Das letzte Fragment (von Andreas Suchanek / Heliosphere Folge 50)

Imperator Sjöberg steht mit dem Rücken zur Wand. Die Rebellion gegen den Diktator steht kurz vor einem überwältigen Erfolg. Allerdings warten im Hintergrund die mächtigen Ash’Gul’Kon, die sich anschicken, jedes Leben in der Galaxie zu vernichten. Sie haben ein weiteres Fragment unter ihre Kontrolle gebracht, mit dem sie durch die Zeit reisen können. Ihr Ziel ist es, Jayden Cross das Handwerk zu einem Zeitpunkt zu legen, an dem er keine Gefahr darstellt. Die Menschheit hätte dadurch keinerlei Chancen gegen eine Ash’Gul’Kon-Invasion zu bestehen.

„Das lezte Fragment“ ist der Abschlussband eines 50-bändigen Handlungsstrangs, der vor sieben Jahren mit der ersten Folge „Das dunkle Fragment“ begann. Die Episode kann daher auf eine lange und dichte Geschichte aufbauen. Das macht die Erzählung temporeich, dicht und trotz der Überlänge ereignisreicher als viele der in der Vergangenheit doch etwas langatmig und ziellos wirkenden Bände. Das ist unterhaltsam und bietet für (fast) jeden Protagonisten der Serie einen klaren Abschluss. Außerdem treten dank der Zeitreise eine Reihe früherer, längst verstorbener Charaktere wieder auf. Besonders an diesen Stellen liest sich „Das letzte Fragment“ wie ein ausufernder Fan-Service zum Abschluss der Serie.

Denn inhaltlich bleibt der Abschluss des Zyklus ausgesprochen eindimensional. „Heliosphere 2265“ sind schon seit längerem die Ideen ausgegangen: Zwichen dem Imperium Sjöbergs und der brutalen Ash’Gul’Kon-Invasion dümpelte die Rebellen-Allianz seit Jahren hin und her, ohne dass wirklich etwas passierte. Nun wird Sjöberg endlich gestürzt und es ließe sich mit vielen beliebigen früheren Bänden austauschen. Wie immer ist Sjöberg siegessicher, obwohl er keinerlei Grund dafür hat. Wie immer müssen die „Helden“ der Serie damit interagieren und wie immer setzen sie sich am Ende durch. Das ist vorhersehbar und langweilig. Denn trotz vieler Explosionen zeigt Sjöberg einmal mehr, dass er schlicht ein schlechter Antagonist für die Serie ist. Sein Charakter bleibt eindimensional, seine Motivation schlicht und – dies wiegt am Schlimmsten – sein Verhalten bleibt dämlich. Es ist ein Wunder, dass es überhaupt eine Rebellion brauchte, damit dieser Mann stürzte. Immerhin ist der erbärmliche Schwachpunkt dieser Serie nun Geschichte.

Die Ash’Gul’Kon waren seit Jahren der interessantere Antagonist. Die Spinnenskorpione haben einen Hass auf die Menschheit und planen, sie komplett auszurotten. Das erscheint ausgesprochen konventionell. Die Invasion wurde jedoch durch eine Reihe interessanter Aspekte angereichert. So nutzen die Ash’Gul’Kon menschliche Opfer für die Geburt ihres Nachwuchses – wobei der Wirt bei der Geburt stirbt. Außerdem sind die Führungspersönlichkeiten der Ash’Gul’Kon nicht nur mächtige Wesen, sondern haben auch einstige Protagonisten der Serie übernommen. All dies bot die Bühne für sehr gute Erzählungen (von denen der Serie auch einige gelangen). In „Das letzte Fragment“ wird nichts von diesem Potential genutzt. Stattdessen werden die Ash’Gul’Kon durch eine ganz konventionelle und ausgesprochen blutleere Zeitreise besiegt. Fast noch tragischer ist, dass die Ash’Gul’Kon dabei sjöbergisiert werden: Vor allem die Stimme neigt zum selben Größenwahn im Angesicht der Niederlage wie der Diktator. Und Sjöberg hat ja ebenfalls damit geliebäugelt, einen Großteil der Menschheit zu vernichten. Trotzdem bleibt es schleierhaft, wie sich die Stimme nach mehreren gescheiterten Anläufen so sicher sein kann, seine Feinde zu besiegen, bleibt schleierhaft. So endet die Serie mit zwei zugrunde gerichteten Antagonisten, zwischen denen man letztlich keinen Unterschied mehr machen kann von denen letztlich keiner mehr überzeugte.

Im Laufe der Handlung geraten unzählige Protagonisten der Serie in lebensbedrohliche Situationen. Das sorgt für das Hohe Tempo der Folge. Es sorgt aber auch dafür, dass das Konzept sich rasend schnell abnutzt. Denn Suchanek entwickelt immer mehr „Überraschungen“, die das Überleben seiner Helden doch noch sichern. Hier hätte man sich entweder auf weniger Charaktere konzentrieren oder aber wenigstens in einigen Fällen etwas Tragik in die Handlung bringen sollen.

„Heliosphere 2265“ erschien zuletzt nur noch alle par Monate. Die Geschichte ist mit „Das letzte Fragment“ nun gefällig zum Abschluss gebracht. Das Serien-Universum erscheint jedoch auserzählt, die Charaktere haben sich seit langem nicht mehr weiterentwickelt und Überraschungen bleiben aus. Die Vielfalt, die die Serie noch in den 20er-Heften ausstrahlte ist längst einer alles dominierenden, schwachen Haupthandlung gewichen. „Heliosphere 2265“ geht nun in eine lang angekündigte Pause. Nach „Das letzte Fragment“ ist unklar, woran die Serie eigentlich anschließen möchte. Die interessantesten Fraktionen und Welten liegen in Trümmern, die meisten Charaktere sind in der Beliebigkeit versunken. Daher ist die Pause wohl das Beste, was der Serie passieren kann: Idealerweise kehrt die Serie mit neuen Ideen, besseren Bösewichtern und pfiffigeren Handlungen aus der Versenkung zurück und entführt die Leser in spannende Schilderungen des galaktischen Wiederaufbaus. Oder aber das Ende aller wichtiger Handlungsstränge wird dafür genutzt, dass „Heliosphere 2265“ mit dem großen Erfolg, 50 Folgen lang zwar nicht immer inhaltlich solide, aber immer gefällige Unterhaltung geboten zu haben, beendet wird.

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