Justice Systems in Quantum Parallel Possibilities (von Lettie Prell)

Cole wartet auf sein Gerichtsverfahren. Sein Zellennachbar Marco scheint psychische Probleme zu haben, redet wild vor sich hin. Seine Worte formen sich zu Beschreibungen anderer Dimensionen, in denen das Justizsystem ganz anders aufgebaut wird. Cole wird gedanklich in Welten entführt, in denen die Opfer Recht sprechen, Justiz zu einem erstrebenswerten Fetisch erhoben wird oder die gesamte Gesellschaft aus Sträflingen verschiedener Stufen besteht. In jedem System wird Cole aus einer anderen Perspektive mit seinem Verbrechen konfrontiert. Am Ende verliert er den Bezug zur Gegenwart, fragt einen Wächter in welchem Justizsystem er sich befindet und erhält als Antwort: In dem einzigen System, das es gibt. auf dem Weg zur Verhandlung merkt er zudem, dass die benachbarte Zelle, in der er Marco vermutet hat, leer ist.

Die Kurzgeschichte besteht aus kurzen Vignetten, also Abschnitten, in denen aus Coles Perspektive erlebt wird, wie sein Verbrechen in anderen Justizsystemen verhandelt werden würde. Jedes einzelne davon hinterfragt, wie Bestrafung in unserer Gesellschaft abläuft. Dabei wird in jedem Abschnitt eine bestimmte Idee, sei es Rehabilitation, Vergeltung für die Opfer oder aber Achtung der Menschenwürde von Sträflingen aufgegriffen und ins Extreme gesteigert. Diese kurzen Ausflüge in andere Dimensionen sind konzentriert, aber gelungen nachdenklich. Stark ist außerdem, dass Cole auf jedes Bild eine Reaktion hat, die ihn sein Verbrechen jedes Mal etwas anders betrachten lässt.

Abgesehen von diesen anregenden Ausflügen passiert in der Kurzgeschichte aber leider relativ wenig. Für eine Weile vermutet man, dass die Ausflüge selbst Teil der Bestrafung Coles sind, da er dadurch aus verschiedenen Perspektiven das Leid, das er erzeugt hat, kennenlernt. Letztlich scheint es aber so zu sein, als wäre das Ganze doch nur ein Traum. In jedem Fall hätte der Kurzgeschichte neben den verschiedenen Alternativjustizsystemen ein stärkerer Handlungskern sehr gut getan. Dadurch wäre zwar der Interpretationsspielraum geringer, die (von der Autorin gewünschte) Kernaussage wäre jedoch gestärkt worden.

Die Kurzgeschichte „Justice Systems in Quantum Parallel Possibilities“ von Lettie Prell ist 2017 im „Clarkesworld Magainze“ erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2018“, herausgegeben von N.K. Jemisin und John Joseph Adam.

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