Embers of War (von Gareth L. Powell)

Der letzte galaktische Krieg endete mit einem verheerenden Genozid. Direkt daran beteiligt war das mit einer künstlichen Intelligenz ausgestattete Kriegsschiff „Troubled Dog“. Im Laufe des Krieges entwickelte die Intelligenz in dem Schiff jedoch ein Gewissen. Auf nie da gewesene Art legte es daher nach dem Krieg den Dienst nieder und schloss sich dem „House of Reclamation“, einer Mischung aus interstellarem Roten Kreuz und Seenotrettungsgesellschaft an. Weitgehend entwaffnet und nur noch von einer kleinen Rumpfbesatzung gewartet, steht die „Troubled Dog“ nun im Dienste humanitärer Hilfe. Mit diesem Leben ist die Intelligenz des Schiffes zufrieden. Bis eines Tages in einem Sektor zwei Raumschiffe auf mysteriöse Art verschwinden und eine bisher ungeahnte Waffe den Frieden in der Galaxis bedroht – und die Schwesterschiffe der „Troubled Dog“, mit denen sie noch immer vernetzt ist, mit den Angriffen in Verbindung stehen.

Die dominierende Raumschiffthematik in „Embers of War“ ist sehr interessant. Die „Troubled Dog“ hat ein eigenwillige Perspektive und denkt natürlich ganz anders als ihre an ihre Körper gebundene Besatzung. Ihr Gewissen hat sie in den Dienst einer zivilen Organisation getrieben, doch ihre Erfahrungen sind hauptsächlich durch ihre Programmierung das Militär geprägt worden. Die „Troubled Dog“ hat daher eine recht martialische Intuition und einen ausgesprochen aggressiven Humor. Das in Verbindung mit ihrer humanitären Ausrichtung sowie dem ansonsten recht rational-berechnenden Denken einer künstlichen Intelligenz sorgt für einen interessanten Mix. Powell arbeitet aus diesem interessanten Charakter viele gute Momente heraus. Am stärksten ist dieser Handlungsstrang wenn sich die „Troubled Dog“ gegen ihre eigenen, gewissenlosen Geschwister stellen muss. Die Unterhaltung zwischen den Intelligenzen in unterschiedlichem Bewusstseinsstadium sind sehr gelungen.

Aber auch die Besatzung der „Troubled Dog“ sorgt für einige interessante Momente. Lebewesen schließen sich dem „House of Reclamation“ an, um ihrer Vergangenheit zu entfliehen. Wie die „Troubled Dog“ sind fast alle Mitglieder der Besatzung aufgrund des im Prolog geschilderten Genozid der zivilen Rettungsorganisation beigetreten. Recht früh in der Handlung stoßen zudem zwei Geheimagenten (zunächst undercover) zu der Besatzung dazu. Alle Protagonisten haben ein Trauma zu verarbeiten, beziehungsweise laufen vor irgendetwas weg. Mit der Rettungsmission des „House of Reclamation“ füllen sie ihr Leben jedoch mit einem Sinn. Die vielschichtigen Gründe, dem Haus beizutreten, tragen dazu bei, dass man mit den Charakteren rasch sympathisiert. Außerdem erhält jedes Mitglied der recht kleinen Besatzung im Verlauf des Romans eine wichtige Rolle, in der Powell die Hintergründe der einzelnen Figuren für den Verlauf der Handlung spannend nutzt.

Vor allem durch die Geschichte des Hauses erfährt der Leser viel über die recht komplizierte politische Situation in Powells Zukunftsvision. Der Frieden ist recht brüchig, verschiedene Blöcke stehen sich in einer Art Kalten Krieg gegenüber und ausschließlich das „House of Reclamation“ ist eine blockübergreifende Organisation. Auch diese Ausgangslage ist recht spannend. Es scheint die größte menschliche Gesellschaft zu sein, die die neuartigen Superwaffen entwickelt. Leider weiß man noch zu wenig über die „Multiplicity“, die interstellare Gemeinschaft, um sofort zu wissen, dass eine mächtige Waffe in den Händen der Menschheit für Unheil sorgen wird. Das wird erst im Laufe der Handlung durch verbohrte Offiziere und vor allem die brutalen Schwesterschiffe der „Troubled Dog“ deutlich. Alles in allem ist die von Powell geschaffene Welt durchaus interessant, ihr fehlt nur die emotionale Komponente hinter den recht abstrakten Machtspielchen der verschiedenen Blöcke.

Die Handlung selbst ist temporeich und spannend. Die „Troubled Dog“ und ihre Besatzung wird über weite Strecken des Romans von den Entscheidungen anderer getrieben. In einer spektakulären Raumschlacht gelingt es der „Troubled Dog“ das Blatt zu wenden. All dies ist spannend zu lesen und sehr unterhaltsam. Der gesamte Roman läuft jedoch auf einen Engpass hinaus, in dem die „Troubled Dog“ und ihre Besatzung eigentlich nur verlieren kann. Leider löst Powell dies auf, indem aus dem Nichts eine längst verschwunden geglaubte Macht zurückkehrt und den Frieden sichert. Das tut zwar dem Tempo und der Spannung des Romans keinen Abbruch, wirklich überzeugend ist dieser Handlungskniff aber leider nicht.

Denn während die Verarbeitung und vor allem die Auswirkungen des Genozids durch alle Protagonisten hier sehr gut dargestellt wird, bedeutet die Lösung in diesem Roman „nur“, dass in der gesamten bekannte Galaxie eine Art Friedensdiktatur errichtet wird. Die neue Macht verfügt über so viele Ressourcen, dass sie jedes bewohnte System patrouillieren kann. Dabei wird die Freiheit, solange sie sich friedlich ausdrückt, von niemandem eingeschränkt. Allerdings ist es leicht vorstellbar, wie diese Balance aus dem Gleichgewicht und zur Unterdrückung wird. Aber vermutlich ist das der Handlungsstrang, der in den geplanten Fortsetzungen aufgegriffen wird.

„Embers of War“ hat viele überzeugende Elemente. Die meisten Erzählperspektiven, sei es der Captain der „Troubled Dog“ oder das Schiff selbst, sind interessant, teilweise ungewöhnlich aber immer sehr gelungen. Die Handlung ist temporeich, spannend und an einigen Momente wirklich überzeugend. Außerdem ist die Verarbeitung eines Genozids unvorstellbaren Ausmaßes sehr gut thematisiert. Von der Befehlshaberin bis hin zu Opfern finden sich die verschiedensten Protagonisten in dem neuen Konflikt wieder, sodass längst vergessen geglaubte (bzw. gewünschte) Wunden wieder aufbrechen. Leider steht dem eine (noch) etwas dünne Hintergrundgeschichte, zu eindimensionale Gegner sowie eine zu einfach wirkende, plötzliche Auflösung gegenüber. Während der Handlungsinhalt daher an einigen Punkten schwächelt, überzeugen die Protagonisten, das Tempo und der Spannungsbogen des Romans und sorgen für eine unterhaltsame Lektüre.

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