Innumerable Glimmering Lights (von Rich Larson)
|In einer Gesellschaft, die unter dem weltumspannenden Eis eines Planeten lebt, versucht der Ingenieur Four Warm Currents einen wissenschaftlichen Durchbruch zu erringen. Unterstützt von der politischen Führung und ausgestattet mit einem Team von Experten möchte er das Eis durchgraben und herausfinden, was sich über der Eisdecke verbirgt. Das Projekt hat viele Feinde, viele Mitglieder der Gesellschaft fürchten ernsthafte Auswirkungen, sollte das Eis an einer Stelle aufgebohrt werden. Und so muss sich Four Warm Currents bald entscheiden, wie weiter er dafür geht, sein Projekt zu verteidigen.
Der Widerstand gegen das Projekt ist sehr überzeugend dargestellt. Die Reaktionen sind zunächst verwirrt und verstört. Mit der Zeit und vor allem mit dem Fortschritt bzw. Erfolg des Projektes verwandeln sie sich zunehmend in irrationale und panische Äußerungen. Kurz vor dem Durchbruch gibt es eine erneute Wende und die Gegner des Projektes werden gewalttätiger und roher. Dabei klingt aber immer auch durch, dass sie mit ihrer Bildung keineswegs sicher sein können, dass die Bohrung sie nicht ihrer Lebensgrundlage berauben könnte. Hinzu kommen religiöse Gründe, die gut in die heutige Zeit passen. All dies führt dazu, dass die Mehrheit der Gesellschaft eine Entscheidung des repräsentativen, demokratisch legitimierten Parlamentes nicht mehr akzeptieren kann. Gleichzeitig zeigt die Geschichte aber auch auf, dass Four Warm Currents ebenfalls nicht in der Lage ist, den von Politikern angeordneten Abbruch des Projektes kurz vor der Fertigstellung zu akzeptieren. Natürlich ist es verständlich, dass man einen durch Terrorakte verursachten Stop kaum akzeptieren mag, gleichzeitig ist dies aber ein überzeugender Schritt, um die Selbstgewissheit beider Seiten, auf der richtigen Position zu stehen, zu verdeutlichen.
Four Warm Currents Familienstruktur ist genau so überzeugend dargestellt. Der Ingenieur hat zwei Partner zu Hause, mit denen er ein Kind erwartet. Die Dynamik der Drei ist sehr gut dargestellt. Denn die beiden Partner versuchen Four Warm Currents so gut es geht in seinem Projekt zu unterstützen und gleichzeitig können sie ihre eigenen Sorgen, um das Kind, um Four Warm Currents und sogar über die Auswirkungen des Projektes nicht verbergen. Trotz dieser Unsicherheiten stehen sie an der Seite ihres Geliebten, der sie am Ende für den Erfolg des Projektes, bei dem er sich in Lebensgefahr begibt, verlässt. „Innumerable Glimmering Lights“ ist daher neben der Frage nach der Grenze demokratisch akzeptierbarer Entscheidungen, vor allem eine Charakterepisode darüber, wie weit Individuen bereits sind, für den wissenschaftlichen Fortschritt zu gehen. Die Sympathien der Geschichte liegen bei Four Warm Currents – vor allem weil unser Kenntnisstand sagt, dass es kein Problem ist, das Eis aufzubohren. Wie läge dies bei riskanteren Projekten? Der Forschungsdrang Four Warm Currents überwältigt den Leser in dieser Geschichte, sein Glück bei seiner Selbstopferung am Ende ist deutlich spürbar. Und doch bleibt der stärkste Eindruck, dass dieser wissenschaftliche Fanatismus weniger dogmatisch als der skeptische und religiöse Fanatismus wirkt. „Innumerable Glimmering Lights“ lässt einen dadurch gleichzeitig über die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit und die herausragende Bedeutung bzw. Leistungen mutiger, Paradigmen in Frage stellender Forscher nachdenken.
Die Kurzgeschichte „Innumerable Glimmering Lights“ von Rich Larsan ist 2016 in der Anthologie „clockwork pizza phoenix“, herausgegeben von Mike Allen, erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Year’s Best Science Fiction (34. Annual Collection)“, herausgegeben von Gardener Dozois.