Gentleman Jole and the Red Queen (von Lois McMaster Bujold)

Cordelia Vorkosigan plant drei Jahre nach dem Tod ihres Gatten einen neuen Lebensabschnitt. Mithilfe moderner Technologie wird sie ihrem Gatten posthum weitere Kinder gebären. Doch sie hat noch einen weiteren Plan: Eine Reihe weiterer Genproben stellt sie dem einstigen Liebehaber ihres Ehemanns, Admiral Oliver Jole, zur Verfügung. Jole ist von dem Geschenk überrumpelt, weckt es doch Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Aufgrund seiner traditionellen barrayanischen Erziehung hat Oliver viele Frage zu moderner, galaktischer Fortpflanzung und bald kommen Cordelia und er sich wieder näher.

„Gentleman Jole and the Red Queen“ ist ein ausgesprochen humorvoller Roman. Wie immer läuft Cordelia unangepasst mit ihrer betanischen Progressivität durch die strukturell konservative barrayanische Gesellschaft. Man kann zwar mittlerweile einige Erfolge der Reformen ihres Gatten beobachten – die Reaktionen auf Cordelia fallen bei weitem nicht mehr so entrüstet aus wie in den ersten Romanen – doch die Verwunderung der Barrayaner über ihr Verhalten ist weiterhin unterhaltsam. Und auch der Leser wird durch Cordelias Progressivität immer mal wieder überrascht und zu einem Schmunzeln verleitet.

Auch Oliver Jole ist mit der Energie Cordelias in der Regel zunächst überfordert. Und dennoch hält das Produkt traditioneller Erziehung hier überraschend gut. Nicht nur gelingt es Oliver in kürzester Zeit Nachwuchspläne zu entwickeln, er entdeckt und verwirklicht seine Liebe zu Cordelia und wird vor die schwierige Entscheidung zwischen seiner Karriere und Cordelia gestellt – eine Entscheidung, die er letztlich natürlich für Cordelia und ein neues Leben entscheidet. Der Roman ist insofern auch die sympathische Geschichte eines ruhigen, aber völlig neuen Aufbruchs im Alter von 50 Jahren.

Gleichzeitig ist es herzerwärmend wie Oliver und Cordelia über den von ihnen beiden geliebten Aral zueinander finden. Beide haben den Verlust des Partners verarbeitet, schätzen einander und sind sich dennoch unsicher, ob sie ihre Beziehung auf eine neue Stufe heben möchten. Die langsame, subtile und sehr erwachsene Arte wie dies geschieht, ist sowohl authentisch als auch unterhaltsam. Im Hintergrund schwebt immer die Trauer um Aral, dieser wird aber im Laufe der Zeit Stück für Stück um die Begeisterung für und die Euphorie über die neue Beziehung ergänzt.

Der Leser erfährt durch dieses Zusammenspiel viel über Cordelia und Arals Leben, das in den Abenteuern ihres Sohnes Miles in der Regel untergegangen ist. Leider erfährt Miles dies in diesem Roman ebenfalls noch einmal. Das wirkt wie eine Wiederholung. Miles hätte in diesem Roman gut auch gar keine Rolle spielen können. Oder aber er hätte eine richtige Rolle spielen können, in dem der Leser die Affären aus Miles Sicht erfährt. Dann hätte man aber die großartige Liebesgeschichte von Cordelia und Oliver zu großen Teilen verpasst. So bleibt Miles ein Fremdkörper in diesem ansonsten sehr kompakt erzählten Roman.

„Gentleman Jole and the Red Queen“ erzählt von der Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen, einen späten Lebenswandel und den Aufbruch in eine neue, aufregende Beziehung mit all den schwierigen Entscheidungen, die dadurch entstehen. Dabei werden verschiedene Frage von modernen Familienformen, später Liebe und technischer Empfängnis unaufgeregt diskutiert. Das ist herzergreifend, streckenweise ausgesprochen lustig und angesichts der Tatsache, dass dies unspektakulär und unkompliziert erzählt wird streckenweise geradezu bezaubernd.

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