor sie Valérian erschießen, geben die Verteidiger Koordinaten durch, die Valérian vor seinem Tod an Laureline weiterleitet. Laureline wiederum sitzt im gemeinsamen Raumschiff zusammen mit der Historikerin Jadna. Während Laureline Schwierigkeiten mit Valérians Tod hat, befiehlt Jadna, die Koordinaten anzusteuern. Vor Ort, diesmal ist London nachgestellt, belebt Laureline einen weiteren Valérian-Klon. Dieser wird noch einmal unter dem Einsatz seines Lebens weitere Koordinaten in Erfahrung bringen. Laureline und Jadna untersuchen nämlich, wer die vielen kleinen Nachstellungen historischer, irdischer Konflikte geschaffen hat. Ist dies die Vorbereitung für eine Invasion der Erde? Und wie viele Valériane müssen noch sterben, bevor das Geheimnis gelüftet wird?
„Trügerische Welten“ ist ein ausgesprochen abwechslungsreicher Comicband. Der Auftakt ist actiongeladen und verstörend. Valérian wird schließlich gleich auf den ersten Seiten erschossen. Rasch wird klar, dass es sich um einen Klon handelt. Aus Sicht der Klone bereist man nun verschiedene Szenarien, die unter anderem noch nach London, San Francisco und Paris führen. Die unterschiedlichen Welten sind knapp, aber immer prägnant dargestellt. Obwohl die Handlung durch die ständigen Wechsel etwas hektisch wird, hat jede Episode einen eigenen Charakter mit spezifischer Atmosphäre. Außerdem ist der Spannungsaufbau sehr gelungen, da lange nicht klar ist, was eigentlich das Ziel der kleinen Missionen ist. Und sobald klar ist, dass man den Erschaffer der Szenarien sucht, ist die Neugier nach dessen Motive bereits sehr hoch. Spannung entsteht auch durch die geschickte Aufgabenverteilung. Valérian macht den Großteil der Arbeit, weiß aber nicht, was vor sich geht. Laureline hat diesen Überblick, kann jedoch meist nicht viel mehr tun, als den Valérian-Klonen hilflos beim Sterben zuzusehen.
Das Alien stellt sich als Wesen ohne eigene Geschichte heraus. Deswegen ist es fasziniert von der reichen Historie der Erde. Diese Enthüllung ist schön unspektakulär und wird von Autor und Zeichner in ein beeindruckendes Schlachtenpanorama eingebettet. Spätestens hier gelingt „Türgerische Welten“ eine sehr gelungene Botschaft. Jadna ist durch und durch Wissenschaftlerin. Als Historikerin meint sie sich ausschließlich auf die Fakten zu konzentrieren. Daher ist sie von dem merkwürdigen Alien mehr als fasziniert. Das Leid der Klone lässt sie wiederum genau so kalt wie die permanente Gewalt in allen Szenarien. Laureline muss die Forscherin daran erinnern, dass all die von dem Alien ausgewählten Ereignisse zu den Katastrophen geführt haben, die die Menschheit auf der Erde angerichtet haben. Dabei gibt es gelungene Querverweise auf vorherige Bände, die sich mit der gewalttätigen Vergangenheit der Menschen auseinandersetzen. „Valérian et Laureline“ mahnte schon in den 70ern vor den Konsequenzen von Gewalt, Ungleichheit und Umweltverschmutzung. „Trügerische Welten“ fügt dem hinzu, dass eine kühle und menschenfeindliche Wissenschaft allein nicht reicht, um diese Probleme und ihre Folgen zu beseitigen. Kein Lösungsansatz kann ohne Menschlichkeit funktionieren. Und daher muss man sich manchmal vielleicht damit abfinden, bestimmte Dinge nicht zu wissen, als Menschen leben aufs Spiel zu setzen. So endet der bilderstarke und spannende Band mit einer genau so starken Botschaft.