You Will Always Have Family: A Triptych (von Kathleen Kayembe)

Um Kosten zu sparen lebt Isobelle während ihres Studiums bei ihrem Onkel. Dieser ist an ihrer Universität ein Professor und forscht zu kongolesischen Mythen. Doch sie fühlt sich ausgesprochen unwohl. Seid ihr Cousin Mbuyi vor Jahren verschwunden ist, meidet der Onkel die Familie. Isobelles Versuche, ihn sozial wieder zu integrieren, bleiben mühsam. Außerdem muss sie vor der Geisterstunde im Bett sein und in Mbuyis altem Zimmer treibt ein merkwürdiger, nie zu sehender Hund sein Unwesen, der nach Mitternacht durchs Haus streift. Eines Abends sind Isobelle und ihr Onkel nicht rechtzeitig im Bett. Ihr Onkel stürzt auf der Treppe, Isobelle kommt ihm zu Hilfe. In dem Moment taucht der Zombie Mbuyis auf, der in Wirklichkeit von dessen Zwillingsbruder Kanku übernommen wurde. Kanku wurde von dem Onkel nach dem Tod der Mutter Mbuyis und Kankus vor der Emigration nach Amerika noch im Kongo als Hexe verstoßen. Als Mbuyi nach seinem Schulabschluss seine Herkunft erforschte, wurde er von Kanku übernommen und in der Folge vom Onkel eingesperrt. Kanku ist besessen von dem Gedanken, seinen Vater umzubringen. Da ihm dies wegen eines Amuletts nicht möglich ist, versucht er Isobelle wie seinen Bruder Mbuyi zu übernehmen, zu töten und anschließend seinen Onkel auszuschalten. Mit den Resten von Mbuyis Verstand kann Isobelle zurückschlagen und gemeinsam mit Mbuyi Kanku von seinem Tun abbringen. Durch die noch imme vorhandene Liebe Mbuyis findet Kanku Frieden.

Diese knappe Zusammenfassung vemittelt nicht, dass „You Will Always Have Family“ sowohl ausgesprochen gut konstruiert als auch ausgesprochen spannend ist. Die (recht lange) Kurzgeschichte besteht aus drei Abschnitten. Zunächst erfährt man aus Isobelles Sicht die Ereignisse bis zur Konfrontation mit Kanku. Im Anschluss erlebt man aus Kankus Augen, wie er von seinem eigenen Vater verstoßen wurde und seine Rache plant. Zuletzt erfährt man von Mbuyi wie er unter Schuldgefühlen angesichts der Verstoßung seines Zwillingsbruders llitt, sich wissentlich auf der Suche nach Kanku übernehmen lies und nun auf dem Höhepunkt der Geschichte an dessen Gefühle appelliert. Trotz des mythischen und ruhigen Charakters der Kurzgeschichte erzeugt dies hohes Tempo und viel Spannung.

Bewegend ist vor allem, wie der Vater der Zwillingsbrüder von seinen eigenen Vorurteilen geleitet ist. Wie seine Frau ahnt er, dass einer seiner Söhne eine Hexe ist. Anders als seine Frau macht er seinen Sohn jedoch für die Krankheit und anschließenden Tod seiner Gattin verantwortlich. Er verstößt seinen Sohn und verdammt ihn zu einem einsamen, verwahrlosten und vor allem kurzem Leben. In seinem Fanatismus erkennt er seinen Fehler weder nach einem Leben, das der Erforschung kongolesischer Mythen gewidmet ist, noch nach dem Verlust seines anderen Sohnes. Stattdessen arbeitet er ausschließlich daran, den Geist Kankus so weit wie möglich einzuhegen. Diese brutale Einstellung ist bewegend und steht sinnbildlich sowohl für die vielen Menschen, die sich mit dem Schicksal nicht abfinden können, sondern jemanden anderen für Schicksalsschläge verantwortlich machen müssen als auch für Verletzungen innerhalb der Familie die herzergreifend sind und dennoch über Jahrzehnte nie verarbeitet werden. Hier verliert der Vater dadurch seine komplette Familie an eine (männliche) Hexe deren Potential er nie wahrnahm, sondern immer nur negativ auslegte.

Dem gegenüber steht die geradezu blinde und aufopferungsbereite Geschwisterliebe Mbuyis. Mbuyi übernimmt in der Kurzgeschichte gewissermaßen die Schuld für seinen Vater. Ihn seinem Hass ist Kanku jedoch nicht in der Lage, dies wahrzunehmen. Erst als er realisiert, dass sein Vater in seiner Sturheit auch im Angesicht des Todes niemals seine Taten bereuen wird, ist er für seinen Bruder empfänglich. Da man Kankus Beweggründe besser verstehen kann als die seines Vaters ist die Aufopferung Mbuyis genau so bewegend wie die Sturheit des Vaters und Onkel von Isobelle.

Kayembe vereint in ihrer Kurzgeschichte eine spannende Grusel-Handlung mit den in Familien am stärksten vorkommenden Gefühlen grenzenloser Verachtung und Sturheit sowie genau so grenzenloser Liebe. Das ist eine fesselnde und bewegende Lektüre.

Die Kurzgeschichte „You Will Always Have Family: A Triptych“ von Kathleen Kayembe ist 2017 im „Nightmare Magazine“ erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2018“, herausgegeben von N.K. Jemisin und John Joseph Adam.

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