Die Stadt der tosenden Wasser (von Pierre Christin & Jean-Claude Mézières / Valérian et Laureline Band 1)

(Die Besprechung beruht auf den Comics „La Cité des Eaux Mouvantes“ und „Terres en Flammes“ in dem ersten Band der französischen Gesamtausgabe.)

Der einstige Technokrat Xombul ist aus dem Gefängnis ausgebrochen. Er verfolgt weiterhin den Plan, die friedliche Gesellschaft der Erde durch Eingriffe in die Vergangenheit so umzugestalten, dass die Menschheit in der Lage ist, die Galaxis zu erobern. Dafür reist Xombul zurück in das Jahr 1986. Durch die Explosion eines Wasserstoffbombenlagers in der Arktis kam es weltweit zu Überflutungen und dem Beginn eines dunklen Zeitalters. Am Ende dieser Epoche konnte jedoch die Zeitreisetechnologie entwickelt werden und die Menschheit entwickelte sich zu einer friedlichen Gesellschaft. Xombul möchte dies verhindern. Valérian reist ebenfalls in die Vergangenheit, um Xombul zu stoppen.

Wie im ersten Auftakt der Reihe werden Xombuls Motive kaum erforscht. Der einstige Technokrat bleibt der einseitige Bösewicht. Das ist gut, denn dadurch ist die Handlung stringent. Auf der anderen Seite wundert man sich noch immer darüber, dass die Menschheit der Valérian-Zukunft so ausgesprochen träge ist. Im ersten Teil der Reihe reichte es, die virtuellen Träume der Menschen abzuschalten, um weltweites Chaos auszulösen. Ist die Flucht in eine Traumwelt tatsächlich der Weg zum Glück? Laureline ist in diesem Teil zum ersten Mal als Agentin in Aktion zu sehen. Das ist keineswegs selbstverständlich (für einen 1970 erschienen Comic). Valérian wundert sich zum Beispiel, wie Frauen wohl den Agentenjob ausfüllen können. Laureline überzeugt ihn damit, dass Frauen auch im Feld solides Essen zubereiten können. Das ist eine arg überspitzte Satire: Stärker wäre es wohl gewesen, diese Tatsache umkommentiert zu lassen. Denn so wundert man sich weiterhin ein wenig, warum die Charakterisierung Valérians so schlicht bleibt. Warum begibt er sich nicht wie die meisten anderen Menschen in eine Traumwelt? Was treibt ihn dazu an, sein Leben für die Gemeinschaft zu riskieren, die längst in Lethargie versunken ist?

Dies sind jedoch die Hintergrundbedingungen der Serie. Die eigentliche Handlung der „Stadt der tosenden Wasser“ spielt in einem grandiosen Setting: Das überschwemmte New York im Jahre 1986 bietet eine faszinierende Kulisse für Valérians Suche nach Xombul. Die Endzeitstimmung wird dabei indirekt durch den Kalten Krieg ausgelöst. Gleichzeitig zeigt der Comic jedoch bereits 1970 auf, welche katastrophalen Auswirkungen die Manipulation des Weltklimas mit sich bringen würde. Die Zivilisation, wie wir sie kennen, wird zerstört, eine jahrhundertelange dunkle Zeit folgt. Mit seiner Atmosphäre kann es „Die Stadt der tosenden Wasser“ locker mit modernen Ökotrhillern aufnehmen.

Außerdem ist in diesem alternativen New York bei weitem nicht alles schwarz und weiß. Zwei Protagonisten tragen den Comic. Auf der einen Seite ist da der geniale Wissenschaftler Schroeder, der von Xombul gezwungen wird, für die böse Seite zu arbeiten. Auf der anderen Seite steht der durchtriebene Bandenchef Sun Rae. Es ist recht geschickt, dass weder Valérian noch Laureline wissen, wi die Geschichte sich entwickeln wird: Die dunkle Zeit ist auch für Zeitreisende eigentlich eine verbotene Periode, daher gibt es kaum gesicherte Erkenntnisse. Am Ende aber stellt sich heraus, dass es zum Wiederaufbau sowohl Idealisten wie Schröder als auch Ganoven wie Sun Rae bedarf. Valérian verlässt hier die schwarz-weiße Welt des Hauptantagonisten Xombul.

Valérian und Laureline erleben in diesem faszinierenden Setting und mit den interessanten Nebencharakteren eine spannenden Szene nach der anderen. Von Verfolgungsjagden, Versteckspielen, Angriffen bis hin zu Weltraumreisen erlebt der Leser die verschiedensten Szenarien. Dabei ist die Mischung zwischen Valérian und Laurelines Aktivismus und Xombuls Plänen im Hintergrund genau richtig. „Die Stadt der tosenden Wasser“ ist ein unterhaltsamer und spannender Comic, der mit seinem Setting gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Das ist bis auf den etwas eindimensionalen Gegenspieler sehr überzeugend.

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