Star Wars: Die letzten Jedi
|Nach der Zerstörung des Todessterns hatten die Rebellen der Galaxis bewiesen, dass das Imperium nicht unbesiegbar ist. Das half ihnen jedoch wenig, als das Imperium mit seiner geballten militärischen Macht, das Hauptquartier der Rebellen angriff. „Das Imperium schlägt zurück“ bestand somit letztlich aus einem Angriff des Imperiums auf den Planeten Hoth und die anschließende Flucht der Rebellen. Und während der Großteil der Rebellen zu einer (bis dato unbekannten und letztlich in ihrer Existenz überraschenden) Flotte durchdrang, drehte sich der Film um die Flucht eines kleinen Schiffes mit Han Solo und Leia an Bord. In einer Nebenhandlung wurde Luke Skywalker von einem merkwürdigen Einsiedler in den Wegen der Jedi unterrichtet. Während man „Das Erwachen der Macht“ als penibles Remake (oder positiver formuliert, als „Hommage“) an den ersten „Star Wars“ sehen kann, so kopiert auch „Die letzten Jedi“ die Erzählstruktur eines klassischen „Star Wars“-Films: Auch hier sind verzweifelte Rebellen auf der Flucht vor einer übermächtigen militärischen Organisation (der Ersten Ordnung), während sich eine potenzielle Jedi-Ritterin auf einer Insel mit einem zerknirschten Mönch rumschlagen muss. Doch anders als „Das Erwachen der Macht“ beschreitet „Die letzten Jedi“ dabei neue Wege, bricht das Originalmaterial an entscheidenden Stellen und präsentiert dadurch einen überraschenden, unterhaltsamen aber streckenweise irritierenden Film.
Während der Widerstand in „Das Erwachen der Macht“ die Starkiller Basis der Ersten Ordnung zerstört hat, konnte die Erste Ordnung dadurch auch das Hauptquartier des Widerstands ausfindig machen. Nun evakuieren die Rebellen verzweifelt ihre Basis, während die Flotte der Ersten Ordnung bereits anrückt. Die Flucht gelingt knapp und unter hohen Verlusten. Doch bald darauf stellt sich heraus, dass die Erste Ordnung den Antrieb des Widerstands orten kann: Jeder Sprung wird daher von der Ersten Ordnung verfolgt. Nur mit Mühe gelingt es der Flotte des Widerstands knapp unter Lichtgeschwindigkeit immerhin der Feuerreichweite der Erste Ordnung Armada zu entkommen. Doch da der Treibstoff ausgeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Flotte des Widerstands aufgerieben wird. Rey hat derweil Luke Skywalker ausfindig gemacht und muss überrascht feststellen, dass die Jedi-Legende alles andere daran interessiert ist, sie zu trainieren.
Die Flucht des Widerstands wirkt schleppender als die Flucht Han Solos durch ein Asteroidenfeld in „Das Imperium schlägt zurück“. Anders als im „Imperium“ steht diesmal jedoch viel mehr auf dem Spiel. Denn die erste Ordnung verfolgt nicht nur eine überschaubare Anzahl an Helden, sondern den kompletten Widerstand. Diese Dramatik wird am Anfang sehr gut dargestellt. Durch eine waghalsige Aktion des Piloten Poe verliert der Widerstand einen Großteil seiner kleineren Schiffe für einen allenfalls symbolischen Erfolg. Poe verliert seinen Rang, der Rest muss fliehen. Durch die manipulierten Antriebe kann die erste Ordnung den Widerstand orten und langsam zermürben. Diese Dramatik kann im Anschluss leider emotional nicht eingefangen werden. Freilich gibt es viele dramatische Szenen. Doch der Tod unbekannter Kommandanten erscheint hier genau so steril wie die Tatsache, dass fast alle geschätzten Helden der Rebellion bei einem einzigen Schuss ums Leben kommen. Dazwischen werden nicht immer passende Slapstick-Szenen eingebaut. Das alles sorgt für überzeugende Bilder, kann aber nur selten die klaustrophobische und verzweifelte Atmosphäre erschaffen, die eigentlich angebracht wäre.
Ein gutes Beispiel hierfür ist Leia. Angesichts des Todes Carry Fishers sollte dies „ihr“ Film werden. Leider sorgt ausgerechnet Leia für den vielleicht absurdesten Moment des Films, in dem eine Nahtoderfahrung auf merkwürdige Weise gelöst wird. Außerdem bleibt die Anführerin des Widerstands irritierend passiv: Den Großteil des Films muss sie auf der Krankenstation verbringen, den Rest guckt sie sorgenbeladen in die Gegend. Dieser Teil des Films ist eine Enttäuschung.
Luke Skywalker erhält hingegen eine aktivere Rolle. Wie erwartet, erscheint er zunächst gegenüber Rey sehr verschlossen, weigert sich die junge Jedi zu trainieren. Man konnte lange ahnen, dass er am Aufstieg Kylo Rens nicht unschuldig ist. Die hier präsentierte Erklärung ist jedoch völlig untypisch: Luke schien für einen Moment mit dem Gedanken geliebäugelt zu haben, Ren eher zu töten, als ihn der dunklen Seite zu überlassen. Tragischerweise trieb er ihn genau damit zur dunklen Seite. Diese Erklärung ist so schlicht, dass sie nicht einmal für einen Überraschungseffekt taugt. Stattdessen erscheint diese Enthüllung schlicht absurd. Daneben gibt es um Luke jedoch eine Reihe überzeugender Szenen: Seine Lektionen, aber auch sein finaler Auftritt sind bildstark und spannend.
Die neuen Charaktere bleiben blass. Vice Admiral Holdo erscheint zunächst unterkühlt. An ihr zeigt der Film, dass ein rational-kalkulierter Führungsstil jedoch zu besseren Ergebnissen führen könnte als ein männlich-draufgängerischer. Dabei sorgt aber ausgerechnet die Tatsache, dass Holdo Poe nicht vertraut dafür, dass viel mehr Kämpfer des Widerstandes sterben als nötig gewesen wäre. Dieses Misstrauen innerhalb des Widerstandes erscheint nicht gerechtfertigt. Denn während diese Nebenhandlung spannend ist, wird sie durch ihre Auflösung leider unnötig gemacht: Die Botschaft, Draufgänger würden im Widerstand nicht benötigt, ist schlicht falsch. Sie braucht es gerade angesichts der verzweifelten Situation dringend, sie müssen nur in sie kontrollierende Strukturen eingehegt werden. Genau dies misslingt Holdo.
Finn und Rose sind derweil auf einer Mission, um den genialen Codebreaker DJ zu finden. Diese Mission gerät nicht nur völlig aus dem Ruder (man rettet mal eben noch eine Reihe misshandelter Tiere), sondern führt letztlich ebenfalls zu der weiteren Zerstörung von Schiffen des Widerstands. Für sich allein (und vor allem in einer Fernsehserie) wäre dieser Ausflug faszinierend. In „The Last Jedi“ sind dies jedoch die Szenen, bei denen man sich wünscht, rasch wieder zur „Haupthandlung“ umzuschalten. Dabei fällt hier auch auf, dass sich „Star Wars“ zunehmend auf das politische Terrain von „Star Trek“ begibt: Mit Kapitalismuskritik, Tierschutz und Sklaverei werden hier Themen aufgebracht, die „Star Wars“ sonst umgeht. (Nicht einmal der Sklavenstatus von Anakins Mutter wurde wirklich ernsthaft verarbeitet in den Episoden I und II verarbeitet.)
Von den neuen Protagonisten überzeugt einzig die Handlung um Rey und Kylo Ren. Dies gilt ebenfalls nur mit Einschränkungen: Die beiden können – gesteuert von Snoke – miteinander kommunizieren. Hier gelingt nicht jeder Dialog. Die Ungewissheit der beiden, wo ihre Rolle letztlich angesiedelt ist, trägt jedoch den Film. Ihr erster direkte Zusammenstoß, mitsamt Auseinandersetzung mit Snoke, verläuft unerwartet, actionreich und sorgt für grandiose Bilder. Vor allem Rey wird immer überzeugender in ihrer Rolle. Kylos Zerrissenheit ist in dieser Episode überzeugender als noch im vorherigen Film. Leider bringt dieser Handlungsstrang trotz starker Szenen keinerlei Erkenntnisgewinn. Weder erfährt man mehr über die Ressourcen der Ersten Ordnung noch über Snokes Herkunft. Außerdem erfährt Rey von Luke außer einer Reihe von Andeutungen ebenfalls nichts aufschlussreiches.
„The Last Jedi“ wird daher von drei Faktoren getragen. Zunächst passiert so viel, werden so viele Handlungsstränge begonnen (und teilweise auch beendet), dass der Film nie wirklich zur Ruhe kommt. Dieser Fluss hält die Spannung hoch, sowohl die Handlung um Luke als auch um die Widerstandsflotte sind spannend, wenn auch inhaltlich nicht ganz überzeugend. Zweitens ist der Film ausgesprochen bildgewaltig. Viele Szenen sind eindringlich und das Zwischenfinale auf Snokes Hauptschiff sowie das eigentlich Finale auf Crait sind geradezu überwältigend. Drittens lebt der Film davon, dass er die Erwartungen nicht erfüllt. An vielen Stellen verläuft die Handlung gänzlich anders als man denken würde. Das ist an einigen Stellen irritierend. Letztlich vermittelt der Film aber, dass die ewige Auseinandersetzung zwischen der lichten und der dunklen Seite der Macht nicht mehr von einzelnen, draufgängerischen Helden gewonnen werden kann. Gegen die Übermacht und die Niedertracht der ersten Ordnung braucht es eine gemeinsame Front. Dem Widerstand gelingt das in dieser Episode nicht und dadurch verliert er. Am Ende gibt es zwar wieder die Rettung in Form einer einzelnen Person, sie bleibt zunächst aber symbolisch. Der dunklen Seite steht nichts im Weg, solange sich der Widerstand nicht einen und neu sammeln kann. Dadurch zieht viel mehr Realismus in das „Star Wars“-Universum (begleitet von ungewohnten politischen Botschaften). Durch diese drei Elemente – Tempo, Bilder und Überraschungen – werden „Die letzten Jedi“ zu einem unterhaltsamen Film.
Der Film weist jedoch auch eine elementare Schwäche auf: Durch die drei, zeitlich gleichberechtigten Handlung fehlt den „letzten Jedi“ der Fokus. Die Handlung springt hin und her und es ist geradezu unmöglich eine klare Botschaft zu erkennen. Das hinterlässt am Ende zwar viel (interessanten) Interpretationsspielraum, schafft aber keine emotionale Bindung zu den Ereignissen. Wenn nicht klar ist, was hier gerade vorgeht, ist es deutlich schwieriger, sich mit den Protagonisten zu identifizieren. „Die letzten Jedi“ erschafft weder interessante, gebrochene Charaktere noch die klaren Helden der Originaltrilogie. Trotz seiner vielen ambitionierten Entwicklungen bleiben „Die letzten Jedi“ inhaltlich zudem eine Zwischenstation. Der Zuschauer erfährt hier nichts. Da „Die letzten Jedi“ aber nicht nur eine Brücke zu Episode 9, sondern auch der letzte Auftritt für die legendären Charaktere Leia und Luke als lebendige Akteure im „Star Wars“-Universum ist, irritiert dies. Angesichts dessen hätte dem Film ein Handlungsstrang weniger und eine stärkere Konzentration auf seine Kernprotagonisten nicht geschadet. Denn auch wenn „Die letzten Jedi“ mit seinen starken Bildern und dramatischen Wendungen gut unterhält, die emotionale, charaktergetragene Seite des Films ist nicht immer überzeugend.