ZeroS (von Peter Watts)

An dem Tag an dem Kodjo Asante stirbt, wirt er vom Militär rekrutiert. Hier experimentiert man mit Zombie-Soldaten. Wenn Asante sich für fünf Jahre verpflichtet, wird er von der neuen Technologie am Leben erhalten und darf anschließend seinen Lebensabend in Frieden verbringen. Asante sagt zu und findet sich bald darauf in einem hochtechnisierten Zombibattalion wieder. Allerdings ist die Technik noch in der Erprobungsphase und fällt bei einigen Kameraden aus. Die Geräte haben zudem für das Militär einen einschneidenden Vorteil. Während ihres Einsatz schalten die Zombies auf instinktiven Autopiloten, können nur noch von der Einsatzleitung umgesteuert werden. Nach dem Einsatz erinnern sich die Individuen oftmals an nichts und erfahren das Meiste über ihre Taten in Nachbesprechungen. Kodjo Asante wird von Mission zu Mission skeptischer, was das Ziel ihrer Chefs ist. Spätestens als bei einem Einsatz mehrere Kinder zu Tod kommen, befürchtet er, für ein illegales Unternehmen zu arbeiten. Seine Kollegin Tiwana erinnert ihn daran, dass das Hauptziel ist, die fünf Jahre zu überleben. Kurz darauf wird die Zombietruppe auf eine fatale Mission geschickt: In einer unterirdischen Anlage in der Arktis stoßen sie auf eine bestens ausgestattete Gruppe Kindersoldaten. Die ganze Truppe stirbt, nur Kodjo Asante überlebt da er es nicht über sich bringen kann, auf Kinder zu schießen und mysteriöser Weise im Gegenzug vom Gegner verschont wird. Auf seinem letzten Briefing für das Militär erfährt er, dass eine unbekannte Schwarmintelligenz genetische Krieger züchtet und an abgelegenen Orten der Welt versteckt bis sie ausgewachsen sind und auf die Menschen losgelassen werden können. Die Chancen, dass das Militär sich gegen diese Bedrohung wehren kann sind gering, die Zombiekrieger nur eine kleine Hoffnung dagegen. Asante wird aus dem Dienst entlassen, scheint aber nun sterbende Menschen für den Dienst in der Zombiearmee zu rekrutieren.

„ZeroS“ ist eine sperrige, skurrile Kurzgeschichte. Der Auftakt ist eingängig: Kodjo Asante wird zu einem Zombie. Allerdings ist er kein planloser Zombie. Stattdessen wird er Teil einer hochtechnisierten Armee. Und tatsächlich ist der eigentliche Star der Geschichte die immer komplexer werdende Technik, die den noch mit Bewusstsein ausgestatteten Kadavern eingebaut wird. Über die Zeit machen Asante und seine Kameraden eher den Eindruck von Cyborgs als den von Zombies. Nur bei den Unglücklichen, deren Technik ausfällt, wird rasch deutlich, dass hinter der intelligenten Fassade nur am Leben gehaltene Tote stecken. Diese morbide Bedrohung ist immer präsent und kaum mit den Wünschen der einzelnen Soldaten nach einem friedlichen und angenehmen Leben vereinbar.

Noch beklemmender sind jedoch die immer brutaler werdenden Missionen auf die Asantes Einsatzgruppe geschickt wird. Watts spielt hier sehr überzeugend mit den gängigen Vorurteilen gegenüber militärischen Organisationen. Natürlich werden hier ein paar aufgelesene Leichen dafür missbraucht, mit neuer Technik zu experimentiern. Auf zynische Art sezieren die Zombies die Vorteile, namenlose Menschen zum Test zu verwenden, anstatt die eigenen Elitesoldaten zu opfern. Unter diesem Eindruck wirkt es ausgesprochen wahrscheinlich, dass die im Geheimen gezüchteten Zombies auch noch für Kriegsverbrechen verwendet werden. Die Optimisten in der Truppe verweisen darauf, dass die eingepflanzten Computer zur Befehlsverweigerung raten, sollten Befehle eindeutig zu Kriegsverbrechen anstacheln. Allerdings erinnert sich ja niemand an mehr als grobe Schemen der Einsätze. Woher weiß man also das alles mit mehr oder weniger rechten Mitteln vor sich gegangen ist?

Die „ZeroS“-Gruppe bricht mit der Unterscheidung zwischen Lebenden und Toten. Die eingesetzten technischen Mittel lassen zudem die Grenze zwischen bewussten und unbewussten Handlungen verschwimmen. Spätestens im Einsatz hat niemand der Zombies mehr einen freien Willen. Und am Ende der Geschichte verschwimmen auch noch die letzten Reste der Wahrheit. Die militärische Leitung klärt Asante, nachdem dieser den Verlust seines kompletten Teams miterleben musste, darüber auf, gegen was für einen Feind sie kämpfen. Auf einmal wirken Asantes Vorgesetzte geradezu besonnen angesichts einer mächtigen, aber nicht einschätzbaren Bedrohung. Aber entsprechen die Warnungen der Wahrheit? Auch das lässt sich am Ende nicht mit Sicherheit sagen. „ZeroS“ regt dadurch zum Nachdenken über das Leben, den freien Willen und den ganzen gesellschaftlichen Rest an.

„ZeroS“ schafft durch seine vielen Motive genau so viele nachdenkliche Momente. Außerdem hält die relativ lange Kurzgeschichte durch die ständigen Einsätze die Spannung hoch. Die Charaktere dahinter bleiben jedoch relativ blass. Von niemandem weiß man, was sie nach ihrem Ruhestand eigentlich planen. Die geschilderten Gefühle sind immer nur gegenwärtig, entstehen als Reaktion auf den Tod eines Kameraden oder ein gerade erschossenes Kind. In Verbindung mit der prominenten Rolle der eingesetzten Technik bleibt die Geschichte daher an den entscheidensten Stellen trotz ihrer interessanten Thematik zu steril, um den Leser wirklich zu packen.

Die Kurzgeschichte „ZeroS“ von Peter Watts ist 2017 in der Anthologie „Infinity Wars“ von Jonathan Strahan erschienen und wurde später auf „tor.com“ wiederveröffentlicht. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2018“, herausgegeben von N.K. Jemisin und John Joseph Adam.

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