Jonas and the Fox (von Rich Larson)

Jonas ist verwirrt. Erst ist die Revolution auf seiner Kolonie erfolgreich. In der Schule wird dies als großer Sieg der einfachen Leute gefeiert. Kurz darauf kommt sein Onkel Fox, den er noch nie gesehen hat, zu Besuch. Niemand darf davon wissen, die Revolutionäre wollen ihn umbringen. Als er auf einem Baum klettert, folgt ihm sein kleiner Bruder Damjan – und kommt dabei ums Leben. Doch weil Fox – als elitärer Parasit, wie ihn die Revolutionäre sehen – über die technische Möglichkeit verfügt, sein digitales Bewusstsein in einen anderen Körper zu transferieren, lebt der Körper von Damjan weiterhin mit ihm in einem Raum. Nur dass Damjan jetzt Fox ist. Niemand darf das wissen, hört Jonas sowohl von Fox als auch von seinen Eltern. Das Leben aller Familienmitglieder sei sonst gefährdet. Doch in der Schule hört Jonas immer wieder, wie bösartig die gestürzten Aristokraten waren. Wer hat Recht? Fox plant derweil seine Flucht von dem Planeten. Muss Jonas ihn vorher stoppen?

„Jonas and the Fox“ spielt mit einem klassischen Revolutionsszenario. Die Aristokraten, eine Machtelite, die scheinbar von zu hohen Steuern der ländlichen Bevölkerung gelebt hat, wurden gestürzt. Doch nun frisst die Revolution ihre Kinder, errungene Freiheiten werden wieder eingeschränkt und echte wie vermeintliche Gegner strengstens verfolgt. Innerhalb der Führungsriege herrschen Machtkämpfe. Und so sind Helden der Revolution am nächsten Tag häufig bereits Verräter. Jonas lernt in der Schule daher ständig wechselnde, einander widersprechende Versionen der Revolution. Diese Darstellung der Revolution aus der Perspektive eines beinahe jugendlichen Kindes ist erschreckend und sorgt überraschend schnell für eine äußerst dunkle Stimmung.

Fox erscheint dabei zunächst in keinem guten Licht. Er bringt die gesamte Familie in Gefahr, obwohl er sie zuvor nie besucht hat. Jonas Eltern halten ihm die Treue und gefährden damit ihr Leben und das ihrer Söhne. Das erscheint angesichts der Ignoranz, die Fox an seinen mächtigen Tagen gezeigt hat, ganz schön egoistisch von dem einstigen Aristokraten. Im Verlauf der Erzählung erfährt man jedoch, dass dies nicht ganz stimmt. Fox scheint das Handeln der Aristokraten schon früh für falsch gehalten zu haben und als Schriftsteller die Revolution gar unterstützt zu haben. Doch bald fiel er bei den Revolutionären in Ungnade, deren Propaganda es nicht aushielt, dass unter den Aristokraten auch Vertreter der (vermeintlich) guten Sache existierten. Diese Spannung ist sehr gut aufgebaut und wird in den Unterhaltungen mit Jonas sehr gut aufgelöst.

Jonas wiederum ist hin- und hergerissen. Er hat Schuldgefühle, weil sein Bruder ihm auf den Baum gefolgt ist und dabei umgekommen ist. Er ist verwirrt, weil die Schule und seine Eltern ihm unterschiedliche Botschaften geben. Und so ist „Jonas and the Fox“ sowohl eine Erzählung darüber, wie Jonas seine Schuldgefühle verarbeitet als auch wie er sich gegenüber der offiziellen Geschichtsmeinung verhält. Dabei wird im Verlauf der Geschichte deutlich, dass Jonas – anders als seine Eltern – gegenüber falschen Behauptungen nur schwerlich schweigen kann. An dieser Stelle setzt der stärkste Moment der Kurzgeschichte ein. Fox erkennt sich selbst in Jonas. Auch er hat, gegen die herrschende Meinung, die Ideen der Revolution unterstützt als dies noch gefährlich war. Anders als seine Verwandtschaft, der es leicht gelingt, sich den Verhältnissen anzupassen, fürchtet er, dass Jonas immer anecken wird. Angesichts der Brutalität der Revolutionäre gegenüber anderen Meinungen ist dies gefährlich. Und so gibt Fox am Ende seine Fluchtmöglichkeit auf, arrangiert sich mit dem Leben als Pensionär im Körper eines Kindes und überlässt Jonas sein Fluchtraumschiff. Das erscheint zwar letztlich etwas unrealistisch – Jonas ist immerhin beinahe noch ein Kind und fliegt nun alleine an einer Blockade vorbei in den Weltraum – ist aber ein bildlich extrem starkes und teilweise etwas überraschendes Ende.

„Jonas and the Fox“ verlagert das Revolutionsmotiv damit erfolgreich auf eine Kolonie der Zukunft. Dadurch wird die Brutalität nicht nur der revolutionären Exekutionen, sondern auch der Schulpropaganda eindrucksvoll inszeniert. In Verbindung mit der Trauer Jonas um seinen Bruder und der Verwirrung, der er sich ausgesetzt wird, ist es nicht nur eine spannende, sondern aus den Augen eines Kindes auch eindringlich-nachdenkliche Erzählung über eine Revolution, die am Ende genau die Idealisten frisst, dank derer sie erst möglich wurde.

Die Kurzgeschichte „Jonas and the Fox“ von Rich Larson ist 2016 im „Clarkesworld“ – Magazin erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Year’s Best Science Fiction (34. Annual Collection)“, herausgegeben von Gardener Dozois.

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