The Black God’s Drums (von P. Dejèlí Clark)

Der amerikanische Bürgerkrieg endet mit einem Waffenstillstand. Die Südstaaten betreiben weiterhin Sklaverei und haben einen Weg gefunden, mithilfe einer Droge jeden Lebenswillen ihrer Sklaven abzutöten. Dadurch gibt es kein Risiko einer Revolution mehr. Die Revolution auf Haiti führte jedoch zu einer erfolgreichen Staatsgründung, die karibischen Inseln prosperieren und haben das amerikanische Festland schon lange technologisch abgehängt. New Orleans ist eine Art Freihafen geworden. Die Stadt ist eine neutrale, selbstregierte Einheit, in der sich Nord- und Südstaatler, sowie Vertreter der verschiedensten Regionen begegnen. Hier wächst die junge Jacqueline, die sich selbst Creeper nennt, auf. Sie trägt einen Teil der Gottheit Oya in sich. Als sie erfährt, dass ein Wissenschaftler der karibischen Inseln eine mächtige magische Waffe an die Südstaaten verkaufen möchte, kontaktiert sie die karibische Kapitänin Ann-Marie St. Augustine, die sich ebenfalls als Trägerin einer Gottheit entpuppt. Gemeinsam versuchen die beiden Frauen New Orleans sowie die freie Welt vor der Zerstörung bzw. Unterjochung durch die Südstaaten zu bewahren.

Licht und Schatten liegen in „The Black God’s Drums“ sehr nah beieinander. Durch den nicht entschiedenen, noch immer schwelenden amerikanischen Bürgerkrieg sind zwei Seiten entstanden. Die vermeintlich guten Nordstaaten und die hier eindeutig schaurigen Südstaaten. Im Ergebnis sind die Südstaaten eine Art Zombiekolonie, in der eine weiße Minderheit ihr Leben dadurch finanziert, dass sie eine schwarze Mehrheit de fakto in Zombies verwandelt und für sich arbeiten lässt. Das ist ein gruseliges Bild. Auf der anderen Seite steht New Orleans. In der Stadt begegnen sich die verschiedenen Seiten des einstigen Konflikts und müssen notgedrungen irgendwie miteinander auskommen. Diese fragile Balance ist explosiv und gerade deswegen hochspannend. Darüber hinaus ist mit den karibischen Inseln ein tatsächlicher schwarzer Staat entstanden, der ausgesprochen gut funktioniert. Wie in der tatsächlichen Geschichtsentwicklung führt diese Emanzipationsbewegung in einigen Kreisen zu extremen Restaurationswünschen. Und so gibt es auch in dieser Welt brutal agierende, kleine Sekten, denen jede schwarze Ermächtigung ein Dorn im Auge ist. Dieses Ensemble aus verschiedenen Fraktionen breitet sich in „The Black God’s Drums“ ganz natürlich aus, fesselt den Leser und entführt ihn in eine atmosphärische dichte alternative Geschichtsschreibung New Orleans.

Clark schafft eine Vielzahl interessanter Figuren. Die wirklichen Charaktere und Handlungsträger der Novelle sind jedoch zwei Frauen. Creeper, die Hauptprotagonistin, hat ihre Familie verloren, wird aber von einer Götting des Sturms besessen. New Orleans ist ihre Heimat, sie kann die verschiedenen Fraktionen spielend auseinander halten. Der Leser hat mit ihr einen erfahrenen Stadtführer an der Hand. Aus Creepers Perspektive erlebt man die verschiedenen Graustufen dieser alternativen Welt und erfährt von der Gefahr, die das vielfältige New Orleans bedroht. Das ist temporeich und spannend. Nachdem man die Phase des Staunens über den pulsierenden Schmelztiegel überwunden hat, fiebert man mit Creeper und Ann-Marie und derer Suche nach dem gefährlichen Wissenschaftler mit. Beide Frauen stellen sich dabei der magischen Kraft in ihnen und am Ende führt die Zusammenarbeit der beiden Göttinen in ihnen zur Rettung der Stadt. „The Black God’s Drums“ ist insofern in erster Linie eine große Herausforderung für ein junges Straßenmädchen und eine erfolgreiche Kriegerin. Diese Gleichzeitigkeit von Problemen in gänzlich unterschiedlichen sozialen Situationen ist interessant und macht die Erzählung charakterstark.

Magie ist ein zentrales Element der Novelle. Die beiden wichtigsten Charaktere haben magische Wesen, Göttinnen, in sich. Außerdem geht die Bedrohung für die Stadt von einer magischen Waffe aus, mit der einst Napoleon vertrieben wurde. Dieser phantastische Aspekt ist ein sperriger Teil der Geschichte. Gerade auf dem spannenden Höhepunkt wirkt die magische Lösung etwas deplatziert. Gleichzeitig trägt der magische Aspekt zur Faszination des nicht nur in seinen Fraktionen, sondern auch noch von Magie umströmten New Orleans bei. Trotzdem möchte man meinen, dass die feine Inszenierung zwischenmenschlicher Begegnungen, die atmosphärisch starke Beschreibung eines alternativen New Orleans und die spannende Jagd nach einer tödlichen Waffe eventuell auch ohne Magie ausgekommen wäre.

Die Novelle „The Black God’s Drums“ ist im tor-Verlag erschienen und für den Hugo Award 2019 in der Kategorie „Beste Novelle“ nominiert.

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