My Generations Shall Praise (von Samantha Henderson)

Die in einer Todeszelle einsetzende Ich-Erzählerin erhält von Mrs. Helena McGraw ein unmoralisches Angebot. Die reiche, aber am Krebs erkrankte Dame möchte mithilfe eines neu entwickelten Verfahrens, das Gehirn der Erzählerin mit ihrem eigenen Abdruck überschreiben. Die Ich-Erzählerin wäre damit ausgelöscht. Versüßt wird dieser Deal mit dem Versprechen, das ein Großteil von Helenas Vermögen an die Tochter (und zukünftige Enkeltochter) der Erzählerin überschrieben werden. Die Erzählerin geht auf das Angebot ein, bekommt aber rasch Zweifel: Es ist schwierig ein genetisch passendes Gehirn zu finden, ihre Tochter ist ebenfalls mit McGraw kompatibel; was also, wenn die reiche Dame sich lediglich einen Stammbaum an nutzbaren Gehirnen züchten möchte, die Familie der Erzählerin auf ewig versklaven will? Um dem vorzubeugen, setzt die Erzählerin einen Vertrag auf, der ihren Körper weg gibt, ihrer Tochter das Vermögen Helenas aber auch bei ihrem vorzeitigen Tod zukommen lässt. Kurz vor dem medizinischen Eingriff, der sie auslöschen soll, bringt sich die Erzählerin um.

„My Generations Shall Praise“ lebt von der harten Erzählstimme. Helena McGraw erlebt man als unsympathischen Charakter. Die Frau ist reich und daran gewöhnt, ihren Willen zu bekommen. Nun ist sie jedoch auf eine Todeskandidatin angewiesen, um zu überleben. Dennoch bringt sie es nicht fertig, irgendeine Form von Mitleid oder Empathie aufzubringen. Sie verhandelt über ein Leben wie über jede weitere Ware. Die Erzählerin steht dem jedoch in nichts nach. Sie gibt offen zu, dass sie nicht grundlos im Todestrakt geendet ist. Angereichert mit einer schwierigen Kindheit, die die Erzählerin jedoch keineswegs für ihre Taten verantwortlich macht, entsteht dadurch das Bild einer gescheiterten, aber auch skrupellosen Protagonistin. Somit stehen sich zwei abgebrühte Menschen gegenüber, in jeweils verwundbaren Verhandlungspositionen. Am Ende kommt die Erzählerin zu dem Schluss, dass McGraw sie garantiert übervorteilen möchte. Dieser Denkprozess ist erschreckend logisch. Die Konsequenz ist jedoch noch härter, anstatt sich selbst umzubringen, versucht die Erzählerin zunächst ihre Tochter zu töten, um die ewige Sklaverei ihrer Familie im Dienste McGraws zu verhindern. Erst als sie – zu ihrer eigenen Erleichterung – feststellt, dass sie dies nicht übers Herz bringt, tötet sie sich selbst. Diese Endszene ist angesichts der Entdeckung der Erzählerin, dass sie doch über ihr eigentlich fremde Emotionen verfügt, sehr stark.

Die Wirkung der Kurzgeschichte wird durch ihren realistischen Eindruck verstärkt. Sollte in der Zukunft die Technik entwickelt werden, Gehirnmuster zu kopieren, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein pseudo-humanitäres Gesetz wie in dieser Kurzgeschichte erlassen wird. In diesem steht es Menschen frei, ihren Körper aufzugeben, solange dies alles legal und vertraglich geregelt ist. Dadurch werden Menschen in Notsituationen ausgenutzt, so wie hier durch die Erzählerin befürchtet. Diese überzeugende Stimmung in Verbindung mit den starken Kontrahentinnen machen „M yGenerations Shall Praise“ zu einer schaurigen, eindringlichen und brutalen Kurzgeschichte.

Die Kurzgeschichte „My Generations Shall Praise“ von Samantha Henderson ist 2016 im „Interzone„-Magazin erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Year’s Best Science Fiction (34. Annual Collection)“, herausgegeben von Gardener Dozois. 

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