Pitcher Plant (von Adam-Troy Castro)

Der Tod schleicht sich wie ein Dieb in ein gut verriegeltes Haus ein. Der Besitzer möchte ihm entkommen. Doch gegen die Skrupellosigkeit des Todes hat er keine Chance: Ohne Gefühle räumt der Tod alle Hindernisse aus dem Weg und beendet das Leben des innerlich verfaulten Menschen. Auf seiner Flucht aus dem Haus offenbart der Tod jedoch seine panische Angst davor, in Räumen eingeschlossen zu sein. Da er selbst nicht sterben kann, würde ihn dies zu einer Ewigkeit in einem Raum verdammen.

„Pitcher Plant“ offenbart dem Leser nicht sofort, dass es sich bei ihrem Protagonisten um den Tod handelt. Zunächst spricht die Erzählung nur von einem Dieb, vor dem sich der Hausbesitzer schützen möchte. Doch bereits nach den ersten Fallen ist klar, dass es sich um den Tod oder ein ähnliches Wesen handelt. Die dadurch aufgebaute Atmosphäre ist gelungen. Die Emotionslosigkiet und Brutalität des Todes ist sehr gut dargestellt. Noch gelungener ist die Darstellung seines Gegenspielers. Durch seinen ständigen Fokus darauf, dem Tod von der Schippe zu springen, ist der Mann mehr oder weniger eine sowieso schon leere Hülle. Sein Lebensinhalt drehte sich nur um ein Ziel, das er niemals erreichen konnte. Insofern ist „Pitcher Plant“ auch ein warnendes Beispiel für eine zu starke Fokussierung oder Angst vor dem Tod. In Verbindung mit der starken Atmosphäre formt dieses Beispiel eine gelungene, aber nicht besonders spektakuläre Kurzgeschichte.

Kannenpflanze“ wäre die deutsche Übersetzung für diese Geschichte. Diese fleischfressenden Pflanzen locken ihre Beute in ihren Magen, aus dem es kein Entkommen gibt. Diese Angst treibt auch den Tod um. Er ist selbst nicht sterblich und würde daher für immer in seinem Gefängnis ausharren müssen. Außerdem könnte er seiner Arbeit nicht nachkommen, was die Gesellschaft außerhalb seines Gefängnisses für immer verändern würde. Dieses Ende ist interessant. Der Autor macht keinen Hehl daraus, dass eine Menschheit ohne Tod keine Utopie wäre. Auf diese Art endet die Kurzgeschichte mit der Überraschung darüber, dass selbst der Tod Gefühle und Ängste hat (da er zu einem großen Teil durch Wände gehen kann, ist die Vorstellung eines Gefängnisses eigentlich unmöglich) und Gedanken an eine Gesellschaft ohne Tod. Beides sind interessante Überlegungen, die zu dem atmosphärisch dichten Aufbau der Kurzgeschichte passen. „Pitcher Plant“ entführt den Leser damit auf solide Art für einige Seiten in den fiktionalen Arbeitsalltag des Todes.

Die Kurzgeschichte „Pitcher PLant“ von Adam-Troy Castro ist 2018 im „Nightmare„-Magazin erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2019“, herausgegeben von Carmen Maria Machado und John Joseph Adam.

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