Successor, Usurper, Replacement (von Alice Sola Kim)

Eine Schreibgruppe trifft sich während unruhiger Zeiten: Auf der Straße ist eine Bestie unterwegs, jeder ist angehalten, in Häusern zu bleiben. Überraschenderweise schließt sich der Gruppe diesmal eine junge Frau an. Sie wurde von einem Autoren eingeladen, der es – womöglich aus Angst vor dem Monster – nicht zur Sitzung geschafft hat. Während das neue Mitglied viele Fragen stellt, erscheint es bald als stehe sie irgendwie mit dem Monster in Verbindung.

Die Stärke der Kurzgeschichte „Successor, Usurper, Replacement“ ist es, dass jeder der vier anwesenden, angestammten Mitglieder der Schreibgruppe eine prägende Charakterszene beschreibt. Diese Moment sind sehr eindringlich und offenbaren, warum sich jeder der Teilnehmer dem Schreiben gewidmet hat. Aus diesen Szenen, zusammen mit knappen Skizzen ihrer derzeitigen Lebenssituation, ist auch ersichtlich, welche Hoffnungen sie mit dem Schreiben verbinden und welche Erfahrungen sie verarbeiten. Dies ist auf engem Raum sehr gelungen umgesetzt.

Die Monstererzählung ist etwas weniger schlüssig. Am Ende möchte das Mädchen, das der Gruppe jüngst beigetreten ist, drei der vier Teilnehmer der Bestie opfern. Naheliegender ist jedoch, dass dies lediglich der Fantasie der einladenden Teilnehmerin entspricht. Es ist unwahrscheinlich, dass alle Teilnehmerinnen der Gruppe, mit ihren Schriften erfolgreich sein werden. Wahrscheinlicher ist, dass allenfalls eine Person irgendeine Art von Durchbruch erfahren wird. Aus dieser Sichtweise macht auch die Skepsis gegenüber dem neuen Gruppenmitglied mehr Sinn. Jedes neue Mitglied ist gleichzeitig eine Bereicherung wie auch eine Konkurrentin. In der Furcht vor dem Monster wird dadurch nur die eigene Unsicherheit vor der (wahrscheinlichen) Erfolglosigkeit deutlich. Dieses Gefühl wird unterstützt durch viele kleine Anmerkungen über die Unsicherheiten, die jedes Schreibmitglied gegenüber den Kollegen empfindet.

Diese Verbindung aus gelungenen Charakteren mit starker, schriftstellerischer Unsicherheit ist auf merkwürdige Art berührend. Da ein wirklicher Handlungskern fehlt und die Kurzgeschichte auf viele Spannungselemente verzichtet ,wirkt dieses Gefühl, gleichzeitig etwas ausdrücken zu wollen aber auch unsicher ob der eigenen Ausdruckskraft zu sein, um so stärker.

Die Kurzgeschichte „Successor, Usurper, Replacement“ von Alice Sola Kim ist 2016 im „Buzzfeed Reader“ erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2017“, herausgegeben von Charles Yu und John Joseph Adam.

Add a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert