Zeit des Sturms (von Adrzej Sapkowski)

Der Hexer Geralt besucht das Königreich Kerack. Nach einem erfolgreichen Auftrag, in dem der Hexer ein Dorf von der Bedrohung durch ein Monster gerettet hat, verlangt es ihm nach einer anständigen Mahlzeit. Und in Kerack gibt es ein besonders ausgezeichnetes Lokal. Aber kaum kommt er in Kerack an, wird Geralt verhaftet. Die Zauberin Koralle will ihn dadurch zwingen, einen Auftrag für eine in der Nähe befindliche Magier-Siedlung anzunehmen. Geralt soll einen Dämon, der vermutlich einen Zauberer besessen hat, zur Strecke bringen. Diese Mission sowie die Suche nach seinen Hexer-Schwertern, die ihm während der Gefangenschaft gestohlen wurden, bringen Geralt bald auf Irrwege in gefährliche Flussgewässer und abgelegene Dörfer, vor allem aber in die Abgründe menschlicher Brutalität.

„Zeit des Sturms“ ist zeitlich zwischen den beiden Kurzgeschichtensammlungen und der fünfteiligen Hauptsaga angesiedelt. Geralt hat sich von Yennefer getrennt beziehungsweise wurde von ihr verlassen. Anders als er vorgibt, ist er damit alles andere als zufrieden. Er ist ziellos, noch launischer als sonst und fühlt sich verloren. Und zu allem Überfluss plagt ihn eine Pechsträhne, die allerdings vor allem von den um ihn herum intrigierenden Zauberern ausgelöst wird. Für Geralt fühlen sich die Abenteuer in „Zeit des Sturms“ so an, als begehe er einen Fehler nach dem Anderen, der ihn in immer gefährlichere Situationen mit immer weniger Bewaffnung bringt.

Für den Leser ist „Zeit des Sturms“ aber eine hochspannende Studie menschlicher Niedertracht. Erst einmal gelingt es Sapkowski wieder einmal blendend, die Fantasy-Welt des Hexers in Szene zu setzen. Nach wenigen Seiten hat man Kerack bildlich vor Augen. Die Intrigen der Zauberer sowie des Hofes in Kerack sorgen dafür, dass die Welt bald mit den verschiedensten Geschichten gefüllt ist. Geralt hat in „Zeit des Sturms“ letztlich drei Aufgaben zu verfolgen. Er muss irgendwie seine Bewaffnung wiederherstellen. Dabei gerät er an einen Haufen gieriger Kaufleute, die ihn zwar auf einem Schiff mitnehmen, aber auch in höchste Gefahr bringen. Er muss irgendwie den Dämon unter den Zauberern ausmachen. Das bringt ihn in Kontakt mit einem Amok laufenden Zauberer, der die Verschwiegenheit seiner Zunft für die grausamsten Verbrechen nutzt. Und zuletzt muss er irgendwie mit den Intrigen in Kerack umgehen und erlebt letztlich mit, wie eine Dynastie einmal gründlich umgestürzt wird. In jeder dieser Handlungen kommt Geralt mit menschlichen Abgründen in Kontakt. Und obwohl er wie eh und je den Anschein gibt, sich von alldem nichts anmerken zu lassen, wird doch deutlich, wie sehr ihn Unrecht bereits vor der großen Sage beschäftigt. Denn egal ob Monster oder Mensch, Geralt hat das Bedürfnis diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die unverhältnismäßiges Leid verursachen.

Und so wird auch „Zeit des Sturms“ nicht nur durch den grandiosen Stil Sapkowskis getragen. Geralts Charakter, der hier ohne dass dies offen thematisiert wird, einen großen emotionalen Verlust verarbeitet, trägt den Roman. Die drei Handlungsabschnitte sind spannend, in Verbindung mit Geralts Melancholie und Vielschichtigkeit kann man sich dem Sog dieser faszinierenden Welt nicht entziehen.

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