Lange Schatten (ARD-Radiotatort)

Hauptkommissar Paquet feiert sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Als kleine ironische Überraschung haben seine Kollegen den besorgten Bürger Ulrich Brommer bis zu diesem Tag vertröstet, der Paquet 25 Jahre zuvor bereits einmal aufsuchte. Damals sagte Brommer aus, dass Susanne Lentzke damals versucht hätte, ihre Mutter Renate umzubringen. Nun ist Renate tatsächlich verstorben und bei der Obduktion stellt sich heraus, dass die alte Dame erstickt wurde. Paquet und seine Kollegin Gantner beginnen zu ermitteln, stoßen jedoch auf eine verschworene Schweigegemeinschaft aus Renates Schwester und ihren drei Kindern.

Der Saarlander Radiotatort unterhält in der Regel bereits durch seine beiden Kommissare: Die junge Kommissarin Gantner fühlt sich von ihrem erfahreneren Kollegen Paquet nie wertgeschätzt. Die daraus entstehenden Spannungen sind manchmal albern, aber meistens unterhaltsam. In dieser Episode ändert sich das. Paquet ist im Zuge der Annäherungen der vorherigen Folgen milde geworden und lobt Gantner gar von Zeit zu Zeit. Es ist dennoch nicht ganz klar, warum dies geschieht. Es mag sein, dass der alte Fall ihn daran erinnert, wie er als junger Kommissar verspottet wurde. Es kann aber auch das Ergebnis eines langsamen Wandels sein. Dieser Stimmungswechsel ist daher nicht wirklich zufriedenstellend, sorgt aber immerhin für ein interessantes Handlungselement am Ende des Krimis.

Der Fall selbst lebt von seinen Anbindungen an die Vergangenheit. Sowohl Renate als auch ihre 77-jährige Schwester Annemie wurden als Kinder in den letzten Kriegstagen traumatisiert. Vor allem Renate sah sich dadurch außerstande, Liebe an ihre Kinder zu kommunizieren. Stattdessen entfernte sie sich von ihren Töchtern und verdammte ihren Sohn zum Dasein als Muttersöhnchen. Dadurch wundert es nicht, dass die Abneigung der Kinder und der Schwester so groß ist, dass sie sich darauf einigen, den Mord zu decken – obwohl sie nicht einmal wissen, wer genau es getan hat. Die Traumata werden in stimmungsvollen Rückblenden thematisiert. Die Beziehung innerhalb der Familie wirkt jedoch etwas überspitzt. Interessante Konflikte, wie z.B. das Unverständnis wie sich eine „Tätergeneration“ (die zu Kriegsende gerade einmal sechs Jahre alt war) heute zu Opfern stilisieren kann, werden nicht richtig aufgegriffen.

Dennoch sorgen der emotionale Stil, die gelungene Einbindung der Kommissarin Gantner in den Familienkonflikt dafür und das Motiv der sich weitervererbende Traumata für einen unterhaltsamen und in der zweiten Hälfte sehr intensiven Krimi.

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