Flight from the Ages (von Derek Künsken)

Ulixes 316 ist im Jahr 3113 eine künstliche Intelligenz, die zu komplexesten Berechnungen in der Lage ist. Sie steht im Dienste der ersten Bank der Anglo-Spanischen Plutokratie und arbeitet mit mehreren Subroutinen und untergeordneten künstlichen Intelligenzen auf eigene Rechnung an dem Abschluss wichtiger Übernahmen. Sie wird aus ihren über Jahrzehnte vorbereiteten Plänen gerissen, als sie vom CEO den Auftrag erhält, Tirhene System ein Artefakt zu untersuchen. Das sorgt nicht nur für ungemeine Verluste, Ulixes muss zudem mit ihrem schärften AI-Konkurrenten Poluphemos zusammenarbeiten. In dem System kommt es zur Katastrophe: Das Artefakt aktiviert sich und startet eine Sequenz, durch die der Raum verändert und unbewohnbar gemacht wird. Immer schneller breitet sich das Gebiet aus und beginnt ganze menschliche Imperien zu verschlingen. Ulixes steht von nun an im Dienste der Forschung, die verzweifelt versucht, die Ausdehnung einzudämmen. Doch über die Jahrtausende wird die Situation immer brenzliger, der gesamte Weltraum scheint sich zu verändern und Ulixes und ihren Kollegen gehen die Ideen aus.

Die Handlung der Kurzgeschichte besteht zu einem großen Teil aus kosmischen Ereignissen. Von skrupellosen Bankgeschäften drehen sich Ulixes Gedanken bald um die Rettung des Kosmos selbst. Dabei kommen die phantastischsten Technologien zum Einsatz. Außerdem wird Ulixes System über den Zeitraum der Geschichte, der mehrere Tausend und Millionen Jahre abdeckt, natürlich veraltet. Sie sieht sich also bald deutlich mächtigeren Wesen gegenüber ausgesetzt. Die technischen Möglichkeiten werden daher immer großartiger. Am Ende entwickelt sich die Erzählung zu einer Art Zeitreise-Schöpfungsgeschichte des Universums und seines Bewusstseins. Obwohl eine sich immer weiter ausdehnende Leere kein neues Konzept ist, liest sich der Kampf gegen die Ausdehnung spannend. Die Problemlösungen sind dabei jedoch manchmal zu ad-hoc, die Hintergründe zu knapp skizziert, um immer zu überzeugen.

Wirklich stark ist die Kurzgeschichte vor allem aufgrund der Perspektive der künstlichen Intelligenz. Man merkt eine subtile aber stete Entwicklung über die Jahrtausende. Ulixes beginnt sich mit künstlichen Intelligenzen zu umgeben, die ähnliche Erfahrungen wie sie teilen. Sie entwickelt so etwas wie Kameradschaftsgefühle, die über ihre Subroutinen hinauswachsen. Außerdem wandelt sie sich von einer profitgetriebenen zu einer ethischen Maschine. Insofern sind ihre Reaktionen auf das Aussterben der Menschheit sowie die Weiterentwicklung des Universums um sie herum ausgesprochen interessant.

„Flight from the Ages“ überzeugt vor allem durch die Erzählperspektive und das monumentale Setting. Die Handlungslösungen selbst sind nicht immer überzeugend, der Ton und die kühle Emotionalität der Geschichte machen sie dennoch zu einer sehr lesenswerten Lektüre.

Die Kurzgeschichte „Flight from the Ages“ von Derek Künsken ist 2016 im „Asimov’s Science Fiction„-Magazin erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Year’s Best Science Fiction (34. Annual Collection)“, herausgegeben von Gardener Dozois. 

Add a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert