Im Reich der Tausend Planeten (von Pierre Christin & Jean-Claude Mézières / Valérian et Laureline Band 2)
|(Die Besprechung beruht auf dem Comic „L’Empire de Milles Planètes“ im ersten Band der französischen Gesamtausgabe.)
Valérian und Laureline besuchen Syrte, die Hauptstadt des Imperiums der Tausend Planeten. Sie haben den Auftrag herauszufinden, ob von dem Imperium eine Gefahr für die Erde ausgeht. Auf Syrte angekommen kauft sich Laureline eine Uhr. Bald darauf wird das Agentenpaar entführt. Die „Kundigen“, die mehr oder weniger heimlichen Berater der Herrscher des Imperiums haben durch die Uhr herausgefunden, dass Valérian und Laureline von der Erde kommen, da auf Syrte alle Bewohner die Zeit „fühlen“. Sie kündigen grausame Rache an der Erde an – nur wissen weder Valérian noch Laureline, wofür diese Rache gelten soll. Da die „Kundigen“ jedwede Form von Wissenschaft unterdrücken und einzig ihren religiösen Kult gelten lassen, regt sich in der Bevölkerung Widerstand gegen sie. Die beiden Zeitagenten machen sich dies zu nutze, um mehr über die merkwürdigen Berater herauszufinden.
Der zweite reguläre Band der „Valérian et Laureline“-Reihe glänzt mit grandiosen Bildern. Syrte ist eine Augenweide. Durch die Entführung sowie die anschließende Flucht kommen Valérian und Laureline (und darüber hinaus der Leser) in den Genuss, verschiedene Landschaften auf dem Planeten kennenzulernen. Vom imperialen Palast bis zu abgelegenen Flüssen, von den düstersten Vierteln der Hauptstadt bis zu einem Dschungel reicht das Spektrum dieses Comics. Dies ist verbunden mit einer ausgesprochen mysteriösen Stimmung. Das Imperium wird keineswegs vom Imperator, sondern von seinen geheimnisvollen, wissenschaftsfeindlichen Beratern regiert. Dazwischen wuseln umtriebige Händler, einfache Leute und eben auch der opulente imperiale Hof im Comic herum. Alles dreht sich jedoch um das Geheimnis der Kundigen, denen es gelungen ist das riesige Imperium zu kontrollieren. Diese Verbindung aus faszinierendem Planeten mit faszinierender Bevölkerung ist sehr überzeugend.
Valérian und Laureline gelingt es gekonnt, den Widerstand gegen die Kundigen zu lokalisieren. Das ist spannend: Denn auf dem Weg dorthin geraten sie mehrfach in ausgesprochen brenzlige Situationen. Am Ende kommt es zu einer extrem hektischen und genau so beeindruckenden Raumschlacht zwischen dem Widerstand und den Kundigen. Spätestens hier stellen die Bilder die vorherigen Bände weit in den Schatten. Doch auch inhaltlich überzeugt die Auflösung. Die Kundigen kamen einst mit einem enormen Wissensvorsprung von der Erde, ihre recht frühe Raumexpedition ging mächtig schief. Da nie ernsthafte Rettungsversuche unternommen wurden, das Schiff der Kundigen galt als verschollen, streben diese nach Rache. Da Valérian ihre Flotte zerstören kann, erkennen sie die Sinnlosigkeit ihres Plans und begehen kollektiven Selbstmord. Das Imperium ist von ihrem Einfluss befreit, doch dadurch werden nur die sowieso existierenden, von den Kundigen jedoch unterdrückten Risse deutlich und es kommt zu Revolten gegen die Herrscher des Imperiums. Dieser radikale Schluss ist ausgesprochen bewegend. Die Idee, das menschliche Raumschiffe verschwinden und später auftreten ist nicht neu. Man vermutet jedoch zunächst, dass Valérian einen Weg findet, die Kundigen wieder in die menschliche Gesellschaft zu integrieren. Die radikale Entscheidung der Kundigen berührt trotz ihrer Grausamkeit und Härte. „Das Reich der Tausend Planeten“ schafft dadurch ein starkes Blatt wie viel harte und radikale Gewalt große Enttäuschung (in diesem Fall über mangelnde Rettungsversuche) freisetzen kann.
„Das Reich der Tausend Planeten“ ist bildgewaltig, handlungsstark und nachdenklich. Die insgesamt dritte „Valérian et Laureline“-Geschichte ist dadurch nicht nur ein spannender, unterhaltsamer und anregender Band, sondern auch der bisher stärkste Comic der Reihe.