Schneller Abgang (von Martha Wells)
|(Orig. Titel: „Exit Strategy“)
Killerbot ist eine Sicherheitseinheit, die ihr eigenes Chefmodul gehackt hat. Mit ihrer neuen Freiheit schaut sie hauptsächlich Serien. Nebenbei hat sie jedoch herausgefunden, dass die Firma GrayCris hinter einem Anschlag steckte, bei dem sie und weitere Sicherheitseinheiten dazu gezwungen wurden, Menschen zu töten. Außerdem hat sie GrayCris große Schwierigkeiten bereitet, indem sie zufällig illegale Bergwerkoperationen aufgedeckt hat. Nun trägt Killerbot die Beweise aller GrayCris Verbrechen mit sich und ist doch noch lange nicht am Ziel. Denn ihre einstige Mentorin Mensah wird von der Firma gefangen gehalten. Killerbot reist daher zu einer der zentralen Stationen der Konzernwelt, in der Hoffnung mit Mensahs Mitarbeitern ihre einstige Mentorin befreien zu können. Da eine unkontrollierte Sicherheitseinheit im Konzernraum illegal ist, riskiert Killerbot damit ihre jüngst gewonnen Freiheit und wie sich bald herausstellt auch ihr Leben.
„Schneller Abgang“ ist der Abschluss der vier-bändigen „Killerbot“-Reihe. Die Novelle kann daher auf viele vorherige Ereignisse aufbauen und ist ohne die Kenntnis der Vorgänger vermutlich nur schwer zu verstehen. Getragen wird der Abschluss wie die gesamte Reihe von Killerbot. Der Cyborg legt wie gewohnt eine zynische, lakonische und gleichzeitig herzensgute Einstellung gegenüber seiner Umwelt an den Tag. Menschen sind für ihn weiterhin ein großes Rätsel, schließlich bringen sie sich ständig unnötig in Gefahr. Dieses Rätsel löst Killerbot, indem er so tut als seien im Menschen egal. „Schneller Abgang“ unterstreicht aber einma mehr, wie viel Killerbot für seine Mitmenschen riskieren würde. Indem er sich für Mensahs Freiheit einsetzt, risikiert Killerbot zunächst seine eigene Freiheit und anschließend sein Leben. Denn im Konzernraum hätten seine einstigen Besitzer, eine skrupellos agierende Versicherungsfirma, jederzeit das Recht, ihn wieder auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen. Und GrayCris möchte seine kriminellen Machenschaften natürlich weiterhin vertuschen und setzt Kampfroboter auf Killerbot an. „Schneller Abgang“ ist daher der bisher hektischste und kampfstärkste Teil der Reihe.
„Schneller Abgang“ glänzt aber auch einmal mehr mit grandiosen Interaktionen zwischen Killerbot und seinen Mitmenschen. Killerbot lernt, dass er Menschen nicht leiden muss, um respektvoll mit ihnen zusammenzuarbeiten. Er lernt aber auch langsam, Gefühle aufrichtig zu kommunizieren. Diese Wandlung ist behutsam dargestellt und ist gerade zwischen den sehr brutalen Kämpfen eine interessante Abwechslung. Der Abschluss der Reihe gibt aber auch noch einmal neue Einblicke in das Verhältnis zwischen verschiedenen Bots. Killerbots Vorteil gegenüber seinen Gegnern ist, dass er versteht wie Menschen und Bots denken, seine Feinde jedoch nur aus menschlicher Perspektive denken. Killerbot aquiriert daher permanent die schrägsten Maschinen für seine Sachen und übernimmt am Ende gar ein ganzes Schiff. Dies wird immer logisch umgesetzt und gibt der spannenden Handlung weitere Tiefe.
Am Ende steht Killerbot vor einer sehr befriedigenden, wenn auch vielleicht zu viele Möglichkeiten bietenden Zukunft. „Schneller Abgang“ wird dadurch zu einem wahrhaft runden Abschluss für eine REise, auf der Killerbot sich von einer auf ein polizeiliches Ziel programmierte Maschine zu einem tiefen, komplexen Charakter mit eigenen Moralvorstellungen, widersprüchlichen Gefühlswelten und einer ordentlichen Portion Humor entwickelt hat. Dieses Finale lässt sich so schwer aus der Hand legen wie seine Vorgänger.
(Während ich normalerweise versuche Originalausgaben zu rezensieren, basiert dieser Kommentar auf der deutschen Ausgabe von „Exit Strategy“, die unter dem Titel „Schneller Abgang“ in dem Sammelband „Tagebuch eines Killerbots“ im Heyne-Verlag erschienen ist. Ich erwähne dies an dieser Stelle, da der Sammelband die ersten vier Novellen der „Murderbots“-Serie für derzeit 12,99€ (Ebook-Version) enthält, während mit Ausnahme der ersten Novelle alle weiteren Novellen in der englischen Originalausgabe einzeln jeweils zwischen 8 und 11€ kosten. Die Ersparnis beim Erwerb des deutschen Sammelbands ist also ausgesprochen hoch.)