The Wildered Quest (von Kate Elliott)

„Magic: The Gathering“ ist das älteste, größte und vermutlich faszinierendste Sammelkartenspiel der Welt. Mit „Throne of Eldraine“ erscheint dieser Tage ein neues Set. Die hier erstmals auftauchende Welt „Eldraine“ vermischt Elemente der Artus-Sage mit verschiedenen europäischen Märchen. Nahc der Einstellung der „Magic“-Romanserie lieferte „Wizards of the Coast“, der Hersteller des Kartenspiels, den Hintergrund eines jeden Sets in Form von Kurzgeschichten kostenlos auf der Homepage des Spiels. Nun versucht man sich wieder an verkauften Produkten und veröffentlicht die Hintergrundgeschichte in Form einer Ebook-Novelle. „The Wildered Quest“ von Kate Elliott konzentriert sich ausschließlich auf die mittelalterliche Ritter-Aspekte der neuen Welt. Hier haben die Menschen die alten Völker (Elfen, aber auch Monster) verdrängt und beherrschen die fünf zentralen Höfe. Angeführt werden sie von einem König, der eine Reihe von Prüfungen durchaufen muss. Ausgerechnet dieser Anführer wird nun entführt. Die Kinder des Königs, Rowan and Will Kenrith, machen sich auf den Weg, ihren Vater zu finden und Chaos in Eldraine zu verhindern.

Die fünf Höfe Eldraines spiegeln die verschiedenen Farben und Eigenheiten des Spiels wieder. Das ist nett, aber die Welt erscheint dadurch etwas generisch. Die jungen Ritter-Anwärter und Königskinder reisen von Hof zu Hof, lernen dabei die unterschiedlichen Facetten der Höfe (und Farben des Kartenspiels) kennen. Doch nichts davon ist wirklich beeindruckend. Elliott gibt sich Mühe, jedem Schloss eine eigene Note zu verpassen. Und doch hat man das Gefühl, die ganze Reise ist eher eine Fleißaufgabe als ein wirklich guter Beitrag, um dem Leser die Welt von Eldraine vor Augen zu führen.

Ein interessanter Aspekt ist die Bedeutung des Königs für den Frieden auf Eldraine. Auf der einen Seite ist dies in erster Linie ein Frieden für die Menschen. Sie werden hier vor Elfen aber auch vor Trollen und anderen Ungeheuern beschützt. Auf der anderen Seite ist das Königreich aber nicht allein auf die Menschen ausgerichtet. Ein Schloss wird noch immer von Elfen angeführt, die sich der neuen Ordnung angepasst haben. Auch muss der König erst eine Reihe von Prüfungen bestehen, bevor er sein Amt antreten kann. Und diese Prüfungen werden von einem nicht-menschlichen Wesen gestellt und die Kandidaten ausgewählt. Man kann die Spannungen und gleichzeitig die Symbiose von Menschen und nicht-Menschen – die in den Karten des Sets durchaus eine Rolle spielen – förmlich spüren. Leider wird aus diesem Thema jedoch nichts gemacht. Die nicht-Menschen werden schlicht als Bedrohung gesehen. Und auch wenn die Elfen-Anführerin am Ende einen Beitrag zur Lösung bietet, ist das schade.

Das vielleicht schrägste Konzept in „Magic“ sind die verschiedenen Welten. Das sind nicht etwa andere Planeten oder andere Dimensionen, sondern verschiedene „Planes“. Die Zauberer des Spiels sind „Planeswalker“, also Individuen, die zwischen den verschiedenen „Planes“ wechseln können. Das ganze Konzept steht damit letztlich doch irgendwo zwischen verschiedenen Planeten und Dimensionen. „The Wildered Quest“ ist die Geschichte wie Will und Rowan zu so genannten „Planeswalkern“ werden. Beide verfügen über relativ wenig magische Fähigkeiten. Das ist aber auch gar nicht notwendig, um zu einem Wandler der Welten zu werden. Wer diese Fähigkeit hat, entdeckt sie in der Regel in einer emotional ausgesprochen schwierigen Situation. Genau das geschieht hier: Die beiden Jugendlichen sind auf der Suche nach ihrem Vater, reisen von Schloss zu Schloss und müssen letztlich unter Zeitdruck ihren in ein Jagdobjekt verwandelten Vater vor einer Elfen-Jagdgemeinschaft retten. Dabei erfahren sie überraschende Hintergründe über ihre Familie, die den Funken der Planeswalker in ihnen erweckt und sie auf eine andere „Plane“ wechseln lässt. Das liest sich nett, bleibt aber genau so wie Eldraine als Welt ausgesprochen belanglos. Das ganze liest sich wie die Vorbereitung auf eine tatsächliche Geschichte. Doch diese Art der Ursprungsgeschichten sind langweilig, wenn man keine Verbindung zu den Protagonisten in einem späteren Zustand hat. Daher bleibt der Kernteil der Erzählung uninteressant.

Der Elf Oko taucht als Antagonist in „The Wildered Quest“ auf und ist eine riesengroße Enttäuschung. In den verschiedenen, das Set begleitenden Online-Artikeln erfährt man mehr über den ausgestoßenen und freiheitsliebenden Trickser als in dieser Novelle. Seine Motive für die Entführung des Königs bleiben durchgehend unklar, am Ende teleportiert sich der Planeswalker auf eine andere Ebene und damit ist sein Teil der Geschichte vorbei. Dadurch kann die Erzählung nicht einmal mit einem überzeugenden Gegenspieler unterhalten. Interessanter ist hier der Planeswalker Garruk. Ihm wurde in vorherigen Abschnitten des Kartenspiels übel mitgespielt, sodass er von einem Fluch belegt nun daran arbeitet, alle Planeswalker zu töten. An Oko beist er sich jedoch die Zähne auf, wird noch einmal verhext und fristet nun ein Dasein als willenloser Diener. Durch sein Einfühlungsvermögen gelingt es Will Kenrith eine Verbindung zu Garruk aufzubauen. Durch diese Bindung gelingt es am Ende, Garruk in den entscheidenden Momenten als Verbündeten zu gewinnen und ihn sogar von seinem Fluch zu befreien. Dieser leider nur kurze Abschnitt ist der gelungenste und interessante Aspekt des Romans.

„The Wildered Quest“ bietet schnelle Unterhaltung für Zwischendurch. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Roman weder in seiner Handlung, noch in seiner Beschreibung Eldraines oder in seinen Protagonisten eine interessante, überraschende oder spannende Geschichte erzählt. Alles plätschert in durchaus hohem Tempo vor sich hin, interessante Aspekte wie Garruks, Okos oder nicht-menschliche Motive werden konsequent ignoriert und am Ende steht ein vorhersehbares Finale. Alles in allem werden Rowan und Will so in das „Magic“-Universum eingeführt, ohne dass dem Leser wirklich klar ist, warum gerade diese beiden Charaktere überhaupt interessant sein sollen. „The Wildered Quest“ ist daher eine Enttäuschung für alle, die hinter der vielseitigen Welt der Eldraine-Karten auf eine ebenso komplexe oder eine charaktergetragene Geschichte gehofft haben.

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